TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/13 91/18/0066

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Veröffentlicht am 13.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann sowie die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. Gerhard P in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Jänner 1991, Zl. MA 70-10/1181/90/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe es als zur Verantwortung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG) der W Gesellschaft m.b.H., die die Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges sei, unterlassen, der Behörde auf ihre fernmündliche Anfrage vom 18. Mai 1990 bekanntzugeben, wer am 26. April 1990 um 18 Uhr das genannte Fahrzeug gelenkt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) begangen; es wurde eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorliegen einer Gegenschrift der belangten Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde beantragte, in erster Linie die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen, allenfalls sie als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde ist jedoch rechtzeitig:

Die Beschwerde wurde laut Datumsangabe der Freistempelmaschine des Rechtsanwaltes Dr. Weiser am 13. März 1991 zur Post gegeben. Dies ist in Anbetracht des Datums der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 30. Jänner 1991 der letzte Tag der offenen Beschwerdefrist. Der Vertreter des Beschwerdeführers hat später, aus Anlaß eines Verbesserungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes, zulässigerweise (Art. 11 GOVwGH) einen neuen Beschwerdeschriftsatz vorgelegt, auf dem nur das (spätere) Postaufgabedatum des 12. April 1991 vermerkt wurde. Durch Vorlage des ursprünglichen Beschwerdeschriftsatzes und durch das beim Verwaltungsgerichtshof vorliegende Kuvert dieses Schriftsatzes ist aber erwiesen, daß die Beschwerdeeinbringung rechtzeitig erfolgte.

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG in der Fassung der 10. Novelle kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Die Beschwerde bekämpft im wesentlichen die Richtigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A) schließt die auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h., ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, weshalb wesentliche Mängel der Sachverhaltsfeststellung einschließlich der Beweiswürdigung zur Aufhebung des Bescheides führen. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die belangte Behörde hat - Seite 3 des angefochtenen Bescheides - festgestellt, daß Bezirksinspektor H am 18. Mai 1990 fernmündlich mit dem Beschwerdeführer selbst gesprochen hat. Dieser konnte die Person nicht nennen, die das Fahrzeug zur nachgefragten Zeit gelenkt hat.

Im Sinne der oben zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es dem Beschwerdeführer verwehrt, die Richtigkeit dieser in freier Beweiswürdigung gewonnenen Feststellung der belangten Behörde zu bekämpfen. Ein Erfahrungssatz, später aufgenommene Beweise seien grundsätzlich und allgemein weniger verläßlich als früher aufgenommene Beweise, besteht nicht, so daß die - vom Verwaltungsgerichtshof durchaus zu prüfende - Schlüssigkeit der Beweiswürdigung nicht dadurch erschüttert wird, daß Bezirksinspektor H erst am 14. November 1990 einen ausführlicheren Bericht über das Telefongespräch gegeben hat.

Die Frage, ob Bezirksinspektor H auch mit dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers in Sachen Lenkererhebung telefoniert hat, kann dahingestellt bleiben, einerseits, weil der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt, sein Rechtsanwalt sei mangels Vollmachtserteilung in dieser Sache zur Zeit des behaupteten Gespräches gar nicht berechtigt gewesen, für ihn, Beschwerdeführer, zu sprechen, andererseits, weil auch ein stattgefundenes Ferngespräch zwischen Bezirksinspektor H und dem Rechtsanwalt Dr. Weiser keineswegs die Führung eines anderen Ferngespräches zwischen Bezirksinspektor H und dem Beschwerdeführer logisch ausschlösse.

Der Verwaltungsgerichtshof findet im vorliegenden Fall keinen Anlaß, die Unterlasung der Vernehmung des Bezirksinspektors H als Zeugen als einen Verfahrensmangel im Sinne des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9602/A, zu werten, und zwar deshalb, weil es an jeder schlüssigen, der Darstellung des Polizeibeamten widersprechenden Gegendarstellung des Beschwerdeführers fehlt; der Beschwerdeführer hat weder in seiner Berufung noch in seinem Schriftsatz vom 14. Dezember 1990 eine Gegendarstellung dahin gegeben, mit welcher männlichen Person denn der Polizeibeamte unter der Telefonnummer der Firma W Gesellschaft m.b.H. hätte telefoniert haben sollen, wenn nicht mit dem Beschwerdeführer selbst.

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180066.X00

Im RIS seit

13.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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