TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/17 90/08/0151

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.1991
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Nikolaus

B in W, vertreten durch Dr. H Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 27. Juni 1990, Zl. 120.621/3-7/90, betreffend Versicherungs- und Beitragspflicht sowie Beitragshöhe (mitbeteiligte Parteien: 1.) Silvia R in W, 2.) Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz 3.) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Wien,

4.) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Februar 1988 stellte die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (im folgenden Gebietskrankenkasse) fest, daß die mitbeteiligte Silva R (im folgenden R.) hinsichtlich ihrer Beschäftigung beim Beschwerdeführer auch in der Zeit vom 28. März 1984 bis 30. September 1984 Dienstnehmer im Sinne des § 4 "Abs. 1" (gemeint Abs. 2) ASVG gewesen und somit gemäß § 4 Abs. 1 ASVG der Vollversicherung und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Arbeitslosenversicherung unterlegen sei. Begründend wurde ausgeführt, es sei bei der im Zeitraum vom 30. Juni 1987 bis 17. August 1987 vorgenommenen Beitragsprüfung festgestellt worden, daß R. in der Zeit vom 5. April 1983 bis 15. April 1985 durchlaufend beschäftigt gewesen sei. Sie sei jedoch vom Beschwerdeführer für die im Spruch genannte Zeit von der Pflichtversicherung abgemeldet worden. R. habe in der mit ihr aufgenommenen Niederschrift (vom 13. August 1987) folgendes angegeben:

"Ich war vom 5.4.1983 bis 15.4.1985 bei Herrn B - X Shop durchgehend beschäftigt.

Daß ich in der Zeit vom 28.3.1984 bis 30.9.1984 nicht angemeldet war, ist mir nicht bekannt gewesen. Herr B sagte zu dieser Abmeldung im nachhinein, wie ich einen Krankenschein gebraucht habe, daß er sich dadurch Steuern und Krankenkassenbeiträge erspare, und uns entstehe kein Nachteil. Als Entlohnung habe ich monatlich S 10.000,-- netto erhalten. Meine Arbeitszeit war durchschnittlich von 10.00 - 22.00, Montag bis Freitag."

Diesen Angaben zufolge habe auch für die im Spruch genannte Zeit Versicherungspflicht bestanden, weshalb die nachträgliche Einbeziehung der R. in die Pflichtversicherung vorgenommen worden sei.

Mit einem weiteren Bescheid vom 26. Februar 1988 stellte die Gebietskrankenkasse fest, daß der Beschwerdeführer als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet sei, für die in der mitfolgenden Beitragsrechnung namentlich angeführten (acht) Versicherten (darunter auch R.) und bezeichneten Zeiträume allgemeine Beiträge in Höhe von S 260.106,40 und Sonderbeiträge in Höhe von S 44.515,10 zu entrichten; außerdem werde gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag in Höhe von S 100.200,-- vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide Einspruch. Gegen den die Versicherungspflicht der R. betreffenden Bescheid wandte er ein, er halte es für bedenklich, daß den Aussagen entlassener Dienstnehmerinnen aus dem Halbwelt-Milieu mehr Bedeutung und Glaubwürdigkeit zugemessen werde als den laufend und ordnungsgemäß erstatteten An- und Abmeldungen durch den Dienstgeber. So sei auch die Aussage der R. über die Beschäftigungsdauer unrichtig. Sie habe über eigenen Wunsch ihr Dienstverhältnis aus privaten Gründen vom 28. März 1984 bis 30. September 1984 unterbrochen. Wenn sie jetzt eine andere Aussage mache, so möge die Begründung im Wunsch nach längerer anrechenbarer Pensions- und Arbeitslosenversicherungszeit zu suchen sein.

Im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. September 1989 heißt es im Vorspruch, die Gebietskrankenkasse habe mit Bescheid vom 26. Februar 1988 festgestellt, daß R. hinsichtlich ihrer Beschäftigung beim Beschwerdeführer auch in der Zeit vom 28. März 1984 bis 30. September 1984 Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 1 ASVG gewesen und somit in diesem Zeitraum der Vollversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch eingebracht. Auf Grund dieses Einspruches ergehe vom Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung und als Rechtsmittelbehörde gemäß § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG der Spruch, es werde dem Einspruch keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

Begründet wurde der Bescheid nach Wiedergabe der Begründung des die Versicherungspflicht der R. betreffenden Bescheides der Gebietskrankenkasse und des Einspruchsvorbringens (vom Verwaltungsgerichtshof nur hinsichtlich der Bezeichnungen für "Gebietskrankenkasse", "Beschwerdeführer" und "R." abgeändert) wie folgt:

"Im Vorlagebericht vom 26.5.1988 gibt die Gebietskrankenkasse zum Sachverhalt ergänzend an, daß die Aussagen des Beschwerdeführers deswegen nicht glaubhaft seien, als er sich selbst im Jahre 1980 bis 1983 hinsichtlich der Tätigkeit in seinem eigenen Geschäft als Dienstnehmer zur Pflichtversicherung angemeldet und auch Arbeitslosengeld bezogen habe, jedoch mit rechtskräftigem Bescheid rückwirkend von dieser Pflichtversicherung ausgeschlossen worden sei. Aus einem Arbeitsgerichtsverfahren, das von einer weiteren Dienstnehmerin, nämlich von Frau Gisela F, angestrebt und in welchem die Forderung der Genannten rechtskräftig anerkannt worden sei, gehe ebenfalls hervor, daß auch diese Genannte zeitweise von der Pflichtversicherung abgemeldet worden sei, obwohl in diesem Verfahren von Zeugen glaubhaft dargelegt worden sei, daß dieses Beschäftigungsverhältnis keine Unterbrechung erfahren habe. Weiters sei diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer selbst dahingehend eine Aussage gemacht habe, daß R. ca. zwei Jahre lang im Geschäft gearbeitet habe, was sich auch mit der Aussage von R. decke.

In einer Stellungnahme vom 1.7.1988 äußerte sich der Beschwerdeführer im wesentlichen dahingehend, daß die übereinstimmenden Aussagen von R. und Frau F sich decken, da sich diese abgesprochen haben und seine Lebensgemeinschaft mit Frau F aufgrund verschiedener Exzesse auseinander gegangen sei, weshalb diese Aussagen nicht glaubwürdig seien. Auch die Tatsache, daß er sich einige Male als Dienstnehmer in seinem Betrieb angemeldet habe, könnte nicht gegen seine Glaubwürdigkeit verwendet werden, sondern der Betrieb sei aus gewerberechtlichen Gründen auf den Namen von Frau S geführt worden und er sei der Meinung gewesen, sich zur Gebietskrankenkasse anmelden zu müssen. Frau F sei aufgrund der Tatsache, daß sie mit ihm in Lebensgemeinschaft gelebt und in familiärer Weise geholfen habe, abgemeldet worden.

In der Folge hat die erkennende Behörde in den oben erwähnten Gerichtsakt des Arbeitsgerichtes Wels sowie in das folgende Berufungs- bzw. Revisionsverfahren (Cr 198/85) Einsicht genommen und den vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5.7.1988 namhaft gemachten Zeugen Bruno W am 4.8.1988 niederschriftlich einvernommen, ebenso die Beteiligte R. Herr W führt in jenen Punkten, die zur Klärung des Sachverhaltes wichtig sind, aus, daß er R. kenne, und zwar nur mit Namen 'A'. Diese habe im Spätherbst 1983 einen schweren Autounfall gehabt. Zu Beginn der Badesaison ca. Mai 1984 sei er erstmals wieder in das besagte Lokal 'X Shop' gekommen und 'A' sei mit Sicherheit nicht dort gewesen. Er habe zuerst gedacht, daß das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Unfallfolgen gelöst worden sei. Im Spätherbst 1984 sei R. wieder im Lokal beschäftigt gewesen. In den Sommermonaten sei er regelmäßig untertags, und zwar mehrmals in der Woche, in diesem Lokal gewesen. 'A' sei jedoch in dieser Zeit nicht tätig gewesen. R. gibt mit dem bisherigen Sachverhalt vertraut gemacht an, daß sie irgendwann im Frühjahr oder im Sommer 1984 ihren zweiten schweren Autounfall erlitten habe. Sie sei ca. drei Wochen in Spitalsbehandlung und anschließend einige Monate im Krankenstand gewesen. An die Länge ihres Krankenstandes könne sie sich nicht mehr genau erinnern. Im Spital habe sie angegeben, beim Beschwerdeführer versichert zu sein, dieser habe sie jedoch anscheinend zwischenzeitig ohne ihr Wissen von der Versicherungspflicht abgemeldet. Dies sei ihr und auch ihrer Kollegin Frau F öfters passiert. Sie hätten diesen Umstand jeweils dann erfahren, wenn sie oder der Sohn von Frau F einen Arzt benötigt hätten. In diesen Fällen seien sie im nachhinein immer wieder rückwirkend angemeldet worden. Die Aussage des Herrn W könne sie sich deshalb erklären, da sie in diesem Zeitraum unfallsbedingt im Krankenstand gewesen sei. Sofort nach Beendigung des Krankenstandes habe sie wieder beim Beschwerdeführer gearbeitet. Ob dieser sie sofort nach Arbeitsbeginn angemeldet habe oder nicht, könne sie nicht sagen. Sie habe weder Lohnzettel noch sonstige Unterlagen ausgehändigt bekommen. Zwischen Brutto- und Nettolohn könne sie sehr wohl unterscheiden. Auch bezüglich ihrer Entlohnung lägen die Fakten im Arbeitsgerichtsakt auf. Bemerken möchte sie noch, daß sie anläßlich ihres unfallbedingten zweiten Krankenhausaufenthaltes sämtliche Kosten für Spital etc. selbst habe tragen müssen und noch heute daran zahle, obwohl sie angenommen habe, krankenversichert zu sein.

Aus dem Gerichtsakt, und zwar aus dem Verhandlungsprotokoll vom 8.1.1986 beim Arbeitsgericht Wels (Seite 3), geht hervor, daß der Beschwerdeführer anläßlich einer Zeugeneinvernahme nach Wahrheitserinnerung u.a. angegeben hat, daß im Zeitraum 1980 bis 1985 auch die Zeugin R. jeweils ca. 2 1/2 Jahre im Geschäft angestellt gewesen sei. Auf Seite 11 des Verhandlungsprotokolls wird vom Beschwerdeführer angegeben, daß die Zeugin R. ca. zwei Jahre lang im Geschäft gearbeitet hat. Diese Angaben decken sich auch mit den von der Gebietskrankenkasse getroffenen Feststellungen und mit der Aussage von R. vor der Gebietskrankenkasse vom 13.8.1987, worin diese angibt, vom 5.4.1983 bis 15.4.1983 beim Beschwerdeführer beschäftigt, jedoch in der Zeit vom 28.3.1984 bis 30.9.1984 nicht zur Pflichtversicherung angemeldet gewesen zu sein. Auch auf Seite 6 des erwähnten Gerichtsprotokolls gibt der Beschwerdeführer u.a. an, daß die Zeugin R. am 15.4.1985 entlassen worden sei. Dieser Umstand wird dann nochmals auf Seite 8 erwähnt, wo wiederum von der Entlassung der Zeugin R. im April 1985 gesprochen wurde. Nirgends wendet der Beschwerdeführer ein, daß R. sechs Monate, und zwar vom 28.3.1984 bis 30.9.1984, nicht in seinem Betrieb beschäftigt gewesen sei. R. gibt auch in diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls vom 26.2.1986) u. a. an, daß sie während ihres Dienstverhältnisses eine Zeit lang nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen und auf diesen Umstand erst aufmerksam geworden sei, als sie einen Krankenschein benötigt habe. Der Beschwerdeführer widersprach in diesen angeführten Punkten der Aussage der Zeugin R. anläßlich einer Gegenüberstellung (Seite 22 und 23 des genannten Protokolls) nicht. Da auch Frau Gisela F als Klägerin anläßlich ihrer Einvernahme vor Gericht am 26.4.1986 u.a. sinngemäß vorbringt, während ihrer Tätigkeit zeitweise von der Gebietskrankenkasse abgemeldet gewesen zu sein, sie diese Aussage auch am 13.8.1987 vor der Gebietskrankenkasse wiederholte, und auch vom Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht rechtskräftig festgestellt wurde, daß im Falle F trotz Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses vom Beschwerdeführer zugestanden wurde, daß die Genannte längere Zeit nicht zur Pflichtversicherung gemeldet war, besteht für die erkennende Behörde, trotz der nunmehr gegenteiligen Behauptung des Beschwerdeführers, kein Zweifel an der Richtigkeit der Angaben von R.

Dazu kommt, daß auf der Abmeldung von R. bei der Gebietskrankenkasse durch den Dienstgeber 'X Shop' per 27.3.1984 als Abmeldungsgrund 'Entlassung' angegeben wurde. Somit ist der Einwand des Beschwerdeführers widerlegt, daß R. aus 'privaten' Gründen oder 'aufgrund seiner Vorhalte' ihre Tätigkeit in seinem Betrieb eingestellt habe.

Zum Einwand, die Genannte hätte anläßlich ihres Aufenthaltes im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern vom hl. Kreuz in Wels ab 29.6.1984 selbst angegeben, seit einem Monat arbeitslos zu sein, wird festgestellt, daß dies nach Einsicht in die Spitalsunterlagen richtig ist; R. war nämlich ab 16.4.1984 - somit etwa 1 Monat nach der Abmeldung durch den Dienstgeber - in der Landesfrauenklinik Wels in stationärer Behandlung und hat dort anläßlich ihrer Aufnahme angegeben, bei der Firma S, Handel aller Art, Wels, Vogelweiderstraße, beschäftigt zu sein. Dies deckt sich auch mit ihrer Aussage, daß sie erst anläßlich einer Krankheit davon Kenntnis erlangt hat, ohne ihr Wissen von der Versicherung abgemeldet worden zu sein. Dies war auch der Grund, daß sie während des zweiten Krankenhausaufenthaltes von der Abmeldung gewußt hat.

Was die Aussagen des Zeugen W betrifft, stimmt die erkennende Behörde der Ansicht der Gebietskrankenkasse zu, wenn diese in ihrer Stellungnahme vom 29.9.1988 ausführt, daß Herr W das Lokal seinen Angaben nach im fraglichen Zeitraum regelmäßig besucht habe, und zwar drei- bis viermal in der Woche während des Tages. Der genannte Zeuge war jedoch im Zeitraum 2.7.1984 bis 21.10.1984 bei der Firma H Ges.m.b.H., in Sch, als Dienstnehmer zur Pflichtversicherung gemeldet. Es kann somit nicht angenommen werden, daß dieser während seiner Dienstnehmertätigkeit untertags drei- bis viermal in der Woche das besagte Lokal des Beschwerdeführers aufgesucht hat. Die in der folgenden Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7.11.1988 ins Treffen geführten Argumente gehen insofern ins Leere, als er, wie oben ausgeführt, auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren sehr wohl Gelegenheit hatte, auf die fraglichen Angaben von R. eine Stellungnahme abzugeben, und die Gebietskrankenkasse kann sehr wohl aufgrund des im Zeitraum 2.7.1984 bis 21.10.1984 vorliegenden Dienstverhältnisses des Herrn W diesbezügliche Schlüsse auf die Glaubwürdigkeit dieser Zeugenaussage machen. Entsprechende Gegenbeweise wurden vom Beschwerdeführer jedenfalls nicht erbracht.

Nach Einsichtnahme in die gesamten Aktenunterlagen hat sich sowohl die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Schreiben vom 19.6.1989 als auch das Landesarbeitsamt Oberösterreich mit Schreiben vom 31.7.1989 der Rechtsauffassung der Gebietskrankenkasse vollinhaltlich angeschlossen. Zusammenfassend kommt die erkennende Behörde zu dem Schluß, daß R. auch in dem im Spruch angegebenen Zeitraum als Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beim Beschwerdeführer beschäftigt war und daher für diesen Zeitraum Vollversicherung sowie Arbeitslosenversicherung vorgelegen ist."

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung mit dem Antrag, die Bescheide der Gebietskrankenkasse vom 26. Februar 1988 hinsichtlich der Beitragsnachforderung und der Beschäftigungsdauer der R. aufzuheben. Dieser Antrag wird damit begründet, daß der Einspruchsbescheid, mit dem die Bescheide der Gebietskrankenkasse vom 26. Februar 1988 bestätigt worden seien, mit Verfahrensmängeln behaftet sei. Die Einspruchsbehörde habe sich in keiner Weise mit der Frage auseinandergesetzt, auf welche Weise die Gebietskrankenkasse die der Beitragsnachverrechnung zugrunde gelegten Löhne ermittelt habe. Aufgrund mehrerer Beweisanträge des Beschwerdeführers sei jedoch schlüssig nachgewiesen worden, daß mehrere Dienstnehmerinnen im arbeitsgerichtlichen Verfahren falsch ausgesagt hätten, wobei vermutlich eine vorherige Absprache erfolgt sei. Die Einspruchsbehörde habe sich den Rechtsstandpunkt der Gebietskrankenkasse kritiklos zu eigen gemacht und nur unzureichende eigene Erhebungen durchgeführt. Die vom Beschwerdeführer, allerdings erst am 2. Oktober 1989, vorgelegten Schriftstücke (die ausschließlich Fragen der Höhe des Entgelts der Sieglinde P betreffen) erhärteten in eindeutiger Weise die falsche Aussage der Sieglinde P im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Die Einspruchsbehörde habe außerdem nicht erhoben, weshalb der als Zeuge einvernommene Bruno W nicht auch während seines Dienstverhältnisses mit der Firma H GmbH in das Lokal des Beschwerdeführers gekommen sein könnte. Der Zeitraum der Nichtbeschäftigung der R. vom 28. März bis 30. September 1984 decke sich außerdem nicht mit dem Dienstverhältnis des Bruno W bei der Firma H GmbH vom 2. Juli 1984 bis 21. Oktober 1984. Als Beweis für die Oberflächlichkeit, mit der die Einspruchsbehörde bei der Bescheiderlassung vorgegangen sei, möge auch der Hinweis auf die angebliche Aussage der R. vor der Gebietskrankenkasse vom 13. August 1987 gelten, wonach diese vom "5.4.1983 bis 15.4.1983Ü" beim Beschwerdeführer beschäftigt gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Einspruchsbescheid betreffend die Versicherungspflicht der R. nach dem ASVG und dem AlVG gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Soweit sich die Berufung gegen die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge richte, werde sie gemäß § 415 ASVG als unzulässig zurückgewiesen. In der Bescheidbegründung wird nach zusammenfassender Darstellung des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, es sei im vorliegenden Fall unbestritten, daß R. beim Beschwerdeführer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt und demnach seine Dienstnehmerin gewesen sei. Strittig sei lediglich, ob dieses Dienstverhältnis in der Zeit vom 28. März bis 30. September 1984 unterbrochen gewesen sei. Bei gegenseitiger Abwägung der Angaben des Beschwerdeführers, des Zeugen W, der Zeugin F und der R. gelange die belangte Behörde zur Auffassung, daß den im wesentlichen übereinstimmenden Darstellungen der Zeugin F und der R., wonach ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, mehr Glauben zu schenken sei als den widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen W. Noch dazu führe der Beschwerdeführer in der Berufung keine Umstände ins Treffen, die seine Behauptung untermauerten, das Dienstverhältnis der R. sei während der fraglichen Zeit unterbrochen gewesen. Aus diesen Gründen habe sich die belangte Behörde nicht veranlaßt gesehen, eine vom Einspruchsbescheid abweichende Entscheidung zu treffen. Soweit sich die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen die Beitragspflicht richte, sei sie als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil die Einspruchsbehörde mit dem bekämpften Bescheid nur über die Versicherugspflicht der R. nach dem ASVG und dem AlVG entschieden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Gegen den die Versicherungspflicht der R. betreffenden Ausspruch des angefochtenen Bescheides wendet der Beschwerdeführer ein, er habe in seiner Gegenäußerung vom 7. November 1988 beantragt, es möge in die mit R. anläßlich eines stationären Aufenthalts im Krankenhaus aufgenommene Niederschrift Einsicht genommen werden. In ihr gebe R. selbst an, sie sei arbeitslos. Weder die Einspruchsbehörde noch die belangte Behörde habe diesem Antrag Rechnung getragen "oder sie haben falsche Schlüsse daraus gezogen". Er lege eine Kopie des Aufnahmeblattes in der Unfallabteilung des Krankenhauses Wels vor, aus der hervorgehe, daß R. zu dieser Zeit arbeitslos gewesen sei. Trotz seiner in der Berufung, der Gegenäußerung vom 1. Juni 1988 und den ergänzenden Stellungnahmen vom 7. November 1988, 19. September 1989 und 2. Oktober 1989 vorgetragenen Zweifeln an der Richtigkeit der Aussagen der befragten Dienstnehmerinnen, besonders auch der Aussage der Zeugin R. im arbeitsrechtlichen Verfahren der Gisela F gegen den Beschwerdeführer bzw. der Frau S, auf deren Name sein Betrieb damals geführt worden sei, habe die belangte Behörde keinerlei weitere Ermittlungen angestellt bzw. seinen Anträgen nicht voll Rechnung getragen. Die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Höhe der Beiträge sei rechtswidrig, weil der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde gemäß § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG "über den gesamten angekämpften Bescheid entschieden hat und somit auch über die Höhe der Beiträge und die Beitragspflicht".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und die mitbeteiligte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand; die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit sich die Beschwerde gegen den zurückweisenden Ausspruch des angefochtenen Bescheides wendet, ist sie deshalb unbegründet, weil die Einspruchsbehörde, wie sich aus dem oben wiedergegebenen Vorspruch des Einspruchsbescheides vom 26. September 1989 eindeutig ergibt, mit diesem Bescheid nur über den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den die Versicherungspflicht der R. betreffenden Bescheid der Gebietskrankenkasse vom 26. Februar 1988 entschieden hat. Über den Einspruch gegen den Beitragsbescheid der Gebietskrankenkasse vom 26. Februar 1988 wurde nach der Aktenlage erst mit Bescheid der Einspruchsbehörde vom 4. September 1990 entschieden.

Aber auch die Beschwerde gegen den die Versicherungspflicht der R. betreffenden Ausspruch des angefochtenen Bescheides ist aus nachstehenden Gründen unberechtigt. Die Einspruchsbehörde gelangte zu ihrer Feststellung, daß R. auch im Zeitraum vom 28. März 1984 bis 30. September 1984 beim Beschwerdeführer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt gewesen sei, aufgrund einer ausführlichen, oben wiedergegebenen Würdigung der Ermittlungsergebnisse in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Parteien des Verfahrens. Dagegen hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung nur zwei, ebenfalls oben wiedergegebene konkrete Einwände erhoben. Der erste Einwand (betreffend die Würdigung der Aussage des Zeugen W) betrifft aber nach der oben wiedergebenen Begründung des Einspruchsbescheides nur ein Teilmoment der Beweiswürdigung: Auch der Umstand, daß dieser Zeuge selbst in der Zeit seines Dienstverhältnisses mit der Firma H GmbH vom 2. Juli 1984 bis 31. Oktober 1984 untertags drei- bis viermal in der Woche das Lokal des Beschwerdeführers aufgesucht haben wolle, lasse seine - schon angesichts der übrigen Ermittlungsergebnisse zweifelhafte - Aussage als unglaubwürdig erscheinen. Zum zweiten Einwand (angebliche Beschäftigung der R. vom 5. April 1983 bis 15. April 1983) ist zu bemerken, daß die Einspruchsbehörde zwar auf Seite 4 ihres Bescheides anführt, R. habe vor der Gebietskrankenkasse am 13. August 1987 angegeben, sie sei "vom 5.4.1983 bis 15.4.1983" beim Beschwerdeführer beschäftigt gewesen, der folgende Halbsatz, vor allem aber die Einleitung der Begründung des Einspruchsbescheides in Verbindung mit der vollinhaltlich im Bescheid der Gebietskrankenkasse vom 26. Februar 1988 wiedergegebenen Aussage der R. ergibt sich aber ohne jeden Zweifel, daß es sich bei dem auf Seite 4 des Einspruchsbescheides angeführten Enddatum "15.4.1983" um einen bloßen Schreibfehler gehandelt hat; angesichts der umfangreichen Ermittlungen durch die Einspruchsbehörde kann daraus keine "Oberflächlichkeit ... bei der Bescheiderlassung" abgeleitet werden. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf diese nur in zwei konkreten Punkten erfolgende Bestreitung der Beweiswürdigung durch den Beschwerdeführer kein eigenes ergänzendes Ermittlungsverfahren durchführte, so ist darin angesichts des umfangreichen Ermittlungsverfahrens und der ausführlichen Würdigung der Ergebnisse dieses Verfahrens durch die Einspruchsbehörde kein Verfahrensmangel zu erblicken. Vor allem hatte die belangte Behörde keine Veranlassung, sich mit dem im Einspruchsverfahren behandelten Beweisthema "Behauptung der Arbeitslosigkeit durch R." von Amts wegen zu befassen, weil die Einspruchsbehörde in ihrem Bescheid auch dieses Thema schlüssig behandelt und der Beschwerdeführer dagegen in seiner Berufung keinen Einwand erhoben hat. (Im übrigen erweist das mit der Beschwerde vorgelegte "Aufnahmeblatt" gegenüber den Erwägungen der Einspruchsbehörde keine neuen Gesichtspunkte.)

Die Beweiswürdigung der Einspruchsbehörde und ihr folgend der belangten Behörde ist aber auch schlüssig, d.h. die betreffenden Erwägungen entsprechen unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut (vgl. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Ob die Beweiswürdigung der belangten Behörde auch richtig ist, kann der Verwaltungsgerichtshof aufgrund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde, die sich darauf beschränkt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen im angeführten Sinn schlüssig sind, nicht überprüfen (vgl. unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat zwar eine Gegenschrift erstattet, aber keinen Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080151.X00

Im RIS seit

17.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten