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L7 WirtschaftsrechtNorm
StGG Art6 Abs1 / ErwerbsausübungLeitsatz
Stmk. SchischulG; keine sachliche Rechtfertigung für die vom Vorliegen eines Bedarfes abhängende Bewilligung einer Schischule - Aufhebung der Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in Abs4 des §3 wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit; verfassungskonforme Auslegung des §5 Abs1 möglich - Abstellen auf den Bedarf führt nicht zwingend zu einer (einzigen) Schischule im jeweiligen SchischulgebietSpruch
1. Die Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in Abs4 des §3 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 211/1969, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Steiermark ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
2. §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 211/1969, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. November 1985, Z6-163 Pu 7/6-1985, wurde das Ansuchen des Bf. A
P zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde Bad Mitterndorf mit der Begründung abgewiesen, daß der Bedarf nach einer weiteren Schischule mit Rücksicht auf die bereits bestehende Schischule zu verneinen ist und "aus objektiver Sicht eine Teilung des Schischulgebietes von Bad Mitterndorf deswegen abzulehnen ist, weil die getrennten Gebiete für sich als selbständiges Schischulgebiet völlig ungeeignet sind".
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B940/85 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des A P, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art6 StGG und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG geltend gemacht wird.
3.1. Bei der Beratung über die Beschwerde sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in §3 Abs4 sowie gegen §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 211/1969, entstanden.
Der VfGH hat daher mit Beschluß vom 17. Juni 1988 ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen eingeleitet.
3.2. Der VfGH ging davon aus, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen von der bel. Beh. angewendet wurden und auch von ihm bei der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf Grund der Beschwerde anzuwenden seien, sodaß die Präjudizialität zu bejahen sei. Auch das Vorliegen der sonstigen Prozeßvoraussetzungen wurde angenommen.
Der VfGH äußerte gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen folgende Bedenken:
"Der VfGH hegt demnach das Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 die rechtliche Möglichkeit, eine Schischule als Erwerbszweig zu betreiben, derart beschränken, daß sie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gem. Art6 StGG verletzen. Zwar gestattet der diesem Grundrecht vom Verfassungsgesetzgeber angefügte Gesetzesvorbehalt dem einfachen Gesetzgeber, den Antritt, die Ausübung und die Beendigung von Berufen dergestalt zu regeln, daß die einzelnen Erwerbsbetätigungen unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten sind, sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.
Die jüngere Judikatur des VfGH (VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, VfGH v. 23.6.1986, G14/86 u.a.; 5.3.1987, G174/86;
6.10.1987, G1/87 u.a.; 9.10.1987, G75/87; 14.10.1987, B414/87;
12.3.1988, G154/87 u.a.) hat dies aber dahin ergänzt und präzisiert, daß eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist.
Der VfGH anerkennt (ebenso wie beim Tiroler Schischulgesetz), daß gesetzliche Regelungen, welche die Errichtung und den Betrieb von Schischulen gewissen Beschränkungen unterwerfen, um eine sinnvolle Ordnung des Schischulwesens zu erreichen, an sich im öffentlichen Interesse gelegen sind. Er bleibt dabei, 'daß die fachliche Unterweisung in den Techniken des Schilaufes insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung des Schisports für den Fremdenverkehr und im Hinblick auf das Ziel, die Anzahl der Schiunfälle und deren Folgen möglichst gering zu halten, besonders wichtig ist' und daher 'das öffentliche Interesse an einer gut organisierten Unterrichtung aller an der Erlernung des Schilaufens Interessierten ... zu bejahen (ist)' (so VfGH v. 12.3.1988, G154/87 u.a.). Er bejaht auch weiterhin ein öffentliches Interesse an gesetzlichen Regelungen, 'die geeignet sind, mit der Abhaltung des Schiunterrichts und der Ausübung des Schisports verbundene Gefährdungen und Gefahren hintanzuhalten'.
Die in Prüfung gezogenen Regelungen des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 dürften jedoch in unverhältnismäßiger Weise in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung eingreifen, weil sie die Erteilung und den Erwerb neuer Schischulbewilligungen weit über jenes Maß hinaus einzuschränken scheinen, das zur Erreichung der genannten, im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele erforderlich ist. Folgt man nämlich der den §§3 und 5 Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 vom VwGH gegebenen Auslegung, so darf für ein Schischulgebiet jeweils nur eine Bewilligung erteilt werden. Das bedeutet, daß die nur aus überwiegenden öffentlichen Interessen zulässige (VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, VfGH v. 23.6.1986, G14/86 u.a.; 14.10.1987, B414/87 u.a.) gesetzliche Festlegung einer Bedarfsprüfung vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber noch dadurch verschärft wurde, daß ein Bedarf nach einer neuen Schischule jedenfalls dann und insoweit verneint werden muß, als im angestrebten Standort und Gebiet bereits eine Schischule besteht.
Die angeführten gesetzlichen Bestimmungen dürften sohin deshalb gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verstoßen, weil sie eine Bewilligung neuer Schischulen in bereits bestehenden Schischulgebieten sogar dann untersagen, wenn deren Gebiet so groß ist, daß die Erteilung mehrerer Bewilligungen negative Folgen, denen in anderer Weise nicht begegnet werden könnte, nicht erwarten läßt. Bedenken bestehen ferner dagegen, daß die derzeitige Regelung in einem bestimmten Schischulgebiet mehrere, differenzierte Bewilligungen selbst dann nicht zuzulassen scheint, wenn die dort bestehende und bewilligte Schischule einem Bedarf nach speziellen Unterweisungen (etwa im nordischen Schilauf oder für Kinder) nicht oder nicht hinreichend Rechnung trägt.
Der VfGH wird im Gesetzesprüfungsverfahren allerdings auch zu überprüfen haben, ob nicht trotz des im Steiermärkischen Schischulgesetz 1969 zum Ausdruck kommenden Grundsatzes, daß pro Schischulgebiet nur eine Schischule bewilligt werden darf, die kraft §5 Abs1 vierter Satz Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 gegebene Möglichkeit, über Antrag neuer Bewilligungswerber eine Teilung bestehender Schischulgebiete oder eine Herauslösung von Teilgebieten und auf diese Weise eine Änderung des festgesetzten Schischulgebietes in bescheidmäßig abzuschließenden Verwaltungsverfahren zu erwirken, eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes (im Sinne der im Erkenntnis vom 12.3.1988, G154/87 u.a., angedeuteten Überlegungen) gestattet. Nimmt man nämlich mit dem VwGH (17.3.1986, Z86/10/0033) an, daß die Verwaltungsbehörde auf Grund §5 Abs1 vierter Satz Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 in der Lage ist, 'die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer solchen Änderung (erg. des Schischulgebietes) zu prüfen', so besitzt der Bewerber um eine neue Schischulbewilligung möglicherweise im Sinne des Erkenntnisses des VfGH vom 12.3.1988, G154/87 u.a., die 'rechtliche Möglichkeit, eine grundrechtskonforme Zuordnung des für den Schilauf geeigneten Geländes zu Schischulgebieten zu erwirken bzw. eine Gliederung zu bekämpfen, die die Schischulgebiete in einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit den Anforderungen der Erwerbsfreiheit nicht entsprechenden Weise festlegt'."
4.1. Die Steiermärkische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie im wesentlichen ausführt:
"... Das Steiermärkische Schischulgesetz 1969 regelt u. a. die Voraussetzungen für die Bewilligung zur Erlangung der Erwerbstätigkeit der Unterweisung von Personen oder Personengruppen in den Fertigkeiten des Schilaufes. Im §5, überschrieben mit 'Umfang der Bewilligung', normiert das Schischulgesetz die Erteilung der Bewilligung für einen bestimmten Standort innerhalb eines bestimmten Gebietes (Schischulgebiet). Das Schischulgebiet ist als 'Betriebsstätte' zu verstehen, welches aus Gründen der körperlichen Sicherheit der zu Unterrichtenden einerseits und der Kapazität der vorhandenen Aufstiegshilfen andererseits unter Berücksichtigung der Anzahl der nicht eine Schischule besuchenden Schifahrer nur eine bestimmte Zahl von Schischulen 'verträgt'. Die Zahl der Schischulen, die einen gefahrlosen Unterricht noch ermöglicht, muß sich jedoch auch nach der Beschaffenheit, Steilheit und Weitläufigkeit der geographischen Verhältnisse orientieren. Anders als in den westlichen Bundesländern sind die Gebiete, die ein gefahrloses Schilaufen zulassen, flächenmäßig kleiner. Gemäß §3 Abs4 ist eine Bewilligung zu erteilen, wenn im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und der Bewerber die persönlichen Voraussetzungen (§4) erfüllt. Diese Bestimmung schließt jedoch, entgegen der Auffassung des VwGH, nicht aus, daß in einem Schischulgebiet mehrere Schischulen bewilligt werden. So gibt es in der Steiermark mehrere Schischulen, deren Gebiete sich überdecken: auf dem Präbichl die Schischulen Berger bzw. Kopitsch, im Raum Schladming-Rohrmoos die Schischulen Tritscher bzw. Keinprecht, im Gebiet Altaussee die Schischulen Jansenberger bzw. Mandl.
Gegenstand der Bedarfsprüfung ist daher die Feststellung der Anzahl der Schischulen in einem geographisch bestimmten Gebiet, die die fachliche Unterweisung in den Techniken des Schilaufes im Hinblick auf die Bedeutung des Schisports für den Fremdenverkehr und im Hinblick auf das Ziel, die Anzahl der Unfälle und deren Folgen möglichst gering zu halten, gewährleisten. Daß aus diesem Blickwinkel die Anzahl der Schischulen in einer Gemeinde sich größtenteils auf eine einzige beschränkt, liegt nicht in einem gewollten Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung in unverhältnismäßiger Weise, sondern in den geographischen Gegebenheiten der Steiermark."
Die Steiermärkische Landesregierung verweist weiters auf ihre bereits im Verfahren G154/87 ua. zum Tiroler Schischulgesetz abgegebene Stellungnahme, die sie ihrer Äußerung im vorliegenden Verfahren anschließt.
Abschließend vertritt die Steiermärkische Landesregierung die Ansicht, daß die Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in §3 Abs4 sowie der §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 nicht verfassungswidrig sind.
4.2. Auch der Beteiligte H N hat eine Äußerung abgegeben, in der er "speziell im Hinblick auf §5 Abs1, 4.Satz, des Steiermärkischen Schischulgesetzes" die Verfassungskonformität der in Prüfung gezogenen Regelung als gegeben erachtet.
5. §3 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 (die in Prüfung gezogenen Worte sind hervorgehoben) lautet:
"Allgemeine Voraussetzungen
(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Schischule bedarf einer Bewilligung der Landesregierung. ...
(2) Im Antrag gemäß Abs1 sind der angestrebte Standort und das in Aussicht genommene Schischulgebiet anzuführen; ...
...
(4) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und der Bewerber die persönlichen Voraussetzungen (§4) erfüllt."
§5 Abs1 Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 (der zur Gänze in Prüfung gezogen ist) lautet:
"Die Bewilligung wird für einen bestimmten Standort innerhalb eines bestimmten Gebietes (Schischulgebietes) erteilt. Das Gebiet einer Schischule umfaßt in der Regel das Gebiet einer Gemeinde; sofern es jedoch die Lage der vorhandenen Fremdenverkehrsbetriebe im vorhandenen Übungsgebiet erfordert, können Gebiete (Teilgebiete) mehrerer Gemeinden zu einem Schischulgebiet vereinigt oder aus dem Gebiet einer Gemeinde mehrere Schischulgebiete gebildet werden. Das Gebiet der Schischule ist im Bewilligungsbescheid festzusetzen. Bei Änderung der für die Festsetzung des Schischulgebietes maßgeblichen Verhältnisse (Ausbau der Fremdenverkehrsbetriebe, Bergverkehrsmittel usw.) ist eine Änderung des festgesetzten Schischulgebietes zulässig; dabei ist auf die Interessen der im Gemeindegebiet bereits bestehenden Schischulen Rücksicht zu nehmen und der Steiermärkische Schilehrerverband zu hören. Die Festsetzung des Schischulgebietes oder eine Änderung desselben ist in der Grazer Zeitung - Amtsblatt für das Land Steiermark kundzumachen."
6. Der VfGH hat erwogen:
6.1. Das Verfahren hat nichts ergeben, das gegen die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen sprechen würde. Ebenso liegen die sonstigen Prozeßvoraussetzungen offenkundig vor. Das Verfahren ist daher zulässig.
6.2. In der Sache selbst haben sich die Bedenken gegen die Wortfolge "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in Abs4 des §3 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 als zutreffend erwiesen, nicht jedoch die gegen §5 Abs1 leg.cit. erhobenen Vorwürfe.
6.2.1. Die in Prüfung gezogene Wortfolge des §3 Abs4 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 macht die Bewilligung einer Schischule vom Vorliegen eines Bedarfes abhängig.
Der VfGH hat in seiner Judikatur zur Erwerbsausübungsfreiheit dargetan, daß eine gesetzliche Regelung, die diese beschränkt, nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist (vgl. VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 11276/1987, 11483/1987, 11494/1987, 11503/1987, VfGH 12. 3. 1988 G154/87 ua.).
Dem einfachen Gesetzgeber - dem bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seiner Regelung verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt ist - kann dabei nur entgegengetreten werden, wenn er Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl. VfSlg. 9911/1983, 11276/1987, 11503/1987). Wie sich aus dem Erkenntnis des VfGH vom 12. März 1988 G154/87 ua. ergibt, ist jedoch eine Regelung nicht nur dann, wenn sie Schischulmonopole schafft, sondern auch wenn sie die Bewilligung einer Schischule vom Vorliegen eines Bedarfes abhängig macht, sachlich nicht zu rechtfertigen. Der bloße Umstand, daß in einem Gebiet bereits andere Schischulen bedarfsdeckend bewilligt wurden, reicht nicht aus, neue Bewerber vom Schischulbetrieb auszuschließen, da eventuellen Mißständen, die aus einem Überangebot an Schischulen entstehen könnten, durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu begegnen ist.
Die in Prüfung gezogene Wortfolge des §3 Abs4 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 ist daher verfassungswidrig und die Wortfolge war aufzuheben.
Die übrigen Aussprüche gründen sich - soweit sie die Aufhebung von Bestimmungen des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 betreffen - auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.
6.2.2. Hingegen haben sich die im Einleitungsbeschluß geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 aus folgenden Gründen nicht als zutreffend erwiesen:
Im Einleitungsbeschluß nahm der VfGH auf das Erkenntnis des VwGH vom 17. März 1986, Z86/10/0033, Bezug, worin dieser aussprach:
"Aus dem Zusammenhalt der §§3 und 5 SchischulG ergibt sich nach Auffassung des VwGH, daß für ein und dasselbe Schischulgebiet jeweils nur die Errichtung und der Betrieb einer einzigen Schischule in Betracht kommt; die Konstruktion des §5 Abs1 leg.cit. im besonderen läßt den Schluß zu, daß von Rechts wegen die Zuweisung eines Schischulgebietes oder eines Teiles desselben an mehr als eine Schischule ausgeschlossen ist. Anders ausgedrückt: In bezug auf ein bestehendes (festgesetztes) Schischulgebiet als solches, d.h. solange es nicht auf Grund der im §5 Abs1 leg.cit. vorgesehenen Möglichkeiten geändert wird, kann rechtlich gesehen immer nur Bedarf nach einer Schischule gegeben sein."
Der VfGH folgte im Einleitungsbeschluß vorläufig dieser Auffassung des VwGH, was ihn veranlaßte, gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 dieselben verfassungsrechtlichen Bedenken aufzuwerfen, die zur Prüfung und Aufhebung von Bestimmungen des Tiroler Schischulgesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 3/1981, führten.
In ihrer Äußerung verweist die Steiermärkische Landesregierung darauf, daß die Auffassung des VwGH, das Abstellen auf einen Bedarf führe zur sogenannten "Alleinschischule" im jeweiligen Schischulgebiet, keineswegs zwingend ist, und daß auf dem Boden des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 in einer Reihe von Schischulgebieten auch tatsächlich zwei Schischulen bewilligt worden seien. Der VfGH kommt in grammatikalischer Interpretation des §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 zum gleichen Ergebnis wie die Steiermärkische Landesregierung; aber auch die Aussage des VwGH beruht offensichtlich darauf, daß die "Alleinschischule" das faktische Ergebnis der Bedarfsprüfung ist, da - wie er ausführt - das Fehlen eines Bedarfes zur Verweigerung der Schischulbewilligung führen müsse, weil "rechtlich gesehen immer nur Bedarf nach einer Schischule gegeben sein" kann. Festzuhalten ist, daß der VwGH sich schon auf dem Boden der in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht mehr mit der Frage auseinandersetzte, ob er seine Auffassung auch dann aufrecht erhalten würde, wenn - entgegen der angewendeten Durchschnittsbetrachtung - auf Grund der Größe eines bewilligten Schischulgebietes der Bedarf durch eine Schischule an sich oder auch durch Spezialschischulen (zB für Kinder oder für Behinderte) nicht befriedigt ist.
Der VfGH vermag auf dem Boden dieser Überlegungen, die dem Einleitungsbeschluß zu Grunde liegende Auffassung, daß das Steiermärkische Schischulgesetz 1969 eine Schischule je Schischulgebiet festlege, nicht aufrecht zu erhalten, da eine wörtliche Auslegung des §5 Abs1 Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 keineswegs nur diese - in verfassungsrechtliche Bedenken einmündende - Auslegung zuläßt, sodaß schon das Gebot der verfassungskonformen Auslegung es verbietet, §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 einen solchen - verfassungswidrigen (vgl. hiezu VfGH 12.3.1988 G154/87 ua.) - Inhalt zu unterstellen (vgl. VfSlg. 8011/1977, 8468/1978, 8940/1980, 8944/1980, 9884/1983, 10072/1984).
Da §3 Abs4 und §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 auch keineswegs in einem sprachlich untrennbaren Zusammenhang stehen, ergibt sich auch aus dieser Sicht keine Notwendigkeit, die im Einleitungsbeschluß gegen §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 aufgeworfenen Bedenken aufrecht zu erhalten; anders ausgedrückt: die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Wortfolge des §3 Abs4 bedingt nicht, daß §5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 ebenfalls aufgehoben wird.
Für sich gesehen - also insbesondere nach Aufhebung der in Prüfung gezogenen Worte des §3 Abs4 Steiermärkisches Schischulgesetz 1969 - kann gegen §5 Abs1 leg.cit. nicht mehr der Vorwurf erhoben werden, daß er mit gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken belastet wäre, wie sie zur Aufhebung von Bestimmungen des Tiroler Schischulgesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 3/1981, mit Erkenntnis vom 12. März 1988 G154/87 ua. geführt haben.
§5 Abs1 des Steiermärkischen Schischulgesetzes war daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
6.3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
SchischulenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G173.1988Dokumentnummer
JFT_10118870_88G00173_00