TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/16 91/15/0006

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Veröffentlicht am 16.09.1991
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch über die Beschwerde des Othmar R in S, vertreten durch Dr. H Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 19. November 1990, Zl. 174-GA 5-DTa/90, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist folgender Sachverhalt unstrittig:

Datiert vom 26. September 1989 bzw. 10. Jänner 1990 errichteten einerseits die Kommanditgesellschaft "R & Co" (die in diesem Vertrag im weiteren kurz "Inhaberin" genannt wird) unter Beitritt ihrer Komplementärin Senta R und ihres Kommanditisten Othmar R (= der Beschwerdeführer) und andererseits Jean-Claude O einen Vertrag über eine stille Gesellschaft (OZl. 3-8 der Verwaltungsakten).

Der Punkt 6. "Beteiligung an Substanz, Gewinn und Verlust der Gesellschaft, Kontenführung" lautet auszugsweise:

"6.4 Im Rechnungswerk der Inhaberin sind folgende Konten einzurichten:

6.4.1 Für die Gesellschafter der Inhaberin ein Kapital- und Verrechnungskonto, auf dem nach den bisherigen Gepflogenheiten zu buchen ist;

6.4.2 für den Stillen ein Kapitalkonto, auf dem die Bareinlagen gemäß Ziff. 4.1.1 sowie den Stillen treffende Verluste und letztlich jene Gewinnanteile zu buchen sind, welche zum Ausgleich dieser Verluste bestimmt sind;

6.4.3 ferner ein Verrechnungskonto, auf dem alle übrigen Vorgänge zu buchen sind. Für die bisherigen negativen Kapitalkonten der Gesellschafter der Inhaberin ist je ein gesondertes Konto einzurichten. ..."

In Punkt 7 ("Entnahmen") dieses Vertrages wurde folgendes festgelegt:

"Die Gesellschafter der Inhaberin und der Stille sind jeweils zur Entnahme berechtigt:

7.1 aller Beträge, die auf freiem Verrechnungskonto als Forderung des jeweiligen Gesellschafters gutgebracht sind;

7.2 die Inhaberin allein jeweils am Letzten der Monate im Nachhinein ein Zwölftel des ihr gemäß Ziff. 652. ausgesetzten Vorwegbezuges."

Ebenfalls datiert vom 26. September 1989 bzw. 10. Jänner 1990 kam es zu einem "Ersten Vertragsnachtrag", der

auszugsweise lautet wie folgt:

"I.) Präambel

Die Kommanditgesellschaft "R & Co" sowie deren Gesellschafter, nämlich Frau Senta R und Herr Othmar R einerseits, sowie Herr Jean-Claude O haben gemäß Urkunde vom eine atypische stille Gesellschaft abgeschlossen. ....

II.) Änderung

In Anbetracht des bisher erzielten schlechten wirtschaftlichen Ergebnisses dieser Gesellschaft wird nun der oben erwähnte Vertrag in folgenden Bestimmungen, gegliedert nach der bezeichneten Urkunde, mit Wirksamkeit ab 1. Oktober 1988 geändert:

zu 4.) Einlagen

4.2. Die Gesellschafter der Inhaberin verpflichten sich, zur teilweisen Abdeckung ihres Schuldsaldos, auf welches Konto immer spätestens am 30. Juni 1990 den gesamten Erlös aus der Veräußerung der ganzen Liegenschaft EZ 493 Grundbuch S, sollte diese jedoch bis dahin nicht oder zu einem geringeren Betrag veräußert sein, mindestens jedoch einen Betrag von

S 3,000.0000,-- (Schilling drei Millionen) in die Gesellschaftskasse der Inhaberin zur Einzahlung zu bringen."

Das Finanzamt forderte dafür mit Bescheid vom 15. Februar 1990 gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit.b GebG 1957 eine Rechtsgebühr von S 60.000,-- (= 2 Prozent von

S 3,000.000,--) an.

Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, daß sich aus der Vertragsurkunde nicht die Leistung einer Vermögenseinlage ergebe.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, worauf der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellte. Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und begründetet dies u. a. wie folgt:

Unter Einlage sei ein vom Gesellschafter der Gesellschaft gewidmeter Vermögenswert zu verstehen, der nicht nur vorübergehend dem Gesellschaftszweck dienen solle und daher gesellschaftsrechtlich gebunden sei.

Gemäß Punkt 6.4.3, 2. Satz des Vertrages über die Errichtung der stillen Gesellschaft vom 10. Jänner 1990 sei "für die bisherigen negativen Kapitalkonten der Gesellschafter der Inhaberin je ein gesondertes Konto einzurichten." Eine Verpflichtung zur teilweisen Abdeckung der Negativkonten sei mit dem "ersten Vertragsnachtrag" vom 10. Jänner 1990 vereinbart worden. Diese Vereinbarung zwischen den beiden Gesellschaftern stelle einen Gesellschaftsvertrag dar, mit dem eine Erhöhung der bedungenen Vermögenseinlage ausbedungen worden sei. Daß die zu erbringende Leistung nicht nur vorübergehend dem Gesellschaftszweck dienen solle, gehe auch aus dem in Punkt II "Änderung" dargestellten und in der Berufung ausgeführten Motiven der Gesellschaftsvertragsänderung hervor. Aus der Bezeichnung der Vertragspunkte

"4.)

Gesellschafterleistungen" und im Nachtrag "zu

4.)

Einlagen" sei klar ersichtlich, daß der Erbringung der nachträglichen Einlagenerhöhung nicht ein sonstiger Rechtsgrund (wie z.B. Darlehensvertrag zwischen Gesellschaft und Gesellschafter) zu Grunde liege, sondern die Leistung des Betrages von S 3,000.000,-- sollte auf Grund dieser gesellschaftsvertraglichen Regelung, an der alle Gesellschafter der R & Co KG mitgewirkt hätten, erbracht werden. Der Gegenbeweis, daß es sich bei den abzudeckenden Konten um einen "Schuldsaldo" der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft gehandelt habe, sei nicht gelungen. Beweise für das Vorliegen einer sonstigen Verpflichtung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft zur Einzahlung von S 3,000.000,-- seien nicht vorgelegt worden. Die Aktenlage, insbesondere der Veranlagungsakt des Finanzamtes und die dort enthaltenen früheren Gesellschaftsverträge ergäben keinen Hinweis auf eine Abdeckungsverpflichtung des negativen Kapitalkontos. Erst auf Grund des Vertragsnachtrages hätten diese negativen Kapitalkonten abgedeckt werden müssen.

Die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Tragung der gesamten Gebühr gründete die belangte Behörde auf § 28 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 6 GebG 1957.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Aktenwidrigkeit. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere in seinem Recht auf Gebührenfreiheit verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit.b GebG 1957 unterzieht Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszwecks verbinden, bei Widmung von Vermögenswerten vom Werte der bedungenen Vermögenseinlage oder ihrer Erhöhung einer Gebühr von zwei v. H., mindestens jedoch S 800,--.

Nach ständiger hg. Judikatur setzt die Gebührenpflicht nach dieser Gesetzesstelle voraus, daß ein bestimmtes Vermögen auf Dauer und nicht bloß vorübergehend für Gesellschaftszwecke verwendet wird (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1985, Zl. 84/15/0111 Slg. N.F. 6037/F und vom 18. Oktober 1984, Zl. 83/15/0085 sowie die dort zitierte hg. Vorjudikatur; ebenso Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum GebG B I 2 b aa 6. Lieferung, Jänner 1988 Seite 10). Dies ist u.a. nicht der Fall, wenn über Werte und Guthaben vom Gesellschafter frei disponiert werden kann (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1980, Zl. 1175/79 Slg. N.F. 5498/F und vom 31. März 1966, Zl. 1599/65 Slg. N.F. 3438/F sowie Frotz-Hügel-Popp aaO).

Im vorliegenden Fall ist nun beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bisher entgangen, daß nach dem oben wiedergegebenen Urkundenwortlaut die für die Gebührenpflicht im vorliegenden Fall entscheidende Frage der dauerhaften oder bloß vorübergehenden Widmung der Zahlung keine Regelung erfahren hat. Damit erweist sich aber die Urkunde im Ergebnis als unvollständig. Es war daher zur Beantwortung der Frage, ob insbesondere der Beschwerdeführer hinsichtlich des einzuzahlenden Betrages allenfalls im Wege der Punkte 6.4.3 und 7.1. des Gesellschaftsvertrages wieder zur freien Entnahme berechtigt ist, Aufgabe der Abgabenbehörde, die fehlenden Umstände zu ermitteln, und zwar erforderlichenfalls auch an Hand anderer Urkunden oder durch Einvernahme der Gesellschafter (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1989, Zl. 88/15/0079, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).

Bereits dadurch, daß die belangte Behörde diesem Umstand nicht Rechnung getragen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.b VwGG zu seiner Aufhebung führen muß, ohne daß auf die übrigen Beschwerdeargumente näher eingegangen zu werden braucht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991 BGBl. Nr. 104, insbesondere deren Artikel III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991150006.X00

Im RIS seit

16.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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