TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/13 91/18/0050

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Veröffentlicht am 13.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140a;
B-VG Art44 Abs1;
MRK Art5;
MRK Art50 Abs2;
MRK Art6;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/18/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Karl S in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den gemeinsamen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung und des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 14. September 1990, Zlen. I b-182-88/90, I b-292-55/90, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 3.033,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen gemeinsam ausgefertigten Bescheid der Vorarlberger Landesregierung und des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 14. September 1990 wurde der Beschwerdeführer durch die Vorarlberger Landesregierung mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und durch den Landeshauptmann von Vorarlberg einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 schuldig erkannt und hiefür mit Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) bestraft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof abgelehnte und mit Beschluß vom 15. Februar 1991, Zl. B 1248/90-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangten Behörden legten gemeinsam die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstatteten eine gemeinsame Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht als Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ausschließlich geltend, daß es die belangte Behörde entgegen seinem Antrag unterlassen habe, eine Gegenüberstellung des Beschwerdeführers mit den als Zeugen vernommenen Meldungslegern durchzuführen, um ihm so die Möglichkeit zu geben, "den Meldungsleger direkt und qualifiziert (durch seinen Rechtsfreund) befragen bzw. durch ein Sachverständigengutachten widerlegen" zu können. Dadurch wäre es ihm möglich gewesen, nachzuweisen, daß die Aussage der Gendarmeriebeamten übertrieben und daher technisch unmöglich sei, was dazu hätte führen müssen, daß man bei einander widersprechenden Aussagen zugunsten des Beschwerdeführers mit Verfahrenseinstellung hätte vorgehen müssen. Die Unterlassung der Gegenüberstellung bedeute einen Verstoß gegen Art. 5 EMRK. Der österreichische Vorbehalt für Art. 5 EMRK sei verfassungswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der dargestellten Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht anzuschließen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, geben weder das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz noch das Verwaltungsstrafgesetz der Partei das Recht auf Gegenüberstellung mit den Zeugen. Eine solche ist nur dann vorzunehmen, wenn die Notwendigkeit dafür, z. B. bei der Möglichkeit einer Personenverwechslung, besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1985, Zl. 85/02/0203, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Wie der Verwaltungsgerichtshof ferner in ständiger Rechtsprechung und im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - was vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich zugestanden wird - ausgesprochen hat, steht der von der Republik Österreich zur Art. 5 EMRK samt Zusatzprotokoll erklärte Vorbehalt im Verfassungsrang. Dieser Vorbehalt schließt für die unter die in diesem Vorbehalt zitierten Verwaltungsstrafgesetze fallenden Verfahren auch die Anwendung des Art. 6 EMRK aus (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1987, Slg. N.F. Nr. 12466/Ax). Da der Vorbehalt somit auf der Rechtserzeugungsstufe eines Bundesverfassungsgesetzes steht, ist es zunächst ausgeschlossen, daß er im Verhältnis zu gleichrangigem Verfassungsrecht verfassungswidrig sein könnte. Darüberhinaus hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel höherrangigen Verfassungsrechtes, etwa des rechtsstaatlichen Prinzips oder des grundlegenden Organisationsgefüges der Bundesverfassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Vorbehalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0010, 89/04/0237). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der vorliegenden Beschwerde nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Im Hinblick auf diese Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Verweigerung der in Rede stehenden Gegenüberstellung durch die belangte Behörde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Beweismittel Zeugenbeweis Gegenüberstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180050.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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