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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der Helga S in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. März 1991, Zl. MD-VfR-B XVII-1/91, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Erteilung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 17. November 1987 hatte die Beschwerdeführerin die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleingartenhauses in Wien 17, Kleingartenanlage XY, Los Nr. nn, beantragt. Nach dem Einreichplan sollte die Baubewilligung für ein Kleingartenhaus mit den Außenausmaßen von 7,1 x 5,6 m zuzüglich einem vorspringenden Küchenteil mit 2,2 m x 1,2 m sowie einem nördlich an das Wohnzimmer anschließenden Schuppen in der Größe von 2,90 x 2,10 m erteilt werden. Mit Bescheid vom 24. Juni 1988 versagte der Wiener Magistrat gemäß den §§ 60, 70 und 71 der Bauordnung für Wien die beantragte Bewilligung. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 2. März 1989 abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides hat die Bauoberbehörde ausgeführt, daß durch das eingereichte Projekt auch ohne den im Einreichplan ausgewiesenen Schuppen die zulässige bebaubare Fläche von 35 m2 wesentlich überschritten werde und ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des § 71 der Bauordnung für Wien weder von der Beschwerdeführerin behauptet worden noch ein solcher offenkundig sei. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde, die sich nicht gegen die Versagung der Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien, sondern lediglich gegen die Versagung nach § 71 leg. cit. richtete, hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/05/0092, als unbegründet abgewiesen.
Mit Ansuchen vom 23. Mai 1990, eingelangt bei der zuständigen Magistratsabteilung am 28. Mai 1990, ersuchte die Beschwerdeführerin neuerlich um nachträgliche Bewilligung für die Errichtung eines Kleingartenhauses, wobei sie darauf hinwies, daß das Gebäude schon seit 1920 bestehe und sie für die im Plan rot schraffierten Bauteile um eine Bewilligung auf jederzeitigen Widerruf ersuche. Der Einreichplan, der dem Ansuchen vom 23. Mai 1990 angeschlossen war, weist dieselben Außenausmaße auf wie der Einreichplan, der dem Ansuchen vom 17. November 1987 angeschlossen war, lediglich der im ersten Ansuchen vorgesehene Schuppen im Ausmaß von 2,9 x 2,10 m sollte abgetragen werden. Der vorspringende Küchenteil mit den Ausmaßen von 2,20 m x 1,20 m sowie Teile eines im ersten Einreichplan als Abstellraum bezeichneten Raumes und ein nördlich des Wohnzimmers verlaufender Streifen mit einer Breite von 40 cm sind auf dem neuen Einreichplan rot schraffiert ausgewiesen. Die Firsthöhe des Daches ist im zweiten Einreichplan gegenüber dem ersten um 1 m gesenkt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. September 1990, an der auch die Beschwerdeführerin teilgenommen hat, hat die Baubehörde erster Instanz das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 23. Mai 1990 mit Bescheid vom 5. September 1990 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1950 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In der dagegen eingebrachten Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, das Bauvorhaben sei in erheblich geänderter Form eingereicht worden, da die verbaute Fläche in eine bewilligungsfähige und eine das gesetzliche Ausmaß überschreitende Fläche getrennt dargestellt wurde. Weiters sei der Schuppen als abzutragend eingezeichnet gewesen. Aus dem Plan sei nun die relative Geringfügigkeit der Überschreitung ersichtlich. Nach der bisherigen, jahrzehntelangen Spruchpraxis würden bei rückwirkenden Baubewilligungen, hier handle es sich schon um einen 60-jährigen Bestand, derartige Bauvorhaben immer bewilligt. Es sei mit Sicherheit damit zu rechnen, daß auch im Kleingartengebiet eine Bereinigung und Legalisierung für den Altbestand kommen werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. März 1991 hat die Bauoberbehörde für Wien die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde zusammengefaßt an, ein Vergleich des seinerzeitigen Einreichplanes mit dem nunmehrigen Einreichplan ergebe, daß die Bauansuchen in den wesentlichen Punkten ident seien. Die seinerzeitigen Versagungsgründe träfen auch für das nunmehrige Projekt zu (Überschreitung der zulässigen bebaubaren Fläche von 35 m2 sowie das Fehlen eines sachlich gerechtfertigten Ausnahmegrundes). Die von der Beschwerdeführerin angestrebte "Mischbewilligung" - der Teil des Gebäudes, der 35 m2 nicht überrage, solle gemäß § 70, der darüberhinaus gehende Teil gemäß § 71 BO bewilligt werden - sei rechtlich nicht möglich. Ebenso könne auch auf zukünftige, mögliche Gesetzesänderungen im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht Bedacht genommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1955, Slg. N.F. Nr. 3874/A, vom 15. März 1977, Zl. 2155/76, u.a.).
Entscheidungswesentlich ist daher, ob in den maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, unterscheiden sich die zwei Einreichpläne nur dadurch, daß im ersten Einreichplan ein ca. 6 m2 großer Schuppen einbezogen war, die Firsthöhe des Daches im zweiten Einreichplan um 1 m abgesenkt war, und abgesehen vom Entfall des Schuppens, die bebaute Fläche im zweiten Einreichplan mit jener im ersten Einreichplan ident war, wobei jedoch Teile dieser Grundfläche im zweiten Einreichplan rot schraffiert eingezeichnet waren und die Beschwerdeführerin für diese rotschraffierten Grundflächen eine Bewilligung nach § 71 der Wiener Bauordnung begehrt hat.
Bereits mit Bescheid vom 2. März 1989 hatte die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt, wobei die Bestätigung einzig und allein auf die Tatsache der Überschreitung der höchstzulässigen bebaubaren Fläche von 35 m2 gestützt worden ist. In diesem Bescheid wurde bereits die Bewilligung gemäß § 70 und 71 BO versagt, wobei ausgeführt wurde, daß auch ohne den Schuppen eine Überschreitung der bebaubaren Fläche von 35 m2 vorliege. Wenn nun im zweiten Einreichplan der Schuppen entfällt, ist dadurch keine Änderung maßgebender Umstände eingetreten, da bereits im Bescheid der Bauoberbehörde vom 2. März 1989 zum Ausdruck kam, daß auch ohne den Schuppen die bebaubare Fläche von 35 m2 überschritten wird. Auch die Absenkung der Firsthöhe um 1 m ist in diesem Zusammenhang unmaßgeblich, da die Versagung der Baubewilligung durch die Baubehörde zweiter Instanz in ihrem Bescheid vom 2. März 1989 nur mehr auf die Überschreitung der höchstzulässigen bebaubaren Fläche gestützt war.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, wegen der Trennung des Antrages in eine Bewilligung für eine Fläche, die das gesetzlich zulässige Ausmaß nicht überschreitet, - für diese Grundfläche sollte eine Bewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien erteilt werden - und für den überschreitenden Teil in eine Bewilligung gemäß § 71 leg. cit., läge ein geänderter Sachverhalt vor. Die belangte Behörde hat bereits mit ihrem Bescheid vom 2. März 1989 das Bauansuchen der Beschwerdeführerin sowohl gemäß § 70 als auch gemäß § 71 BO abgewiesen. Sie hat also auch eine Prüfung dahingehend vorgenommen, ob allenfalls eine Bewilligung auf bestimmte Zeit oder auf Widerruf erteilt werden könnte und diese Frage verneint. Dadurch, daß die Beschwerdeführerin nunmehr auch ausdrücklich einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 der Wiener Bauordnung gestellt hat, ist somit keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten. Abgesehen davon ist hier eine definitive Baubewilligung für Teile des Projektes und eine Bewilligung auf Widerruf gemäß § 71 BO für andere Teile schon deshalb rechtlich nicht möglich, weil das eingereichte Projekt auf Grund der durchgehenden Außenmauern im Bereich des Erdgeschoßes sowie des einheitlichen Daches nicht trennbar ist. Im Falle der Erteilung einer Bewilligung auf bestimmte Zeit oder auf Widerruf für die im zweiten Einreichplan rotschraffiert eingezeichneten Bauteile würde bei Zeitablauf oder Ausspruch des Widerrufes eine Entfernung dieser Bauteile eine Bauruine hinterlassen. Zutreffend ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß eine "Mischbewilligung" nicht in Betracht kam.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Antrag vom 23. Mai 1990 darauf hingewiesen, daß das Gebäude in dieser Form bereits 1920 errichtet worden ist und darin ein Ausnahmegrund für die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien liege. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits in seinem an die Beschwerdeführerin ergangenen Erkenntnis vom 20. Februar 1990 ausgeführt, daß der bloße Bestand eines konsenswidrigen Gebäudes für sich allein noch keinen sachlichen Ausnahmegrund darstellt. Der Gerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Ansicht abzugehen. Im übrigen ist die Frage, ob ein sachlich begründeter Ausnahmefall vorliegt, bedeutungslos, wenn die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 der Bauordnung schon mangels Trennbarkeit der Bauvorhaben nicht in Betracht kommt.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, widerspricht insofern der Aktenlage, als von der Behörde erster Instanz am 4. September 1990 eine mündliche Verhandlung über das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 23. Mai 1990 durchgeführt wurde, an der die Beschwerdeführerin auch teilgenommen hat.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050089.X00Im RIS seit
03.05.2001