TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/17 90/08/0173

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Melderecht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §502 Abs4;
AVG §45 Abs2;
JN §66 Abs1;
MeldeG 1954;
MeldeG 1972;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Norbert P in Tanger, Marokko, vertreten durch Dr. R Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juli 1990, Zl. MA 14 - P 65/89, betreffend Begünstigung gemäß §§ 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das auf den Ersatz von Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 27. April 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. In diesem erstinstanzlichen Bescheid hatte die mitbeteiligte Partei in der Pensionsversicherung des Beschwerdeführers u.a. die Zeit der Auswanderung vom 27. Jänner 1939 bis 29. April 1947 gemäß § 502 Abs. 4 ASVG begünstigt angerechnet, jedoch eine weiterreichende Begünstigung u.a. für den Zeitraum vom 30. April 1947 bis 31. März 1959 abgelehnt.

Die belangte Behörde legte ihrem Bescheid folgenden Sachverhalt zugrunde:

"Der am 19. Februar 1919 geborene Begünstigungswerber ist aus Gründen der Abstammung in der Zeit vom 27. Jänner 1939 bis 29. April 1947 in den U.S.A. emigriert gewesen und hat in der Zeit vom 11. Juni 1941 bis 28. April 1947 Militärdienst in der U.S. Army geleistet. In der Zeit vom 30. April 1947 bis Oktober 1955 ist der Genannte als Direktor einer Unterorganisation der U.S. Army 'The Stars and Stripes', einem Zeitungs-, Zeitschriften- und Büchervertrieb, nach Österreich zurückgekehrt. (Der Beschwerdeführer) hat sich in dieser Zeit dauernd in Österreich aufgehalten, war in W wohnhaft, hat in der Zeit von 1950 bis 1955 als außerordentlicher Hörer die Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien besucht und war nach eigenen Angaben Teilhaber einer Tankstelle am Semmering. Einen eigenen amerikanischen Wohnsitz hat der Genannte in der Zeit vom April 1947 bis Oktober 1955 nach der Aktenlage nicht aufrechterhalten. Der Genannte wohnte nach seiner Emigration am 27.Jänner 1939 in den U.S.A. bis zum Antritt des Militärdienstes am 11.Juni 1941 bei seinem Onkel und hatte nach dem Ableben des Onkels lediglich einen Wohnsitz bei seiner Tante in den U.S.A. In der Zeit von November 1955 bis Dezember 1956 war (der Beschwerdeführer) Direktor der 'Stars & Stripes' in Marokko und ab Jänner 1957 bei der US-Marine in Spanien tätig."

In rechtlicher Hinsicht bewertete die belangte Behörde diesen Sachverhalt dahin, daß der Beschwerdeführer im April 1947 bis Oktober 1955 in Österreich wieder seinen bleibenden Aufenthalt und im Hinblick auf seine dauernde Beschäftigung auch den wirtschaftlichen und faktischen Mittelpunkt seines Lebens genommen hatte. Er habe daher durch seine Rückkehr nach Wien am 29. April 1947 die Emigration beendet, weshalb seinem - auf begünstigte Anrechnung auch des Zeitraumes vom 30. April 1947 bis 31. März 1959 gerichteten - Einspruch der Erfolg habe versagt bleiben müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 500 ASVG werden Personen, die in der Zeit vom 4. März 1933 bis 9. Mai 1945 aus politischen Gründen - außer wegen nationalsozialistischer Betätigung - oder religiösen Gründen oder aus Gründen der Abstammung (u.a.) ausgewandert sind, nach den §§ 502 Abs. 4 bis 6, 503 und 506 begünstigt.

Gemäß § 502 Abs. 4 ASVG können Personen, die in der im § 500 angeführten Zeit aus einem der dort angeführten Gründe ausgewandert sind und die vorher in der Zeit seit dem 1. Juli 1927 Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß § 228 oder 229 ASVG oder Zeiten nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz zurückgelegt haben, für die Zeiten der Auswanderung, längstens aber für die Zeit bis 31. März 1959, Beiträge nachentrichten, wobei diese Nachentrichtungspflicht nach Maßgabe der Bestimmungen des § 502 Abs.4 letzter Satz in Verbindung mit § 502 zweiter bis letzter Satz unter dort näher genannten Voraussetzungen entfällt.

Unter Auswanderung im Sinne der Begünstigungsbestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ist im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1957, Slg. Nr. 4437/A, die Verlegung des ständigen Wohnsitzes einer Person in das Ausland zu verstehen. Für die Definition des Begriffes "Wohnsitz" ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Zusammenhang mit dem Begünstigungstatbestand des § 502 Abs. 4 ASVG die Bestimmung des § 66 Abs. 1 JN heranzuziehen, wonach der ordentliche Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet ist, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen (vgl. die Erkenntnisse vom 17. November 1977, Zl. 1577, 1578/77 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur, ferner u.a. die Erkenntnisse vom 2. Juli 1981, Zl. 08/2628/78, vom 2. Juli 1982, Zl. 08/2434/79, vom 19. Dezember 1985, Zl. 82/08/0023, uva.).

Zu den Merkmalen eines solchen bleibenden Aufenthaltes zählt unter anderem der Umstand, daß der gewählte Aufenthaltsort zum wirtschaftlichen und faktischen Mittelpunkt des Lebens gemacht wird, mag auch von vornherein klar sein, daß sich dieser Aufenthalt über eine bestimmte oder unbestimmte Dauer hinaus nicht erstrecken wird (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 19. Jänner 1978, Zl. 2102/77, vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77, vom 2. Juli 1982, Zl. 08/2434/79, uva.).

Auch bei Beurteilung der hier maßgebenden Frage der Beendigung einer Auswanderung hält der Verwaltungsgerichtshof den zuletzt genannten Gesichtspunkt (nämlich die Frage des wirtschaftlichen und faktischen Mittelpunktes der Lebensinteressen) für maßgebend (vgl. die Erkenntnisse vom 17. November 1977, Zl. 1577, 1578/77, und vom 30. April 1982, Zl. 82/08/0037). Im Zusammenhang mit der (im Sinne des § 66 JN) "aus den Umständen hervorgehenden Absicht" (also der vom Gesetz geforderten äußerlichen Erkennbarkeit einer so qualifizierten Niederlassungsabsicht) legt der Verwaltungsgerichtshof (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Lehre) das Schwergewicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen an einem bestimmten Ort nach der persönlichen Seite, nach dem Familiensitz und nach der Haushaltsführung; als in diesem Zusammenhang in Betracht kommende, auf einen dauernden Aufenthalt deutende Umstände gelten z.B. die Dauer eines Mietvertrages, der Umfang getätigter wirtschaftlicher Investitionen, das Vorhandensein einer Dauererwerbsmöglichkeit, ein länger dauernder Dienstvertrag, das Eingehen einer Lebensgemeinschaft mit einer Person, von der die Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes nicht erwartet werden kann und die Übernahme der dauernden Pflege bedürftiger Angehöriger (vgl. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und die Lehre die Erkenntnisse vom 17. November 1977, Zl. 1577, 1578/77, vom 19. Jänner 1978, Zl. 2102/77, vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77, vom 5. Dezember 1980, Zl. 3333/79, uva.). Der Aufenthaltsort muß bewußt zum wirtschaftlichen und faktischen Mittelpunkt gemacht werden; es darf sich bei dieser Wahl um keine Provisiorialmaßnahme handeln (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juli 1982, Zl. 08/2434/79 mit weiteren Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat dafür, daß ihrer Auffassung zufolge der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz im dargelegten Sinne ab April 1947 wieder in Österreich (und zwar in Wien) genommen habe, drei Umstände für bedeutsam gehalten, nämlich, die Dauer des Aufenthaltes, die Ausübung einer dauernden Beschäftigung und die "finanzielle Beteiligung" an einer Tankstelle, welche darauf hinweise, daß der Beschwerdeführer damals in Österreich auch geschäftlich selbständig habe tätig sein wollen. Die mitbeteiligte Partei wies in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß der Beschwerdeführer hier auch die Hochschule (gemeint: die Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien) besucht habe.

Dem hält der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde entgegen, daß er sich "als Angehöriger einer fremden Militärmacht" in Wien aufgehalten und deshalb hier keinen Wohnsitz begründet habe. Der Besuch der Hochschule stelle eine Freizeitgestaltung dar und sei ein Progamm der amerikanischen Armee gewesen. Bezüglich der Tankstelle sei er nur als Geldgeber aufgetreten. Es habe sich um eine "rein finanzielle Beteiligung" gehandelt.

Der Beschwerdeführer beruft sich - dies sei den weiteren Erwägungen vorausgeschickt - zu Recht nicht auch auf den Umstand, daß er im fraglichen Zeitraum einer im Akt der mitbeteiligten Partei befindlichen Meldeauskunft des Zentralmeldeamtes der Bundespolizeidirektion Wien zufolge in Wien polizeilich nicht gemeldet war; nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt nämlich den Meldedaten wenig Beweiswert zu, weil durch sie die vorhandene oder fehlende Absicht, hier einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, weder erwiesen noch widerlegt werden kann (vgl. die Erkenntnisse vom 19. Jänner 1978, Zl. 2102/77, vom 3. Oktober 1980, Zl. 726/78; vom 2. Juli 1981, Zl. 08/2628/78, vom 2. Juli 1982, Zl.08/2434/79, vom 17. Februar 1983, Zl. 81/08/0038, uva.). Dies gilt auch im Fall des Fehlens von Meldedaten, was mit dem Umstand, daß der Beschwerdeführer sich im fraglichen Zeitraum - wenn auch nicht als uniformierter Militärangehöriger, so aber doch - als Angestellter einer Dienststelle der amerikanischen Armee in Österreich aufgehalten hat, zwanglos erklärt werden kann und daher keine Rückschlüsse auf die hier zu untersuchende Absicht des Beschwerdeführers zuläßt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - und insoweit sind die Hinweise des Beschwerdeführers berechtigt- die sonst für die äußerliche Erkennbarkeit der Niederlassungsabsicht im Sinne der dargelegten Rechtsprechung maßgebenden Umstände dann nicht schlechthin als unterscheidungskräftige Indikatoren angesehen, wenn sie nicht FOLGE, sondern URSACHE des faktischen Aufenthaltes an einem Ort sind: So hat der Verwaltungsgerichtshof die Wohnsitzbegründung (auch bei längeren Aufenthalten) verneint, wenn der Aufenthalt durch die berufliche Tätigkeit bedingt war (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 1971, Slg. Nr.8050/A) oder (nur) einem Studien- oder einem sonstigen Ausbildungszweck diente (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77, und vom 19. Dezember 1985, Zl. 82/08/0023). Im Erkenntnis vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77, hat der Verwaltungsgerichtshof auch der gleichzeitigen Aufenthaltsnahme der Ehefrau des Beschwerdeführers keine Bedeutung beigemessen, weil diese als Botschaftsangehörige der Vereinigten Staaten (somit aus beruflichen Gründen) in Wien geweilt war. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof (zumindest implizit) eine krankheitsbedingte Verlängerung eines ursprünglich als Urlaubsreise gedachten Aufenthaltes auf drei Jahre (vgl. das Erkenntnis vom 3. Oktober 1980, Zl. 726/78) nicht als Wohnsitzbegründung angesehen. Im Erkenntnis vom 2. Juli 1982, Zl. 08/2434/79, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine berufliche Versetzung durch den Dienstgeber ALLEIN die Annahme der Wohnsitzbegründung am Versetzungsort noch nicht ausschließt, es sei denn, daß der berufliche Zweck des Aufenthaltes sich überdies in einer bestimmten Dauer (sei es datumsmäßig oder auf ein bestimmtes Projekt bezogen) ausdrückt (vgl. dazu auch die Erkenntnisse vom 17. Februar 1983, Zl. 81/08/0038, vom 19. Dezember 1985, Zl. 82/08/0023, und vom 21. April 1986, Zl. 82/08/0040).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde festgestellt, daß der Beschwerdeführer vom 11. Juni 1941 bis in die späten Fünfzigerjahre bei den Streitkräften der USA tätig war und zwar bis April 1947 als Militärdienstleistender und ab diesem Zeitpunkt als Direktor (Zivilangestellter) des heereseigenen Zeitungs-, Zeitschriften- und Büchervertriebes "Stars and Stripes". In der zuletzt erwähnten Eigenschaft hat der Beschwerdeführer von April 1947 bis Oktober 1955 (also bis zum Ende der Präsenz der alliierten Truppen in Österreich) Dienst getan. Damit kommt im Sinne der dargelegten Rechtsprechung der Tatsache der Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich aber nicht jene Bedeutung zu, welche ihr die belangte Behörde beimißt, war doch diese Beschäftigung bei der US-Armee Ursache und nicht Folge seines Aufenthaltes in Wien (im Sinne der Ausführungen zur Anwesenheit einer Botschaftsangehörigen im Erkenntnis vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77). Der Aufenthalt war zwar nicht datumsmäßig begrenzt, aber insoweit zweckbezogen (und damit auch der Dauer nach bestimmbar im Sinne des Erkenntnisses vom 2. Juli 1982, Zl. 08/2434/79) als er (längstens) für die Dauer der Präsenz der Truppen der USA in Österreich gedacht war. Diese Zweckbezogenheit ist auch darin zum Ausdruck gekommen, daß der Beschäftigungsort des Beschwerdeführers mit dem Ende der Besatzungszeit von Österreich nach Marokko verlegt wurde. Damit kommen im Beschwerdefall aber die Dauer des Aufenthaltes und die Tatsache der Beschäftigung für eine allfällige, nach außen erkennbare Absicht des Beschwerdeführers, Wien wieder als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu wählen, mangels Unterscheidungskraft als Indikatoren nicht in Betracht (in diesem Sinne auch schon das hg. Erkenntnis vom 23. April 1987, Zl. 85/08/0047).

Nun würde zwar ein solcher berufs- und zweckbedingter Aufenthalt nicht ausschließen, daß der Beschwerdeführer darüber hinaus AUCH beabsichtigt hätte, Wien zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu wählen, jedoch sind - von den noch zu erörternden finanziellen Interessen abgesehen - keine diesbezüglichen Umstände im Verfahren hervorgekommen. Durch den Hochschulbesuch (nach dem Inhalt der Verwaltungsakten: als außerordentlicher Hörer) neben seiner Tätigkeit bei der US-Armee kommt zwar der Ausbildungs- (oder Bildungs-)wunsch des Beschwerdeführers zum Ausdruck, nicht aber -entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei- eine Niederlassungsabsicht im hier maßgebenden Sinne (vgl. dazu die bereits erwähnten Erkenntnisse vom 20. Juni 1980, Zl. 2650/77, und vom 19. Dezember 1985, Zl. 82/08/0023).

Eine vom Beschwerdeführer eingegangene Teilhaberschaft an einem inländischen Unternehmen (nach den Feststellungen der belangten Behörde an einer Tankstelle am Semmering) könnte u.U. ein Indiz für die Niederlassungsabsicht des Beschwerdeführers im Sinne der dargelegten Rechtsprechung sein. Ob dies der Fall ist, hängt jedoch von den näheren, von der belangten Behörde jedoch nicht festgestellten Umständen dieser "Teilhaberschaft" des Beschwerdeführers ab. Diese wäre zwar nicht deshalb ohne Bedeutung (wie der Beschwerdeführer offenbar meint), weil sie sich im nachhinein als nicht gewinnbringend herausgestellt hat; einer bloßen "Geldgeberrolle" - wie sie der Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptet -, käme jedoch keine Bedeutung in der Richtung zu, daß daraus auch auf eine Niederlassungsabsicht des Beschwerdeführers im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geschlossen werden könnte. Diesbezüglich fehlt es derzeit aber an ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen.

Letztlich ist die Begründung des angefochtenen Bescheides (entgegen § 60 AVG) insoweit undeutlich und widersprüchlich, als die belangte Behörde - entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdeführers - einen Wohnsitz des Beschwerdeführers in den USA "bei seiner Tante" einerseits anzunehmen scheint, andererseits jedoch unter Berufung auf die (nicht näher präzisierte) "Aktenlage" davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer einen "eigenen amerikanischen Wohnsitz" von April 1947 bis 1955 in den USA NICHT aufrechterhalten habe. Sollte die belangte Behörde damit (arg.: "eigenen") eine Gleichsetzung der "eigenen Wohnung" mit dem "eigenen WohnSITZ" beabsichtigt haben, so läge darin ein Rechtsirrtum: ein Wohnsitz einer Person ist nicht schon deshalb zu verneinen, wenn diese Person keine "eigene" Wohnung hat (und zwar gleichgültig, ob die belangte Behörde damit ein dingliches oder bloß obligatorisch wirkendes Verfügungsrecht zum Ausdruck bringen wollte), sondern (nur) in einer "fremden" Wohnung eine Unterkunftsmöglichkeit besitzt (z.B. in Form einer Teiluntermiete), mag auch der Art der Wohnung und des Ausmaßes der damit verbundenen finanziellen Investition ein jeweils unterschiedliches Gewicht als INDIZ in der Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressen zukommen.

Da die belangte Behörde somit die oben dargelegte Rechtslage insgesamt verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Abgabenbefreiung des § 110 ASVG mußte das Mehrbegehren des Beschwerdeführers auf den Ersatz von Stempelgebühren mangels deren Erforderlichkeit abgewiesen werden.

Schlagworte

Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080173.X00

Im RIS seit

13.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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