TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/16 91/15/0028

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Veröffentlicht am 16.09.1991
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
21/03 GesmbH-Recht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §281 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
GmbHG §18;
LAO Wr 1962 §216 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Josef P in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 23. Jänner 1991, Zl. MDR-P 41/90, betreffend Aussetzung der Berufungsentscheidung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Den Verwaltungsakten ist folgendes zu entnehmen:

Über das Vermögen der XY-GmbH W, wurde am 24. August 1989 der Konkurs eröffnet (S n1/89 des LG Salzburg). Die Magistratsabteilung 6 - Rechnungsamt, Stadtkasse 4., 10. Bezirk meldete am 22. September 1989 zum obgenannten Konkurs für Lohnsummensteuer und Dienstgeberabgabe einen Betrag von S 71.604,-- an, welche Summe sie am 7. November 1989 infolge Abgabenberichtigung auf S 15.042,-- Lohnsummensteuer einschränkte.

Mit Haftungsbescheid vom 26. Juli 1990 nahm der Magistrat der Stadt Wien die Haftung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der obgenannten Gesellschaft m.b.H. gemäß §§ 7 und 54 WAO für den Rückstand an Lohnsummensteuer in der Höhe von S 15.042,-- betreffend den Zeitraum "1988 bis 7/1989" in Anspruch.

Dagegen berief der Beschwerdeführer u.a. mit der Behauptung, es werde sich erst nach Beendigung des Konkursverfahrens zeigen, ob die Abgabenforderung bei der juristischen Person uneinbringlich sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 23. Oktober 1990 wies die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung als unbegründet ab, wobei sie unter anderem darauf hinwies, daß laut Auskunft des Masseverwalters Dr. NN mit einer quotenmäßigen Befriedigung der Konkursforderungen nicht gerechnet werden könne.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die belangte Behörde richtete am 16. März 1990 an den Masseverwalter die Anfrage, ob mit einer Befriedigung der Konkursforderungen Lohnsummensteuer bzw. Dienstgeberabgabe gerechnet werden könne. Der Masseverwalter teilte dazu am 29. März 1990 mit, derzeit nicht beurteilen zu können, ob für die Konkursforderungen eine Quote ausgeschüttet werden könne oder nicht.

Diesen Umstand gab die belangte Behörde am 27. November 1990 den Beschwerdeführer bekannt und kündigte dabei an, daß ihr die Aussetzung des Berufungsverfahrens bis zum Abschluß des Konkursverfahrens zweckmäßig erscheine. Sie forderte den Beschwerdeführer unter einem auf, etwaige Einwände dagegen binnen zwei Wochen geltend zu machen. Der Beschwerdeführer erklärte, mit einer Aussetzung nur einverstanden zu sein, wenn seiner Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, die schon bezahlten Beträge zurückgezahlt würden bzw. ein von ihm sicherungsweise erlegtes Sparbuch zurückgegeben werde.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 216 der Wiener Abgabenordnung-WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, die Entscheidung über die Berufung ausgesetzt.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die Auskunft des Masseverwalters und vertrat die Meinung, es sei somit nach der Aktenlage eine Beurteilung nicht möglich, inwieweit im Zuge der Verteilung des Massevermögens eine Verminderung der Abgabenrückstände und damit eine Verminderung einer etwaigen Haftungspflicht des Beschwerdeführers eintrete. Es erscheine daher zweckmäßig, das anhängige Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Konkursverfahrens über das Vermögen der XY-GmbH auszusetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht darauf, daß ohne Aussetzung über seine Berufung entschieden wird, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 216 WAO bestimmt:

"(1) Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder schwebt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.

(2) Eine Aussetzung der Entscheidung gemäß Abs. 1 ist von der Abgabenbehörde zweiter Instanz auszusprechen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlaß zur Aussetzung gemäß Abs. 1 gegeben hat, ist das ausgesetzte Berufungsverfahren von Amts wegen fortzusetzen."

Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Der Beschwerdeführer fällt als Geschäftsführer der abgabenpflichtigen Gesellschaft m.b.H. unter den Personenkreis des § 54 Abs. 1 WAO.

Wesentliche Voraussetzung der subsidiären Haftung des Vertreters gemäß § 7 Abs. 1 WAO ist (ebenso wie nach § 9 BAO) die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabe beim Primärschuldner (vgl. dazu die bei Philipp, Die österreichischen Landesabgabenordnungen Seite 23 letzter Absatz referierte hg. Judikatur; ebenso Stoll, BAO-Handbuch 28).

Nach ständiger hg. Judikatur kann aus der Tatsache der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Gesellschaft m.b.H. nicht bereits zwingend auf die Uneinbringlichkeit der gegenüber der Gesellschaft m.b.H. entstandenen Abgabenforderungen geschlossen werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 7. September 1990, Zl. 89/14/0298 und vom 23. Oktober 1987, Zl. 85/17/0011). Da im vorliegenden Fall die belangte Behörde selbst davon ausging, es könne von einer Uneinbringlichkeit des Abgabenbetrages derzeit noch gar nicht gesprochen werden, und da die belangte Behörde selbst zu Recht betonte, die Uneinbringlichkeit sei eine der Voraussetzungen für einen Haftungsbescheid, bestand kein Grund für die Aussetzung der Berufungsentscheidung, weil sofort eine sachliche Erledigung der Berufung möglich gewesen wäre. Indem die belangte Behörde dies nicht beachtete, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991 BGBl. Nr. 104.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991150028.X00

Im RIS seit

16.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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