Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §5 Abs2a litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Thomas Z in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 1. März 1991, Zl. MA 70-11/1449/90/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 11. November 1988 erging gegen den Beschwerdeführer seitens der Bundespolizeidirektion Wien, Wachzimmer 7, Siebensterngasse 16, eine Anzeige, in welcher ihm zur Last gelegt wurde, an diesem Tag, nachdem er ein Kfz gelenkt hatte und der Verdacht bestand, alkoholisiert zu sein, der Aufforderung, "zwecks Atemluftuntersuchung-Alkomat in das hs. Koat zu kommen" nicht nachgekommen zu sein. In dem in der Folge von der Erstbehörde am 22. Dezember 1988 erlassenen Ladungsbescheid wurde die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat wie folgt umschrieben: "... am 11.11.1988 um 04.45 Uhr in Wien 7, Lindengasse 37 - Wien 7, Lindengasse 41 als Lenker des KFZ X nnn.nnn geweigert, sich dem Polizeiamtsarzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorführen zu lassen, obwohl eine von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organe der Straßenaufsicht vorgenommene Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hatte ...". Ein inhaltlich gleichlautender weiterer Ladungsbescheid erging am 31. Jänner 1989. Aus der in den Akten erliegenden Niederschrift vom 15. Februar 1989 ergibt sich, daß an diesem Tag dem Vertreter des Beschwerdeführers der Inhalt der Anzeige und die darin angeführten Verwaltungsübertretungen sowie der Inhalt des bisherigen Ermittlungsergebnisses vorgehalten wurde und der Vertreter des Beschwerdeführers hiezu erklärte, er gebe dazu heute keine Rechtfertigung ab, sondern werde binnen zwei Wochen schriftlich Stellung nehmen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 11. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 11. November 1988 um 04.45 Uhr in Wien 7, Lindengasse 37 - Wien 7, Lindengasse 41, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und sich geweigert zu haben, den Alkoholgehalt seiner Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 a lit. b und § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird als Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ausschließlich geltend gemacht, innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 VStG sei gegen den Beschwerdeführer als geeignete Verfolgungshandlung lediglich der Ladungsbescheid vom 31. Jänner 1989 ergangen, in welchem dem Beschwerdeführer aber jene Tat, die nunmehr Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei, nicht zur Last gelegt worden sei. Es sei daher Verfolgungsverjährung eingetreten. Auch wenn durch die Akteneinsichtnahme innerhalb der Verfolgungsverjährung sich aus dem Sachverhalt in der Anzeige möglicherweise ein anderes Verhalten ergeben könne, als dem Beschwerdeführer vorgehalten worden sei, so sei er doch nur angehalten, sich gegen den Vorwurf zu wehren, der ihm unrichtigerweise von der Behörde angelastet worden sei.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beträgt die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung, wie sie mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, 6 Monate.
Zurfolge § 32 Abs. 2 leg. cit. ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dergleichen), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, stellt das Zur-Kenntnis-Bringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG dar (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11525/A).
Im vorliegenden Fall wurde, wie sich aus der eingangs gegebenen Sachverhaltsdarstellung ergibt, dem Vertreter des Beschwerdeführers am 15. Februar 1989, also noch innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG der Inhalt der Anzeige, in welcher alle der nunmehrigen Bestrafung zugrundegelegten Sachverhaltselemente dargestellt sind, zur Kenntnis gebracht und dem Beschwerdeführer zur Rechtfertigung eine Frist eingeräumt. Damit erfüllt diese Prozeßhandlung alle an eine zur Unterbrechung der Verjährungsfrist taugliche Verfolgungshandlung gestellten Anforderungen, sodaß dadurch die Verjährungsfrist unterbrochen wurde. Daß dem Beschwerdeführer daneben durch Ladungsbescheid eine andere Tathandlung zur Last gelegt wurde, vermag daran nichts zu ändern.
Im Hinblick auf diese Erwägungen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991180090.X00Im RIS seit
12.06.2001