TE Vfgh Beschluss 1988/12/1 G214/88, G215/88, G216/88, V183/88, V184/88, V185/88, V186/88, V187/88,

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Veröffentlicht am 01.12.1988
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
GelVerkG §10 Abs2
StVO 1960 §43
StVO 1960 §52 Z13b
StVO 1960 §96 Abs4

Leitsatz

Art139, Art140 B-VG; die Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat vom 2o. Jänner 1986 und vom 4. August 1986, mit denen ua. Halteverbote mit Ausnahmen für Taxis verfügt wurden, sind verkehrsbeschränkende Maßnahmen iS des §43 und nicht Festlegungen von Standplätzen iS des §96 Abs4 StVO - fehlende Präjudizialität dieser Verordnungen sowie des §96 Abs4 StVO für die Entscheidung des VfGH im zu V 32, 97, 116/88 geführten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der V des Landeshauptmannes von NÖ, LGBl. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat

Spruch

Die Verfahren werden eingestellt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Beim VfGH sind mehrere Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der V des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 15. Juli 1987, LGBl. 7001/5-0, über die Höchstzahlen von Kraftfahrzeugen für das Platzfuhrwerk-Gewerbe in Schwechat, einschließlich Flughafen Wien-Schwechat (in der Folge: TaxiV Schwechat) anhängig. Eines dieser Verfahren (protokolliert zu V 32/88) wurde vom VfGH von Amts wegen aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde gegen die Abweisung eines Ansuchens um Erteilung einer Konzession zur Ausübung des Taxigewerbes mit dem Standort in Schwechat eingeleitet; die beiden anderen Verfahren beruhen auf Anträgen, die der VwGH beim VfGH gestellt hat; sie sind beim VfGH zu V97/88 und V116/88 protokolliert.

2. Die TaxiV Schwechat ist auf §10 Abs2 des GelegenheitsverkehrsG, BGBl. 85/1952, in jener Fassung gestützt, die diese Bestimmung nach Aufhebung einiger Stellen in §5 dieses Gesetzes durch den VfGH (Kdm. BGBl. 427/1986) durch die Nov. BGBl. 125/1987 erhalten hat. Diese Gesetzesbestimmung lautet im Zusammenhang:

"§10. (1) Der Bundesminister für Verkehr (nunmehr Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) kann für die diesem BG unterliegenden Gewerbe mit V Vorschriften erlassen über

1. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit;

2. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderliche Beschaffenheit, Ausrüstung und Kennzeichnung der bei der Gewerbeausübung verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Betriebssicherheit und Eignung, insbesondere auch für Zwecke des Fremdenverkehrs;

3. die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Betriebs- und Beförderungsbedingungen; im Platzfuhrwerks-Gewerbe kann Beförderungspflicht und die Anbringung eines Fahrpreisanzeigers ....... vorgeschrieben werden, ........

(2) Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung und im Interesse der die Leistungen des betreffenden Gewerbes in Anspruch nehmenden Personen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten weitere Vorschriften, insbesondere über ein Verbot oder eine Beschränkung des Auffahrens auf Standplätzen (§96 Abs4 StVO 1960) einer Gemeinde mit Taxifahrzeugen, die auf Grund von Konzessionen mit einem Standort außerhalb der betreffenden Gemeinde eingesetzt werden, über eine bestimmte Reihenfolge im Auffahren auf Standplätzen, über die Entgegennahme von Fahrtaufträgen mittels Standplatztelefon oder Funk sowie über den Nachtdienst durch V festzulegen.

(Verfassungsbestimmung) Weiters hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs4 StVO) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten für jeweils drei Jahre durch V festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß §10a Abs1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der V bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen.

         (3) . . . . . ."

II.      1. Bei der Beratung in den Verfahren zur Prüfung der

TaxiV Schwechat sind beim VfGH Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit verschiedener Worte zweier Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat entstanden, mit denen gem. §25 und §43 Abs1 StVO Verkehrsbeschränkungen (und zwar u.a. Halteverbote mit Ausnahmen für Taxis enthaltenden Zusatztafeln) verfügt wurden.

Der Gerichtshof ging vorläufig davon aus, daß bei der Erlassung einer V über die Verhältniszahl gem. §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG unter anderem die Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze im Sinne des §96 Abs4 StVO zu berücksichtigen und bei Errechnung der kundzumachenden Höchstzahl die Zahl der auf den Standplätzen vorhandenen Auffahrmöglichkeiten mit der Verhältniszahl zu vervielfachen ist. Die Anzahl und Lage der Standplätze und die auf ihnen bestehenden Auffahrmöglichkeiten schienen sich somit - so meinte der VfGH weiter - aus der in §96 Abs4 StVO vorgesehenen Standplatzfestlegungs-V zu ergeben. Er nahm daher an, daß jene Verordnungen, mit denen die Standplätze festgelegt werden, bei Erlassung von Verordnungen gem. §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG anzuwenden sind.

Da der Bürgermeister der Stadtgemeinde Schwechat über Ersuchen des VfGH, ihm die im Zeitpunkt der Erlassung der TaxiV Schwechat am 15. Juli 1987 in Geltung gestandenen Standplatzfestlegungs-Verordnungen am Flughafen Wien-Schwechat zu übermitteln, zwei Verordnungen vorgelegt hat, mit denen gemäß §25 und §43 Abs1 StVO eine große Anzahl von Halte- und Parkverboten (darunter auch solche mit Ausnahmen für Taxis enthaltenden Zusatztafeln) erlassen wurde, und dazu mitgeteilt hat, daß dies "die zum Zeitpunkt 15.7.1987 in Geltung gestandenen Verordnungen" seien, "mit denen Taxi-Standplätze am Flughafen Wien-Schwechat festgelegt wurden", hat der VfGH weiters angenommen, daß einzelnen Bestimmungen der vorgelegten Verordnungen auch die Funktion von Standplatzfestlegungs-Verordnungen für den Bereich des Flughafens Wien-Schwechat zukomme.

Von diesen Annahmen ausgehend erachtete der VfGH die Prozeßvoraussetzungen für die Einleitung der Verordnungsprüfungsverfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit bestimmter Worte in den beiden genannten Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat für gegeben und beschloß, die Gesetzmäßigkeit

a) der Worte "sowie 'Halten und Parken verboten' (gem. §52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Anfang' und 'Ausgenommen 2 NÖ-Taxi'" bei Position 116 und der Worte "'Halten und Parken verboten' (gem. §52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ende' und 'Ausgenommen 2 NÖ-Taxi' sowie" bei Position 117 der V des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat vom 20. Jänner 1986, Zahl Abt. II/2-1440-8472/86 E, sowie

b) der Worte "1004 'Halten verboten' (gemäß §52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Doppelpfeil' (nach beiden Seiten weisender Pfeil)", der Worte "1005 'Halten verboten' (gemäß §52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Ende'." sowie der Worte "'Halten verboten' (gemäß §52 Ziff. 13b StVO) mit den Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' und 'Anfang'." bei Position 1009 der V des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat vom 4. August 1986, Zahl Abt. II/2-1440-9098/86 E,

von Amts wegen zu prüfen.

2. Seine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der durch die in Prüfung gezogenen Worte erfolgten Festlegung der Standplätze auf dem Flughafen Wien-Schwechat umschrieb der VfGH in dem die Verordnungsverfahren einleitenden Beschluß wie folgt:

"a) Es scheint, daß die in Prüfung gezogenen Regelungen (von denen der Gerichtshof auf Grund der Aktenvorlage durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde Schwechat ... vorläufig annimmt, daß sie sämtliche Standplatzfestlegungen im Gebiet des Flughafens umfassen) insofern gegen den Inhalt des §96 Abs4 StVO verstoßen, als damit Taxistandplätze in einem zu geringen Ausmaß vorgesehen sein dürften. Der VfGH teilt - zumindest vorläufig nicht die Bedenken von Dittrich-Stolzlechner (Österreichisches Straßenverkehrsrecht3 I, RZ 14 zu §96), daß die gesetzliche Determinierung hinsichtlich der Frage der zulässigen Anzahl von Standplätzen im Hinblick auf Art18 B-VG unzureichend sei; er meint vielmehr, daß es dem klaren Sinn und Zweck der Regelung entspricht, daß die Behörde bei der Festlegung der Anzahl der Standplätze nicht nur auf straßenpolizeilich relevante Momente, sondern u.a. auch darauf Bedacht zu nehmen hat, daß im Falle einer Festlegung von Taxistandplätzen in einer Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Auffahrmöglichkeiten zur Befriedigung des spezifischen Bedarfs nach Beförderungsleistungen mit Taxis zur Verfügung steht. Es dürfte also bei der Festlegung von Taxistandplätzen gem. §96 Abs4 StVO auf verschiedene Aspekte Bedacht zu nehmen sein, u.a. auch darauf, daß Auffahrmöglichkeiten in entsprechender Anzahl zur Verfügung stehen.

Von dieser Auffassung ausgehend scheinen dem VfGH die im Spruch genannten Verordnungsstellen dem §96 Abs4 StVO deshalb zu widersprechen, weil auf den zuletzt genannten Aspekt in völlig unzureichender Weise Bedacht genommen worden sein dürfte. Denn die Gesamtzahl der ankunftsseitig festgelegten Taxistandplätze am Flughafen Wien-Schwechat (nach dem die TaxiV Schwechat betreffenden Verordnungsakt sind Standplätze mit insgesamt elf Auffahrmöglichkeiten festgelegt) dürfte im Hinblick auf den am Flughafen Wien-Schwechat vorherrschenden Bedarf viel zu gering bemessen sein. Dafür dürfte als Indiz die Tatsache sprechen, daß - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH im Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat hervorgekommen ist - ein Verein der Taxiunternehmer von der Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. einen privaten Parkplatz in unmittelbarer Nähe der festgelegten Standplätze gepachtet hat, um den tatsächlichen Betriebserfordernissen zu entsprechen. Auch geht aus einer Eingabe der Fachgruppe für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen in der niederösterreichischen Handelskammer an das Amt der NÖ Landesregierung vom 8. Mai 1987 (die im Verfahren zur Festlegung der Verhältniszahl ergangen ist und in dem die TaxiV Schwechat betreffenden Verordnungsakt einliegt) hervor, daß diese Anmietung erforderlich war, weil die zur Verfügung stehenden Auffahrmöglichkeiten den Bedarf nicht zu decken vermögen.

b) Insbesondere scheint es unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig zu sein, daß Taxistandplätze festgelegt worden sein dürften, die nur über eine Privatstraße zu erreichen sind, für deren Benützung der Flughafenbetriebsgesellschaft - wie sich aus dem Verordnungsakt ergibt - ein Entgelt zu bezahlen ist. In einem Schreiben der Stadtgemeinde Schwechat an das Amt der NÖ Landesregierung vom 3. November 1986 wird nämlich ausgeführt, die Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. hebe - da die betreffende Straße eine Privatstraße sei - 'für die Berechtigung, diesen Standplatz anfahren zu dürfen, Gebühren ein'. Der VfGH hegt angesichts dieser im konkreten Fall gegebenen Umstände Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Festlegung von Taxistandplätzen auf Verkehrsflächen, die nur dann zu erreichen sind, wenn eine private Institution hiezu ihre Zustimmung erteilt.

c) Der VfGH hegt auch Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Einschränkung der Benützung der festgelegten Taxistandplätze durch die Verfügung der Anbringung der Zusatztafeln 'Ausgenommen NÖ Taxi' in den in Prüfung gezogenen Wortfolgen. Er ist vorläufig der Auffassung, daß die Beschränkung der Auffahrmöglichkeit auf Taxistandplätze auf Taxis mit niederösterreichischem Kennzeichen nicht auf §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG gestützt werden kann und auch sonst einer gesetzlichen Deckung ermangelt, einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt und überdies das Gebot der Wirtschaftsgebietseinheit gemäß Art4 B-VG verletzen dürfte.

d) Schließlich hegt der VfGH das Bedenken, daß die Standplatzfestlegungs-Verordnungen nicht in dem in §96 Abs4 erster Satz vorgesehenen Verfahren zustande gekommen sind. Diese Bestimmung dürfte nämlich die Erlassung einer Standplatzfestlegungs-V vom Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung abhängig machen (vgl. Dittrich-Stolzlechner, aaO). In dem vom Bürgermeister von Schwechat vorgelegten Verordnungsakt findet sich aber kein Antrag der Interessenvertretung der zum Betrieb von Platzfuhrwerk-Gewerben Berechtigten (das ist die Fachgruppe für die Beförderungsgewerbe mit PKW in der Handelskammer Niederösterreich), ja nicht einmal eine Stellungnahme dieser Interessenvertretung. Die Beiziehung eines Vertreters der Bezirksstelle Schwechat der Handelskammer Niederösterreich zu den der Verordnungserlassung jeweils vorangegangenen Augenscheinsverhandlungen dürfte das im Gesetz vorgesehene Erfordernis der Antragstellung durch die Interessenvertretung einerseits deshalb nicht zu erfüllen in der Lage sein, weil eine solche Beiziehung zu einer Verhandlung von ganz anderer Qualität zu sein scheint als eine Antragstellung, andererseits auch deshalb, weil die Handelskammer Niederösterreich von Gesetzes wegen durchaus nicht (bloß) dieselben Interessen zu vertreten berufen ist wie die zuständige gesetzliche Interessenvertretung der betroffenen Gewerbetreibenden (also die Fachgruppe)."

III. 1. Beim VfGH sind weiters Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Worte "auf Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung" im ersten Satz des §96 Abs4 StVO entstanden. Der VfGH hat daher auch beschlossen, ein Gesetzesprüfungsverfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Wortfolge in §96 Abs4 StVO idF BGBl. 174/1983 einzuleiten.

Diese Bestimmung lautet (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"(4) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung die Standplätze von Fahrzeugen des Platzfuhrwerks-Gewerbes (Taxi-Gewerbes) sowie des Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-) Gewerbes festzusetzen. Dabei hat sie unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Abstellflächen und deren beste Ausnützung für diese Standplätze entweder nur das Parken oder für den ganzen Bereich des Standplatzes oder nur für einen Teil desselben auch das Halten zu verbieten. Die Standplätze sind durch die Vorschriftszeichen nach §52 Z13a bzw. 13b mit den entsprechenden Zusatztafeln, zum Beispiel mit der Aufschrift 'Ausgenommen ... Taxi', zu kennzeichnen. Die Vorschriften dieses Absatzes gelten sinngemäß auch für die Standplätze des mit Pferden betriebenen Platzfuhrwerks-Gewerbes mit der Maßgabe, daß an Stelle des Ausdruckes 'Taxi' der Ausdruck 'Fiaker' zu verwenden ist."

Der Gerichtshof nahm an, daß er bei Prüfung der oben genannten Worte der Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat, mit denen Halte- und Parkverbote ausgenommen für Taxis angeordnet wurden, die in Prüfung gezogenen Worte des ersten Satzes des §96 Abs4 StVO anzuwenden habe. Denn er habe zu prüfen, ob bei der Verordnungserlassung den in der zitierten Gesetzesbestimmung vorgesehenen Erzeugungsbedingungen entsprochen worden sei. Auch wenn dies wie der Gerichtshof im Hinblick auf die in Prüfung gezogenen Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat annahm - nicht der Fall gewesen sein sollte, also der Bürgermeister die fraglichen Worte in §96 Abs4 StVO nicht angewendet haben sollte, dürfte sie jedoch der VfGH bei Prüfung der Verordnungen des Bürgermeisters jedenfalls anzuwenden haben.

2. Der Gerichtshof hegte das Bedenken, daß die in Prüfung gezogene Wortfolge in §96 Abs4 StVO dem dem Gleichheitsgebot des B-VG innewohnenden Sachlichkeitsgebot, das auch den Gesetzgeber bindet, aus folgenden Gründen widerspricht:

"a) Die ratio legis für die in Prüfung gezogene Wortfolge, die der gesetzlichen Interessenvertretung der Taxigewerbetreibenden die Möglichkeit einräumt, Anträge auf Neufestsetzung von Taxistandplätzen und deren Verlegung (vgl. Dittrich-Stolzlechner aaO, RZ 15) zu stellen und die ein entsprechendes behördliches Handeln von einem solchen Antrag abhängig macht (vgl. Dittrich-Stolzlechner, aaO, RZ 14), war es zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Bestimmung zweifellos, jener Selbstverwaltungseinrichtung eine entsprechende Kompetenz zur Einleitung eines Verfahrens zur Festsetzung von Taxistandplätzen zu geben, deren Mitglieder durch eine unzureichende Anzahl von Auffahrmöglichkeiten unmittelbar betroffen sind und diesen Mangel wohl in aller Regel zunächst registrieren. Dementsprechend wurde eine derartige Antragslegitimation auch nur für die Festsetzung, nicht aber für die Aufhebung bzw. Verringerung von Standplätzen vorgesehen (vgl. Dittrich-Stolzlechner aaO, RZ 15).

b) Durch die Neugestaltung des §10 GelegenheitsverkehrsG durch die Nov. 1987 ist diese Bestimmung allerdings in ein neues rechtliches Umfeld gestellt worden. Da sich die Höchstzahl der für den Betrieb des Taxigewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeuge aus einer Multiplikation der Verhältniszahl gemäß §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG mit den auf den gemäß §96 Abs4 StVO festgelegten Standplätzen zur Verfügung stehenden Auffahrplätzen ergibt, dürfte die Interessenvertretung der Konzessionsinhaber im Regelfall einer Festlegung neuer Taxistandplätze ablehnend gegenüberstehen, bedeutet doch jede Erhöhung der Auffahrmöglichkeiten auch eine (eine stärkere Konkurrenz bewirkende) Erhöhung der zuzulassenden Taxi-Kraftfahrzeuge.

Während also die Regelung zunächst - in sachlich begründeter Weise - das Interesse der Gewerbetreibenden an ausreichenden Auffahrmöglichkeiten zum Anknüpfungspunkt für ein Verfahren zur Schaffung neuer Auffahrmöglichkeiten gemacht hat, dürfte sie nunmehr im Regelfall bewirken, daß ein entsprechender Antrag zur Schaffung neuer Auffahrmöglichkeiten (und damit verbunden: zur Erhöhung der Höchstzahl zuzulassender Taxi-Kraftfahrzeuge) nicht gestellt wird. Damit dürfte eine Neufestlegung von Taxistandplätzen und eine Erhöhung der zulässigen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen - da eine entsprechende Antragstellung durch die Interessenvertretung im Regelfall nicht zu erwarten ist - praktisch unmöglich gemacht worden sein. Eine Regelung, die solches bewirkt, dürfte dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot und infolge der geschilderten Verschränkung mit den gem. §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG zu erlassenden Verhältniszahlverordnungen auch dem Verfassungsgebot der Erwerbsausübungsfreiheit (vgl. VfGH v. 23.6.1988, V29/88 ua.) widersprechen, weshalb der VfGH hinsichtlich jener Wortfolge, die dieses Ergebnis zu bewirken scheint, das Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten hatte.

c) Im Gesetzesprüfungsverfahren wird allerdings zu prüfen sein, ob nicht der durch die in Prüfung gezogenen Worte bewirkten Regelung in verfassungskonformer Interpretation ein anderer Inhalt beizulegen ist, etwa derart, daß neben einer Standplatzfestlegung auf Antrag der Interessenvertretung auch eine Festlegung von Amts wegen zulässig ist, oder derart, daß der Antrag der Interessenvertretung bloß als Anregung zu deuten ist und der Antragstellung die ihr zugemessene Bedeutung, das Handeln der Verwaltungsbehörde erst zu ermöglichen, gar nicht zukommt; auch wird zu erwägen sein, ob die Regelung einer Deutung dahin zugänglich ist, daß sie für die Verwaltungsbehörde zwar eine Antragsbindung hinsichtlich der Frage bewirkt, ob in einer Gemeinde überhaupt Standplätze zu errichten sind, aber hinsichtlich der konkreten Standplatzfestlegung keine Bindungswirkung entfaltet."

IV. 1. Die Bundesregierung hat in einer Stellungnahme die Auffassung vertreten, daß die vom VfGH erwogenen verfassungskonformen Deutungen der in Prüfung gezogenen Wortfolge nicht in Betracht gezogen werden können und mitgeteilt, daß sie im übrigen von einer meritorischen Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren absieht.

2.a) Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Schwechat bestritt in seiner Stellungnahme, daß es sich bei den hinsichtlich bestimmter Worte in Prüfung stehenden Verordnungen um Standplatzfestlegungen im Sinne des §96 Abs4 StVO handelt. Er führte aus, daß die in den genannten Verordnungen verfügten Halte- und Parkverbote, von denen Taxis mit niederösterreichischem Kennzeichen ausgenommen sind, im Sinne des §43 Abs1 StVO im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf dem Gelände des Flughafens Wien-Schwechat festgelegt wurden.

Sodann heißt es in der genannten Stellungnahme:

"Diese Halte- und Parkverbote wurden verordnet, um den Taxis eine geordnete Zufahrtsmöglichkeit im Bereich der Abflugrampe und des Ankunftsgebäudes zu schaffen, da diese Bereiche erfahrungsgemäß von Bussen und PKW ständig verparkt sind und Taxis ansonsten in zweiter Spur hätten anhalten müssen.

Unter diesen Voraussetzungen schien die festgelegte Anzahl von Vorfahrmöglichkeiten für Taxis als ausreichend, da es sich lediglich um eine Zufahrordnung und nicht um eine Standplatzfestlegung im Sinne des §96 Abs4 StVO 1960 handelt.

Die gesetzliche Interessenvertretung des Taxigewerbes wurde zu beiden Verhandlungen geladen ... Es wurde jedoch weder im Zuge der Verhandlung noch zu einem späteren Zeitpunkt ein Antrag um Erweiterung bzw. Festlegung von Taxistandplätzen von der Interessenvertretung des Taxigewerbes an die Stadtgemeinde Schwechat gestellt, sodaß auch keine eigene Standplatzfestlegungs-V entsprechend dem Wortlaut des §96 Abs4 StVO 1960 ... erlassen wurde."

b) Die Niederösterreichische Landesregierung ging hingegen von der Qualifikation der Verordnungen als Standplatzfestlegungs-Verordnungen im Sinne des §96 Abs4 StVO aus. Sie verteidigte die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat insbesondere mit dem Argument, daß die örtlichen Verhältnisse am Flughafen Wien-Schwechat es nicht zuließen, eine größere Anzahl von Auffahrplätzen auf Taxistandplätze festzulegen, daß die Annahme, daß Taxistandplätze am Flughafen Wien-Schwechat nur über eine Privatstraße gegen Entgelt zu erreichen seien, nicht zutreffe und daß §96 Abs4 StVO bei verfassungskonformer Interpretation auch so ausgelegt werden könne, daß ein Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung für die Standplatzfestlegungs-V nicht erforderlich sei.

Dem Bedenken des VfGH, daß die Beschränkung der Auffahrmöglichkeit auf Taxistandplätze durch die jeweilige Wortfolge "ausgenommen NÖ Taxi" auf Taxis mit niederösterreichischem Kennzeichen gesetzlich nicht gedeckt sei, pflichtet die Landesregierung bei, meint jedoch, daß diese Gesetzwidrigkeit lediglich die Aufhebung der jeweiligen Buchstabenfolge "NÖ" in den in Prüfung gezogenen Verordnungen erfordere. Resümierend beantragt die Niederösterreichische Landesregierung, der VfGH wolle bei den in Prüfung gezogenen Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat lediglich die Buchstabenfolge "NÖ" als gesetzwidrig aufheben, im übrigen aber die Verordnungen als gesetzmäßig erkennen.

Für den Fall, daß es doch zu einer weiteren Aufhebung komme, wird beantragt, der Gerichtshof möge gem. Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von sechs Monaten bestimmen, damit die erforderlichen Erhebungen vor Neuerlassung einer V durchgeführt werden können.

V. Der VfGH hat in den Verordnungsprüfungsverfahren erwogen:

1. Zweifel an der Zulässigkeit der Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der TaxiV Schwechat sind nicht entstanden. Zu prüfen bleibt jedoch, ob die Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat als Verordnungen im Sinne des §96 Abs4 StVO zu deuten sind, wie dies der VfGH in seinem

Prüfungsbeschluß angenommen hat. Trifft diese Annahme nicht zu, dann hätte der Gerichtshof bei der Prüfung der TaxiV Schwechat die hinsichtlich einiger Worte in Prüfung gezogenen Vorschriften des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat gar nicht anzuwenden. Zwar ist eine Standplatzfestlegungs-V nach §96 Abs4 StVO Voraussetzung für eine V gem. §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG; einer V, mit der gem. §43 StVO (bloß) Verkehrsbeschränkungen (unter Umständen auch solche, die für Taxis maßgeblich sind) festgelegt werden, kommt aber nicht die Qualifikation einer Standplatzfestlegungs-V im Sinne des §96 Abs4 StVO zu.

2. Während nun die Niederösterreichische Landesregierung - in Übereinstimmung mit der vorläufigen Annahme des VfGH davon ausgeht, daß die Verkehrsbeschränkungen gem. §43 Abs1 StVO, die der Bürgermeister der Stadtgemeinde Schwechat verfügt hat, materiell gesehen auch die Funktion von Standplatzfestlegungs-Verordnungen im Sinne des §96 Abs4 StVO haben, widerspricht der Bürgermeister der Stadtgemeinde Schwechat dieser Ansicht.

Er ist mit seiner Auffassung im Recht:

Zunächst ist festzuhalten, daß nicht jede nach §43 StVO erlassene Anordnung eines Halte- oder Parkverbots mit einer eine Ausnahme für Taxis enthaltenden Zusatztafel auch schon eine Standplatzfestlegung im Sinne des §96 Abs4 StVO bewirkt. Da das Bestehen einer V im Sinne des §96 Abs4 StVO zu bestimmten Konsequenzen im Hinblick auf den Betrieb von Taxis führt (so etwa zum prinzipiellen Verbot der Aufnahme von Fahrgästen außerhalb der festgelegten Standplätze; vgl. §46 Abs1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986), geht es nicht an, schon jede einschlägige Maßnahme einer Verkehrsbeschränkung nach §43 StVO als Standplatzfestlegung zu verstehen. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Möglichkeit in die Betrachtung mit einbezieht, daß etwa aus Anlaß besonderer Veranstaltungen - einschlägige Verkehrsbeschränkungen auch nur für vorübergehende und relativ kurze Zeiträume festgelegt werden können. Daß die Qualifikation einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme nur aus dem Verordnungstext, nicht aber aus ihrer Kundmachung erkennbar ist, mag unbefriedigend sein, ändert aber nichts daran, daß nicht jedes Halte- oder Parkverbot mit einer eine Ausnahme für Taxis enthaltenden Zusatztafel schon eine Standplatzfestlegungs-V ist.

Aus den den Verordnungserlassungen zugrundeliegenden Verwaltungsakten ergeben sich nun aber keine Anhaltspunkte dafür, daß die in Prüfung gezogenen, gem. §43 StVO erlassenen und auf diese Bestimmung gestützten Verordnungen als Festlegungen im Sinne des §96 Abs4 StVO verstanden wurden. Daß dieses Verständnis beim verordnungserlassenden Organ auch heute nicht besteht, belegt die oben wiedergegebene Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat. Es fehlt nicht nur worauf der Bürgermeister hinweist - an einer entsprechenden Antragstellung durch die Interessenvertretung, es spricht auch der Kontext der in Prüfung stehenden Festlegung mit anderen Verfügungen in derselben V gegen die Qualifikation als Standplatzfestlegungs-V. Auch wird durch die Verordnungsakten klar, daß eine Festlegungsverordnung im Sinne des §96 Abs4 StVO gar nicht erwogen wurde: Die im Akt befindlichen Unterlagen, wie etwa die Niederschriften über die abgeführten Verhandlungen zeigen, daß die Behörde stets nur geprüft hat, ob die für eine Verkehrsbeschränkung gem. §43 StVO erforderlichen Voraussetzungen und die für einen Flughafen erforderlichen besonderen Sicherheitsvoraussetzungen gegeben sind, Voraussetzungen und Konsequenzen einer Standplatzfestlegungs-V aber nicht zur Diskussion standen.

Der Sache nach findet sich die Qualifikation der Verordnungen des Bürgermeisters als Standplatzfestlegungs-Verordnungen erstmals bei den Erwägungen, die zur Erlassung einer V des Landeshauptmanns gem. §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG für das Gebiet der Stadtgemeinde Schwechat (also der TaxiV Schwechat) geführt haben. Zwar werden auch dort die in Rede stehenden Verordnungen nicht explizit als Standplatzfestlegungs-Verordnungen qualifiziert, doch gehen die Argumente, die zur TaxiV Schwechat geführt haben, von einer derartigen Qualifikation aus. Dies hat auch den VfGH zu der oben wiedergegebenen vorläufigen Annahme bewogen, die jedoch im Lichte der Äußerung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat und der Verwaltungsakten nicht aufrecht erhalten werden kann.

3. Da somit die hinsichtlich einiger Worte in Prüfung gezogenen Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat nicht als Festlegungen von Taxistandplätzen im Sinne des §96 Abs4 StVO anzusehen sind, sind sie vom VfGH bei Prüfung der TaxiV Schwechat auch nicht in dem Sinne anzuwenden, daß sie eine Voraussetzung für die Entscheidung des VfGH bei Prüfung dieser V darstellen. Es fehlt daher eine der notwendigen Prozeßvoraussetzungen für die Prüfung der beiden Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat, sodaß die Verordnungsprüfungsverfahren einzustellen waren, ohne daß die Frage der Gesetzmäßigkeit der als Verfügung von Verkehrsbeschränkungen im Sinne des §43 StVO zu deutenden Verordnungen behandelt werden konnte.

VI. Die Gesetzesprüfungsverfahren hat der VfGH eingeleitet, weil er annahm, daß er bei Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der hinsichtlich einiger Worte in Prüfung gezogenen Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat §96 Abs4 StVO anzuwenden habe. Diese Annahme trifft freilich nur unter der Voraussetzung zu, daß es sich bei den in Prüfung gezogenen Verordnungen um solche im Sinne des §96 Abs4 StVO handelt. Da diese Annahme - wie unter Pkt. V. dargetan nicht zutrifft, fehlt auch für das Gesetzesprüfungsverfahren eine Zulässigkeitsvoraussetzung, weshalb auch dieses Verfahren einzustellen war.

VII. Diese Entscheidung konnte gem. §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Verkehrsbeschränkungen, Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:G214.1988

Dokumentnummer

JFT_10118799_88G00214_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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