TE Vwgh Beschluss 1991/9/17 90/05/0222

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Index

L82000 Bauordnung;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, in der Beschwerdesache 1. des Norbert M und

2. der Elfriede M, beide in K, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems a.d.D. vom 24. September 1990, Zl. MD-Sch-2/1988-90, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Konrad S in K), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. März 1988 erteilte der Magistrat der Stadt Krems an der Donau der mitbeteiligten Partei für den Einbau einer Betriebsstätte für die Produktion und den Verkauf von Lüftungen einschließlich Büros und Nebenräumen einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage, einer gasbefeuerten Zentralheizungsanlage sowie fünf in sich abgeschlossenen Wohneinheiten im Haus K auf der Parzelle 863/1 KG X, die Baubewilligung; die Einwendungen der Anrainer, u.a. der Beschwerdeführer, wurden abgewiesen.

In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, daß es sich um einen Betrieb handle, der im Wohngebiet unzulässig sei, weil er zum einen seiner Art nach üblicherweise nicht in Wohngebäuden untergebracht werde und zum anderen von diesem Betrieb auch Lärm- und Geruchsbelästigungen ausgingen, welche nur durch Auflagen eingedämmt werden könnten; zudem sei dem Bauvorhaben kein medizinischer Sachverständiger beigezogen worden.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1988, Zl. MD-Sch-2/1988, hatte die belangte Behörde der Berufung nicht Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 88/05/0188, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf und brachte die Rechtsanschauung zum Ausdruck, daß der vom Konsenswerber beabsichtigte Betriebstyp im Wohngebiet unzulässig sei, weil § 16 Abs. 1 Z. 1 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG), LGBl. Nr. 8000-0, in der Fassung LGBl. Nr. 8000-1 und 8000-2, Wohngebiete für Wohngebäude, die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienenden Gebäude und für lediglich solche Betriebe bestimmt normiere, die in Wohngebäuden untergebracht werden können und keine, das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können. Da der Nachbar auf die Einhaltung der Flächenwidmung einen Anspruch habe, verletze der die Baubewilligung für den § 16 Abs. 1 Z. 1 Nö ROG widersprechenden Betrieb bestätigende Bescheid der belangten Behörde das Gesetz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, der Berufung der Beschwerdeführer "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der derzeit geltenden Fassung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid zu beheben". Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf das vorzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und die Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wiewohl den Ausführungen der Beschwerdeführer beizupflichten ist, daß die von der belangten Behörde gewählte Gestalt der Erledigung der Berufung dem § 66 Abs. 4 AVG widerspricht, ist daraus für die Beschwerdeführer deswegen nichts gewonnen, weil es ihnen durch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid geschaffene Verfahrenslage an der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde fehlt.

Wohl hat ein Berufungswerber im Verwaltungsverfahren ein aus § 66 Abs. 4 AVG erfließendes Recht, daß die Berufungsbehörde, sofern kein Fall des § 66 Abs. 2 leg. cit. vorliegt, die Sache erledige (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1986, Zl. 85/11/0278). In seinem Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Zl. 84/05/0240, angeschl. Slg. N.F. Nr. 11.795/A, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem verstärkten Senat klargestellt, daß der Rechtsanspruch des Nachbarn darauf, daß im Falle der Verletzung seiner von der Baubehörde wahrzunehmenden Rechte eine baubehördliche Bewilligung nicht erteilt wird, ihm auch ein Beschwerderecht gegen eine kassatorische Entscheidung der Berufungsbehörde einräumt. Wurde dies in der zitierten Entscheidung für den Fall der Behebung eines das Bauansuchen abweisenden erstinstanzlichen Bescheides durch die Berufungsbehörde ausgesprochen, ist anders der vorliegende Fall zu beurteilen, in welchem die erteilte Baubewilligung auf Grund einer Berufung des Nachbarn von der Berufungsbehörde behoben wurde. Bedeutet die Entscheidung der Berufungsbehörde doch hier die Beseitigung gerade jenes erstinstanzlichen Bescheides, durch welchen die Beschwerdeführer sich in ihren Rechten verletzt erachteten. Anders als in dem der vorzitierten Entscheidung zugrunde gelegenen Fall trat durch die vorliegende Entscheidung der belangten Behörde auch eine Verschlechterung der Rechtstellung der Nachbarn nicht ein, wurde doch mit dem angefochtenen Bescheid nicht nur die bekämpfte Baubewilligung beseitigt, sondern hat die ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG durch die Berufungsbehörde zur Folge, daß die Unterbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf (vgl. Erkenntnis vom 18. Dezember 1986, Slg. N.F. Nr. 12.360/A). Die dargestellte Konsequenz der von den Beschwerdeführern aufgezeigten Rechtswidrigkeit des Bescheides der belangten Behörde beschwert indessen nur den Konsenswerber, nicht aber die Beschwerdeführer, deren subjektive öffentlich-rechtliche Abwehranspüche mit dem angefochtenen Bescheid in einer Weise befriedigt wurden, die ihnen das nunmehr in Anspruch genommene Beschwerderecht nehmen mußte (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1984, Zl. 83/06/0232).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenInhalt der Berufungsentscheidung KassationMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtVerhältnis zu anderen Materien und Normen Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050222.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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