TE Vwgh Beschluss 1991/9/17 90/08/0228

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Veröffentlicht am 17.09.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §227 Abs1 Z1;
ASVG §227 Abs2;
ASVG §227 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. November 1990, Zl. MA 14-A 19/90, betreffend leistungswirksame Beitragsentrichtung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten (mitbeteiligte Partei: Dr. Peter A, Rechtsanwalt in W), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren des Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte stellte am 14. Dezember 1988 (bei der Beschwerdeführerin eingelangt am 20. Dezember 1988) den Antrag "auf Nachkauf von Schulersatzzeiten im Ausmaß von zwei Jahren (Mittelschule) und vier Jahren (48 Monate Hochschulzeiten)". Er ersuche um Zusendung eines Zahlscheines und um den entsprechenden Bescheid, wobei der Beginn der Möglichkeit des Nachkaufes von Schulersatzzeiten bescheidmäßig ab Antragstellung, sohin ab 1988 möglich sein solle. Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Verfahrens vertrat der Mitbeteiligte die Auffassung, daß der Monat Oktober 1965 nach § 231 ASVG bereits als Beitragsmonat anzusehen sei und er daher diesen Monat nicht mehr "nachkaufen könnte oder müßte".

Mit Bescheid vom 8. Mai 1990 gab die Beschwerdeführerin dem Antrag des Mitbeteiligten "vom 20.12.1988 auf leistungswirksame Beitragsentrichtung gemäß § 227 Abs. 3 ASVG für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten in der Fassung der 44. Novelle zum ASVG" statt und sprach aus, daß der Mitbeteiligte für näher angeführte Ersatzmonate, darunter auch für den Oktober 1965, Beiträge entrichten könne. Nach der Bescheidbegründung gälten die im Spruch genannten Zeiten als Ersatzzeiten gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG. Es sei daher die leistungswirksame Beitragsentrichtung spruchgemäß vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Einspruch mit dem Antrag, den Bescheid dahin abzuändern, daß der Monat Oktober 1965 nicht als Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG angesehen werde, weil dieser Monat ein voller Beitragsmonat in der Pflichtversicherung sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Mitbeteiligten Folge und stellte gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Abänderung des bekämpften Bescheides der Beschwerdeführerin fest, daß der Mitbeteiligte auf Grund von § 227 Abs. 3 ASVG lediglich für näher angeführte Zeiten (unter denen sich der Oktober 1965 nicht befindet) leistungswirksame Beiträge für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten an die Beschwerdeführerin entrichten könne. Begründend wird ausgeführt, es gelte nach § 232 Abs. 1 ASVG der einzelne Versicherungsmonat als Beitragsmonat der Pflichtversicherung, als Beitragsmonat der freiwilligen Versicherung oder als Ersatzmonat, je nachdem Beitragszeiten der Pflichtversicherung, Beitragszeiten der freiwilligen Versicherung, oder Ersatzzeiten in dem betreffenden Monat das zeitliche Übergewicht hätten. Bestehe jedoch kein zeitliches Übergewicht, so gingen nach der Regelung des § 231 Z. 2 ASVG Beitragszeiten der Pflichtversicherung den Ersatzzeiten vor. Nach der Systematik des ASVG seien nun Versicherungsmonate unabhängig von ihrer tatsächlichen Dauer mit 30 Tagen zu bemessen. Auf Grund dessen sei die belangte Behörde der Auffassung, daß auch § 232 Abs. 1 ASVG dieser Systematik zu unterstellen sei. Im Gegenstand habe der Mitbeteiligte im Monat Oktober 1965 15 Beitragstage aufzuweisen. Daher hätten die Ersatzzeiten in diesem Monat, gehe man von der Bemessung der Monate im Umfang von 30 Kalendertagen aus, kein zeitliches Übergewicht. Daher hätten die im Monat Oktober 1965 erworbenen Beitragszeiten den in gleichem Monat gelegenen Ersatzzeiten vorzugehen und sei sohin spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten. Die belangte Behörde leite ihre Auffassung offensichtlich davon ab, daß sich im ASVG gesetzliche Bestimmungen (z.B. im § 44 Abs. 2) fänden, denen zufolge der Kalendermonat einheitlich mit 30 Tagen anzunehmen sei. Dabei übersehe sie, daß sich im Zusammenhang mit dem hier anzuwendenden § 232 Abs. 1 keine diesbezügliche Regelung finde. Der von der belangte Behörde gezogene Analogieschluß, auch § 232 Abs. 1 ASVG sei "dieser Systematik zu unterstellen", sei daher rechtswidrig. Im Hinblick auf das zeitliche Übergewicht der Ersatzzeit im Oktober 1965 (16 Tagen Ersatzzeit stünden nur 15 Tage der Pflichtversicherung gegenüber) habe dieser Monat gemäß § 232 Abs. 1 ASVG als Ersatzmonat zu gelten. Es wäre daher auch für diesen Monat ein Beitrag im Sinne des § 227 Abs. 3 ASVG zu entrichten, damit dieser Monat künftig leistungswirksam sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie der Mitbeteiligte eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. dazu unter anderem die hg. Beschlüsse vom 27. Februar 1991, Zl. 89/03/0200, und vom 30. Oktober 1984, Slg. Nr. 11.568/A, und die darin angeführte Vorjudikatur).

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde in Abänderung des Bescheides der Beschwerdeführerin fest, daß der Mitbeteiligte auf Grund des § 227 Abs. 3 ASVG lediglich für die im Spruch angeführten Zeiten, d.h. in Verbindung mit dem Bescheid der Beschwerdeführerin nicht auch für Oktober 1965, leistungswirksame Beiträge für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten an die Beschwerdeführerin entrichten könne. Begründet wurde dies der Sache nach damit, daß dieser Monat bereits ein Beitragsmonat der Pflichtversicherung sei und daher nicht mehr als "Ersatzmonat nach Abs. 1 Z. 1, der leistungswirksam werden soll" im Sinne des § 227 Abs. 3 ASVG in Betracht komme.

Durch diesen Ausspruch einer fehlenden Berechtigung des Mitbeteiligten zur leistungswirksamen Entrichtung von Beiträgen für den Monat Oktober 1965 könnte die Beschwerdeführerin aber nur dann in einem subjektiv öffentlichen Recht verletzt sein, wenn sie ein Recht auf Entrichtung von Beiträgen für diesen Monat durch den Mitbeteiligten hätte. Ein solches Recht steht ihr jedoch nach den Bestimmungen über die leistungswirksame Beitragsentrichtung für die im § 227 Abs. 1 Z. 1 angeführten Zeiten nicht zu, weil es nach § 227 Abs. 2 zweiter Satz und § 227 Abs. 4 ASVG dem Berechtigten frei steht, für alle oder einzelne der Ersatzmonate Beiträge zu entrichten. Da nur der Spruch, nicht aber auch die Begründung eines Bescheides in Rechtskraft erwächst, mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides aber nur über die Berechtigung bzw. Nichtberechtigung des Mitbeteiligten zur leistungswirksamen Entrichtung von Beiträgen, nicht aber auch über die Qualifikation des Monates Oktober 1965 als Beitrags- oder Ersatzmonat entschieden wurde, kann dadurch hinsichtlich der Qualifikation des Monates Oktober 1965 als Beitrags- oder Ersatzmonat eine Bindungswirkung für ein künftiges Leistungsverfahren nicht eintreten, sodaß auch in diesem Belang eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin nicht in Betracht kommt. Da es sohin für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin keinen Unterschied macht, ob der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch über die Nichtberechtigung des Mitbeteiligten zur Beitragsentrichtung für den Monat Oktober 1965 aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren des Mitbeteiligten war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990080228.X00

Im RIS seit

17.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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