TE Vwgh Beschluss 1991/9/17 90/08/0010

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
74/01 Kirchen Religionsgemeinschaften;

Norm

ASVG §5 Abs1 Z7;
ProtG 1961 §1 Abs2 Z2;
StGG Art15;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat, über die Beschwerde der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5. Juni 1989, Zl. 121.162/6-7/89, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. M,

2.

Niederöstereichische Gebietskrankenkasse;

3.

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß der Erstmitbeteiligte (auf Grund seiner Tätigkeit als Lehrvikar bei der Beschwerdeführerin) in der Zeit vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1986 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit seinem Beschluß vom 27. November 1989, Zl. B 831/89, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrem über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, die Beschwerde u.a. durch bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), zu ergänzen, erstatteten ergänzenden Schriftsatz führte die Beschwerdeführerin den Beschwerdepunkt wie folgt aus:

"Durch den bekämpften Bescheid ist die Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich in ihrem gemäß § 1 Abs. 2 Z. II des Gesetzes über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, BGBl. Nr. 182/1961, verfassungsmäßig gewährleisteten Recht verletzt, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln, wobei es zu den inneren Angelegenheiten der Evangelischen Kirche und deren ausschließlicher Kompetenz gehört, zu beurteilen und festzustellen, wer geistlicher Amtsträger der Kirche ist. Mit dem bekämpften Bescheid löst die belangte Behörde entgegen der schriftlichen Stellungnahme des ausschließlich zur Vertretung der Evangelischen Kirche berufenen Evangelischen Oberkirchenrates hinsichtlich des (Erstmitbeteiligten) für die Zeit vor dem 1.1.1987 nach unzulässiger Einholung eines zu diesem Thema nicht einholbaren Sachverständigengutachtens die Vorfrage, ob (der Erstmitbeteiligte) geistlicher Amtsträger der Evangelischen Kirche war unter Mißachtung der verbindlichen Ausführung der Evangelischen Kirchenleitung. Unstrittig ist, daß geistliche Amtsträger der Evangelischen Kirche der Sozialversicherungspflicht und dem Sozialversicherungsrecht nicht unterliegen, bzw. davon ausgeschlossen sind, dies gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 ASVG."

Mit diesen Ausführungen hat die Beschwerdeführerin den Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG bezeichnet, durch den der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt wird, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A), wobei durch die ausdrückliche und unmißverständliche Bezeichnung des Beschwerdepunktes dieser einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich ist (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0219, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Mit der vorliegenden Beschwerde wird somit ausschließlich die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, nämlich des Rechtes der Beschwerdeführerin auf selbständige Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 2 Z. II erster Satz des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, BGBl. Nr. 182, geltend gemacht. Über die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde hat jedoch gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof zu erkennen. Da gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, ausgeschlossen sind, ist der Verwaltungsgerichtshof zur Erledigung der vorliegenden Beschwerde unzuständig (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 22. Februar 1989, Zl. 89/01/0052, vom 14. März 1990, Zl. 89/13/0080, vom 2. April 1990, Zl. 90/12/0013-0089, und vom 8. Mai 1990, Zl. 90/11/0026).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080010.X00

Im RIS seit

17.09.1991

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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