Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Josef T in O, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. März 1991, Zl. I/7-St-T-9061, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 6. März 1991 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft, weil er sich am 1. August 1989 um 13.20 Uhr im Gendarmerieposten Mauerbach gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er das Fahrzeug an diesem Tag um ca. 13.10 Uhr in "Mauerbach, Landeshauptstraße 121, zum Friedhofsparkplatz" gelenkt habe, wobei "vermutet werden konnte", daß sich der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.
Der Beschwerdeführer wendet sich zwar auch in der Beschwerde nicht dagegen, daß das Straßenaufsichtsorgan im Zeitpunkt der an ihn ergangenen Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe eine Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers vermuten durfte, tritt aber der Annahme der belangten Behörde entgegen, daß er zuvor sein Fahrzeug "zum Friedhofsparkplatz" gelenkt hat.
Da der Beschwerdeführer damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist daran zu erinnern, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zusteht, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Die belangte Behörde hat die Annahme, daß der Beschwerdeführer vor der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe (zwischen dem Gasthaus F. in Mauerbach und dem Parkplatz beim Friedhof dieses Ortes) ein Fahrzeug gelenkt hat, im wesentlichen auf die im Gendarmerieposten Mauerbach gemachten und dort niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Beschwerdeführers gestützt, wonach er ausdrücklich erklärt hat, daß er in diesem Gasthaus wieder zwei Gespritzte getrunken, sich in seinen Wagen gesetzt habe und "bis zum Parkplatz des Friedhofs" gefahren sei. Ferner meinte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides in diesem Zusammenhang, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Aufnahme der Niederschrift keineswegs in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befunden habe, was sich auch aus der gutächtlichen Äußerung des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 20. Dezember 1989 ergebe. Wenn aber nun davon auszugehen sei, daß sich der Beschwerdeführer im Gendarmerieposten Mauerbach habe bewußt sein müssen, welche Äußerungen er mache, so fehle jede Erklärung dafür, warum er nicht damals bereits darauf hingewiesen habe, das Kraftfahrzeug gar nicht gelenkt zu haben. Die Angaben des Beschwerdeführers vom 19. September 1989 und noch später seien daher schon im Hinblick auf die ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers im Gendarmerieposten Mauerbach völlig unglaubwürdig. Diese Unglaubwürdigkeit werde noch dadurch verstärkt, daß kein plausibler Grund erkennbar sei, warum der Beschwerdeführer den angeblichen Lenker seines Fahrzeuges nicht namhaft gemacht habe. Das angebliche Lenken des Fahrzeuges des Beschwerdeführers durch seinen angeblichen Bekannten sei sicherlich in keiner Weise als Umstand zu werten, der diesen angeblichen Bekannten "in Schwierigkeiten bringen" könne. Außerdem sei dem Beschwerdeführer zweifellos schon auf Grund seiner wiederholten "Konflikte" mit den Bestimmungen des § 5 Abs. 2 StVO 1960 bekannt, welche Bedeutung im Falle einer Aufforderung zu einem Alkotest oder einer Atemluftalkoholprobe der Frage zukomme, ob die aufgeforderte Person ein Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe oder nicht. Auch aus dieser Überlegung heraus erschiene es völlig unverständlich, warum sich der Beschwerdeführer anläßlich der Betretung durch die Gendarmerie am Tattag ausdrücklich als Lenker des Fahrzeuges bekannt haben sollte, wenn er das Fahrzeug in Wirklichkeit gar nicht gelenkt habe. Was die vom Beschwerdeführer in der Berufung gestellten Beweisanträge angehe, so seien diese gegenstandslos, weil der Gendarmeriebeamte H. ohnehin sehr präzise Angaben über die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen gemacht habe. Der Beamte habe insbesondere auch ausdrücklich auf die mit dem Beschwerdeführer aufgenommene Niederschrift verwiesen. Es könne daher nicht davon die Rede sein, daß der Gendarmeriebeamte nur habe aussagen können, der Beschwerdeführer habe lediglich "nicht davon gesprochen", das Fahrzeug nicht selbst gelenkt zu haben. Weitere Erhebungen bezüglich des Telefongespräches mit der unbekannten Anzeigerin würden sich ebenfalls erübrigen, weil auf Grund der vorstehenden Darlegungen die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Lenker des Fahrzeuges eindeutig feststehe. Überdies habe der Gendarmeriebeamte H. ebenfalls in seiner Zeugenaussage vom 7. November 1989 die eindeutige Äußerung dieser Anzeigerin, daß der Beschwerdeführer selbst weggefahren sei, wiedergegeben.
Der Gerichtshof kann der belangten Behörde weder unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung noch wegen einer unschlüssigen Beweiswürdigung entgegentreten, wenn sie im Hinblick auf die eben wiedergegebenen Erwägungen davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug zu dem erwähnten Parkplatz beim Friedhof selbst gelenkt hat. Daran vermag auch die vom Beschwerdeführer für notwendig erachtete "Ausforschung und Einvernahme jenes Beamten, der mit der Anzeigelegerin gesprochen hat", ferner die vom Beschwerdeführer beantragte Befragung des Gendarmeriebeamten H., ob der Beschwerdeführer dem Beamten gegenüber "jemals zugegeben habe, den Wagen selbst in Betrieb gehabt zu haben", sowie die Ausforschung der "unbekannten Anzeigelegerin", nichts zu ändern, weil keine Anhaltspunkte zur Identifizierung der anonymen Anruferin vorlagen und sohin kein Verfahrensmangel vorliegt, wenn die Behörde keine weiteren Schritte zu deren Identifizierung unternommen hat. Ferner hat der erwähnte Gendarmeriebeamte bereits anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge am 7. November 1989 ausdrücklich deponiert, daß der Beschwerdeführer "nie davon gesprochen hat, daß er das Kfz nicht selbst gelenkt hat" und "auch die unbekannte weibliche Person, welche am GP. angerufen hat, eindeutig gesagt hat, daß der Besch. selbst weggefahren sei". Der Gerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, worin die im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG für eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides erforderliche Wesentlichkeit der gerügten Verfahrensmängel gelegen sein soll, wobei die in der Beschwerde vorgenommene - von der nach der erwähnten Einvernahme durch die Gendarmerie vorgebrachten Version neuerlich abweichende - Sachverhaltsdarstellung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes unbeachtlich ist, weshalb auch daran anknüpfende Erwägungen über die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers entbehrlich sind.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991180085.X00Im RIS seit
12.06.2001