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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der Sparkasse X in I, vertreten durch Dr. R Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 27. November 1989, Zl. 61.003-6/89, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die G-Bank hatte mit der H. GmbH. einen Vertrag über einen Kredit in laufender Rechnung im Betrage von S 220,000.000,-- abgeschlossen. Im Jänner 1987 vereinbarten die Parteien dieses Kreditvertrages die "Aufteilung des eingeräumten Kredites auf vier Tranchen", darunter die "Tranche 3" mit einem Kreditbetrag von S 15,000.000,--.
Mit dem am 10. Juni 1987 beurkundeten Vertrag stellte die beschwerdeführende Sparkasse der H. GmbH. einen einmal ausnützbaren Kredit von S 15,000.000,-- zur Verfügung, mit dem nach dem Wortlaut der Urkunde "der Kreditteil der Tranche 3 des von der G-Bank in laufender Rechnung gewährten Kredites im Betrage von S 220,000.000,-- im Wege der gebührenfreien Umschuldung gemäß § 33 TP 19 Abs. 5 GebG abgedeckt werden" sollte.
Für den letztgenannten Kreditvertrag setzte das Finanzamt eine Kreditvertragsgebühr gemäß § 33 TP 19 1957 in der Höhe von 0,8 v.H. der Bemessungsgrundlage, das sind S 120.000,--, fest. Es führte aus, die Begünstigung des § 33 TP 19 Abs. 5 GebG 1957 sei bei Teilumschuldungen nicht anzuwenden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien und im einzelnen angeführte Lehrmeinungen die Auffassung, nach der Absicht des Gesetzgebers seien auch Teilumschuldungen begünstigt.
Mit den angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Auffassung, die Gebührenbefreiung von Umschuldungen gemäß § 33 TP 19 Abs. 5 GebG 1957 setze insbesondere die vollständige Aufhebung des alten Kreditvertrages und die Rückzahlung der gesamten aushaftenden Kreditsumme voraus.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 13. März 1990, Zl. B 106/90 ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin beantragt vor dem Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung des angefochtenen Bescheides; sie erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung einer Gebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 5 GebG 1957 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 TP 19 Abs. 5 GebG 1957 gilt bei Umschuldungen, wodurch ein Kreditvertrag aufgehoben, die Kreditsumme zurückgezahlt und als Ersatz ein Kreditvertrag mit einem anderen Kreditgeber abgeschlossen wird, der neue Kreditvertrag gebührenrechtlich als Nachtrag (Aufstockung, Prolongation) des ursprünglichen Kreditvertrages, wenn die Urkunde über den neuen Kreditvertrag einen Vermerk über die Umschuldung enthält und Aufhebung sowie Rückzahlung innerhalb eines Monats ab Beurkundung des neuen Kreditvertrages erfolgen.
Schon aus dem Wortsinn dieser Vorschrift folgt, daß sogenannte "Teilumschuldungen", bei denen der "alte" Kreditvertrag - wenn auch unter teilweiser Aufhebung der Verbindlichkeit des Schuldners - aufrecht bleibt, nicht begünstigt sind, weil Tatbestandsmerksmal der Begünstigung die (innerhalb eines Monats ab Beurkundung des neuen Kreditvertrages erfolgte) Aufhebung des (alten) Kreditvertrages und die Rückzahlung der Kreditsumme sind. Bei einer sogenannten "Teilumschuldung" erfolgt jedoch weder eine "Aufhebung eines Kreditvertrages" noch die "Rückzahlung der Kreditsumme"; im Zusammenhang mit einer solchen "Teilumschuldung" könnte lediglich von einer "Einschränkung eines Kreditvertrages" bzw. der "Rückzahlung eines Teiles der Kreditsumme" gesprochen werden. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Auslegung der Begünstigungsvorschrift überschreitet somit die äußersten Grenzen des Wortsinnes.
Es bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keine Bedenken gegen die Sachlichkeit einer Regelung, die Umschuldungen, bei denen ein vollständiger Gläubigerwechsel erfolgt, unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt, "Teilumschuldungen" hingegen nicht. Während es bei "vollständigen" Umschuldungen zum Wegfall des "alten" Kreditvertrages und somit der Gläubigerposition des "Altgläubigers" kommt (nach der Umschuldung somit weiterhin nur ein Kreditverhältnis besteht), führt eine "Teilumschuldung" zum gleichzeitigen Bestehen mehrerer Kreditverhältnisse. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes diesen Unterschied im Tatsächlichen zum Anlaß für eine Regelung zu nehmen, die nur "vollständige" Umschuldungen begünstigt. Es ist somit eine vom Wortsinn abweichende Interpretation, die die Begünstigung auf "Teilumschuldungen" ausdehnt, auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht geboten.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (215 BlgNR XVI GP) weisen ebenfalls darauf hin, daß dem Gesetzgeber nur die Begünstigung einer "vollständigen" Umschuldung vorschwebte, weil darin von "vorzeitiger Beendigung des Kreditvertrages", "Abschluß eines neuen Vertrages an dessen Stelle" sowie davon die Rede ist, es solle gebührenrechtlich keinen Unterschied machen, ob der Kreditnehmer bei seinem Kreditgeber bleibe oder zu einem anderen "überwechsle".
"Teilumschuldungen" unterliegen daher nicht der Begünstigung nach § 33 TP 19 Abs. 5 GebG 1957 (ebenso Glega, ÖStZ 1984, 194; anderer Ansicht Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz § 33 TP 19 S. 31, und Arnold, ÖStZ 1984, 77).
Die von den letztgenannten Autoren für ihre gegenteilige Auffassung vorgetragenen Argumente, auf die auch die Beschwerdeführerin verweist, vermögen nicht zu überzeugen. Der Auffassung von Frotz-Hügel-Popp, die Begünstigung der teilweisen Aufhebung eines Kreditvertrages könne unter der Voraussetzung der entsprechenden teilweisen Zurückzahlung nicht ausgeschlossen werden, weil sie als "minus" vom Wortsinn der Regelung umfaßt sei, ist entgegenzuhalten, daß eine "Teilumschuldung" im Hinblick auf den oben dargelegten Unterschied gegenüber einer vollständigen Umschuldung im Sinne der Begünstigungsvorschrift - nach "Teilumschuldung" bestehen infolge Aufrechtbleibens des "alten" Kreditverhältnisses zwei durch Rechtsgeschäft begründete Schuldverhältnisse, bei vollständiger Umschuldung hingegen nur eines - kein "minus", sondern ein "aliud" darstellt. Sie ist daher nicht vom Wortsinn der nach dem oben Gesagten auch nicht unsachlichen Regelung umfaßt. Es erübrigt sich daher eine nähere Auseinandersetzung mit der Auffassung, dem Zweck der Vorschrift folgend müßten Teilumschuldungen begünstigt sein, da dieses Auslegungsergebnis die Grenzen des Wortsinnes überschreitet. Dies gilt auch für die Darlegungen Arnolds, der - unter Hinweis auf die teilweise Aufhebung zB. eines (Einmal-)Kreditvertrages durch eine vom Gläubiger angenommene Teilzahlung - die Auffassung vertritt, dem Sinn der Vorschrift entsprechend müßten auch solche Teilumschuldungen begünstigt sein.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150054.X00Im RIS seit
16.09.1991