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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
EStG 1972 §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon sowie die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde
1.) der A-GmbH in L, 2.) des N in L und 3.) des Mag. H in L, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y in W, gegen den Bescheid der FLD für Oberösterreich Berufungssenat III) vom 9. Februar 1990, Zl. 6/41/4-BK/Kr-1990, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1984, 1985 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im November 1984 gegründete TOG, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der u.a. die im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Beschwerdeführer und mehr als hundert weitere Personen (überwiegend über die A-GmbH als Treuhänder) beteiligt waren (Gesellschaftsanteile von insgesamt über 21 Millionen S), mietete mit Vertrag vom 19. November bzw. 28. Dezember 1984 von der B-GmbH, welche ebenso wie die TOG ihren Sitz in L, hat, ab 15. Dezember 1984 ein Hotelgebäude in G, Bezirk Kitzbühel.
Mit Vertrag vom 28. Dezember 1984 (unter)vermietete die TOG ihrerseits das Hotelgebäude ab 15. Dezember 1984 an die C-GmbH, mit Sitz ebenfalls in L.
Nach den Feststellungen der Abgabenbehörden wurde für sogenannte Timesharing-Rechte betreffend das gegenständliche Hotelgebäude in G von der "ITF-" AG, L, geworben.
Nach einem von der TOG mit der SK-GmbH in L, X-Straße 7, am 9. November 1984 abgeschlossenen Vertrag hatte diese GmbH für die TOG die kaufmännische Betreuung zu erfüllen und Fremdkapital zu beschaffen.
Mit Kreditvertrag vom 18. bzw. 21. Dezember 1984 räumte die SB-GmbH, L, der TOG einen Kredit über S 18,000.000,-- bis 31. Dezember 1996 ein.
In einer beim Finanzamt Kitzbühel von der TOG vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 1984 wurden Einnahmen von S 28,39 und Ausgaben von S 23,810.050,38 ausgewiesen. In den Erläuterungen dazu wurde ausgeführt, Gegenstand der Gesellschaft sei der Erwerb und die Anmietung von bebauten und unbebauten Grundstücken, die Vermietung derartiger Grundstücke samt darauf befindlichen Gebäuden. Die TOG habe ein in G befindliches Hotelgebäude gemietet und dafür eine Mietzinsvorauszahlung in Höhe von S 15,200.000,-- (in den Aufwendungen von S 23,810.050,38 nicht enthalten) bezahlt. Durch diese Vorauszahlung sei die Wertsicherung für den Vorauszahlungszeitraum von elf Jahren entfallen. Ebenso seien im Jahre 1984 Vorauszahlungen für verschiedene Kosten geleistet worden und dadurch eine Reduzierung des gesamten zu erwartenden Aufwandes erreicht worden. Bei Untervermietung aller angemieteten Flächen sei im Jahre 1985 mit Mieteinnahmen in Höhe von rund S 1,000.000,-- zu rechnen.
Aus den Erläuterungen zu den einzelnen Positionen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 1984 ist unter anderem ersichtlich, daß die TOG der SB-GmbH eine Zinsvorauszahlung in Höhe von S 8,708.633,-- für den Zeitraum 1. Jänner 1985 bis 31. Dezember 1996 geleistet hat. In den Ausgaben ist weiters eine Vorauszahlung an Verwaltungskosten für zehn Jahre an die SK-GmbH im Ausmaß von S 2,700.000,-- enthalten. Durch die Übernahme der Gründungskosten und der Kosten der Gesellschafterbetreuung durch die A-GmbH, L, entstand für die TOG ein Aufwand von S 4,300.000,--. Für die Beschaffung, Abgabe und Abgeltung von sämtlichen erforderlichen Garantien und Bürgschaften, die für den Erhalt der Eigen- und Fremdkapitalien erforderlich waren, war nach der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 1984 ein Betrag von S 2,608.880,-- von der H-GmbH, L, in Rechnung gestellt worden. Darüberhinaus hat die I-GmbH, L, eine Mietausfallsgarantie bis zum 31. Dezember 1994 übernommen, wofür S 1,790.000,-- bezahlt wurden.
In der Umsatzsteuererklärung für 1984 machte die TOG Vorsteuern in Höhe von S 2,934.276,-- geltend.
Mit Bescheid vom 2. September 1987 sprach das Finanzamt Linz aus, daß die Umsatzsteuer für das Jahr 1984 nicht festgesetzt wird. Zur Begründung verwies die Abgabenbehörde auf einen an die TOG ergangenen Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel vom 4. August 1987, nach dem eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO für 1984 zu unterbleiben hatte. Das Finanzamt Kitzbühel begründete seinen Bescheid mit einer "Vorschaurechnung" für die Jahre 1984 bis 1995, wonach die Untervermietung des genannten Hotelgebäudes in diesem Zeitraum zu einem voraussichtlichen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen in Höhe von S 3,018.354,-- führen werde.
Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid 1984 wurde Berufung erhoben und darin die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Qualifikation als "Liebhaberei" seien im Umsatzsteuerrecht andere Maßstäbe als im Einkommensteuerrecht anzusetzen. Jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen sei auch dann als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 anzusehen, wenn die Absicht fehlt, Gewinn zu erzielen. Dem Rechtsmittel war eine Ablichtung der Berufung gegen den vom Finanzamt Kitzbühel erlassenen Bescheid vom 4. August 1989 angeschlossen; nach einer darin angestellten Vorschaurechnung werde der voraussichtliche Werbungskostenüberschuß 1984 bis 1995 S 1,969.366,-- betragen. Für 1996 war nach dieser Ertragsvorschau ein Ertrag von S 2,069.200,-- zu erwarten.
Die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 10. Mai 1988 abgewiesen. Eine gegen den letztgenannten Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. September 1989, Zl. 88/14/0137, als unbegründet abgewiesen.
In zwei weiteren Bescheiden je vom 21. Juli 1988 sprach das Finanzamt Linz aus, daß für die Jahre 1985 und 1986 Umsatzsteuer nicht festgesetzt wird. Gegen diese Bescheide wurde ebenfalls Berufung erhoben.
In einem die Berufungen ergänzenden Schriftsatz vom 6. Dezember 1989 wurde insbesondere ausgeführt, daß die TOG im ersten Jahr der Anmietung 1984 eine Mietvorauszahlung sowie Verwaltungskostenvorauszahlungen für einen Zeitraum von rund zehn Jahren getätigt habe. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für die Jahre 1984 bis 1989 würden einen gesamten Werbungskostenüberhang von S 11,451.460,-- erbringen.
Nach den weiteren Ausführungen in der Eingabe vom 6. Dezember 1989 lägen im Beobachtungszeitraum bereits steigende Einnahmenüberschüsse vor; nach einer Hochrechnung könne bereits ab 1994 mit einem "Totalgewinn" gerechnet werden. Die Umsatzsteuerjahreserklärungen zeigten, daß dem Vorsteuerüberhang der ersten beiden Jahre Umsatzsteuerzahllasten in den nächsten Jahren folgten. Es sei in den Folgejahren mit Mieteinnahmen in Höhe von rund S 4,500.000,-- sowie Mietausgaben von rund S 2,700.000,-- zu rechnen. In absehbarer Zeit könne ein "Totalzahllastüberschuß" errechnet werden. Nach einer der Eingabe angeschlossenen Prognose-Rechnung werde für die Jahre 1990 bis 1995 mit Einnahmenüberschüssen zu rechnen sein, die erstmals mit Ende 1994 zu einem Totalüberschuß führen sollen.
In dem die Berufung abweisenden angefochtenen Bescheid vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß die TOG keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ausgeübt hatte.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer als Gesellschafter der TOG Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 464/90, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der Beschwerdeergänzung machten die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 29. November 1983, BGBl. Nr. 587, gilt eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt nicht als eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (Liebhaberei). Eine solche Tätigkeit ist daher nicht als Unternehmertätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 anzusehen und unterliegt damit auch keiner Umsatzsteuer.
Der für das Einkommensteuerrecht entwickelte Begriff "Liebhaberei" besitzt auch im Umsatzsteuerrecht grundsätzlich Bedeutung. Allerdings hat das für den Begriff "Liebhaberei" im Einkommensteuerrecht geforderte subjektive Gewinnstreben sowie das Erfordernis eines längeren Beobachtungszeitraumes im Begriff "Liebhaberei" des Umsatzsteuerrechts keine vollständig gleichartige Bedeutung. Denn einerseits ist das Gewinnstreben für den Bereich des Umsatzsteuerrechts - betrachtet man § 2 Abs. 1 UStG 1972 - keine Voraussetzung für die Beurteilung einer Tätigkeit als umsatzsteuerpflichtig. Andererseits steht für den Bereich des Umsatzsteuerrechtes in der Regel kein längerer Beobachtungszeitraum zur Verfügung, weil insbesondere in jenen Fällen, in denen am Leistungsaustausch Unternehmer beteiligt sind, die Entscheidung, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, sofort getroffen werden muß. Demnach wird im Einzelfall eine Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 dann anzunehmen sein, wenn unter Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand und die Art der Betriebsführung Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden können. Das bedeutet, daß eine Person nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972 unabhängig davon ist, ob sie die Erzielung eines Gewinnes anstrebt, wenn ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. November 1986, Zlen. 86/15/0025, 0056, Slg. Nr. 6168/F, und vom 19. Oktober 1987, Zl. 86/15/0105).
Ebensowenig wie im Falle des hg. Erkenntnisses vom 12. September 1989, Zl. 88/14/0137, das zum auch hier zu beurteilenden Sachverhalt aus dem Gesichtspunkt des Einkommensteuerrechtes ergangen ist, wurde von den Abgabenbehörden aus der Sicht des Umsatzsteuerrechtes eine Prüfung der Frage, ob im Beschwerdefall ein Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes im Sinne des § 22 BAO vorlag, vorgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Beschwerdefall auf diese Frage somit nicht einzugehen.
Einziger Betriebsgegenstand der TOG in den Streitjahren war die Untervermietung eines Hotelgebäudes, wobei es sich sowohl bei der Erstbeschwerdeführerin als auch bei der Vermieterin und ebenso bei der Mieterin um insgesamt miteinander wirtschaftlich verbundene Unternehmen handelt. Die für 1984 geltend gemachten Aufwendungen stellen im wesentlichen Finanzierungs- und Verwaltungskosten im weiteren Sinne dar, wobei es sich auch hier bei den jeweiligen Vertragspartnern ausschließlich um miteinander wirtschaftlich verbundene Unternehmen handelt. Erhebliche Teile der 1984 an derartige Unternehmen getätigten Zahlungen stellen Vorauszahlungen, und zwar nicht nur für Miete, sondern auch für Kreditzinsen und Verwaltungskosten dar. Bei einer Gesamtbetrachtung der Betriebsführung war es deren wesentlicher Zweck, wie auch in den Erläuterungen zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 1984 betont wurde, den einzelnen Gesellschaftern hinsichtlich eines Nominales von S 10.000,-- einen Verlustanteil von S 11.084,74 zuzuweisen. Die nach den Umständen naheliegende Frage, welcher ursächliche Zusammenhang zwischen den (erwarteten) Einnahmen und den Finanzierungs- und Verwaltungskosten überhaupt besteht - die geleistete Mietzinsvorauszahlung ist bei weitem durch die Einlagen der Gesellschafter der TOG abgedeckt gewesen; Übernahme von Verwaltungs-, Gründungs- und Vertragskosten durch wirtschaftlich verbundene Unternehmen; Garantien und Bürgschaften durch weitere wirtschaftlich verbundene Unternehmen - wurde von den Abgabenbehörden nicht näher geprüft. Auch auf diese Frage hatte der Verwaltungsgerichtshof daher nicht einzugehen.
Die von der TOG nach ihren Darstellungen gegenüber den Abgabenbehörden gewählte Wirtschaftsführung, insbesondere der hohe Aufwand für Fremdfinanzierung, Verwaltung und Vertrieb, war von Anfang nicht geeignet, Einnahmenüberschüsse zu erzielen: Allein der Mietzinsvorauszahlung von S 15,200.000,-- für elf Jahre, der Zinsenvorauszahlung von S 8,708.633,-- für zwölf Jahre und der Verwaltungskostenvorauszahlung von S 2,700.000,-- für zehn Jahre standen erwartete jährliche Mieteinnahmen von S 1,000.000,-- gegenüber. Unter Außerachtlassung von Gründungskosten und anderen Aufwendungen, die mit dem Beginn einer wirtschaftlichen Betätigung zusammenhängen, stand damit aber bei Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand der Untervermietung eines Hotelgebäudes von Anfang an fest, daß bei einer solchen Art der Betriebsführung ein Überschuß der Einnahmen nicht erwirtschaftet werden kann. Da die Tätigkeit der TOG somit insgesamt und auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Einnahmenüberschüsse nicht erwarten ließ, war die TOG, deren Gesellschafter ua. auch die Beschwerdeführer sind, nicht als Unternehmer im Sinne des UStG 1972 anzusehen.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991, BGBl. Nr. 104.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150098.X00Im RIS seit
11.07.2001