Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AWG 1990 §29 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der N-GmbH in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Traiskirchen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 30. April 1986 um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines "Sonderabfall-Zwischenlagers" auf dem Grundstück Nr. 1189 des Grundbuches über die Kat. Gem. X wird gemäß § 42 Abs. 5 VwGG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Z. 2 sowie Abs. 13 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, zurückgewiesen.
Die Stadtgemeinde Traiskirchen hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 5. Mai 1986 bei der Stadtgemeinde Traiskirchen eingelangten Schriftsatz vom 30. April 1986 ersuchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines "Sonderabfall-Zwischenlagers" auf der eben erwähnten Liegenschaft.
Da die Baubehörde erster Instanz über dieses Bauansuchen nicht innerhalb der Frist des § 118 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1976 entschieden hatte, stellte die Beschwerdeführerin an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Traiskirchen gemäß § 73 Abs. 2 AVG einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht.
Innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 27 VwGG entschied jedoch auch der Gemeinderat der erwähnten Stadtgemeinde nicht bescheidmäßig über das in Rede stehende Bauansuchen, weshalb die Beschwerdeführerin mit der am 21. Dezember 1987 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Eingabe Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG erhob.
Da diese Beschwerde im Sinne des § 27 VwGG zulässig ist und die belangte Behörde von der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingeräumten Möglichkeit zur Nachholung des versäumten Bescheides keinen Gebrauch gemacht hat, hat der Verwaltungsgerichtshof über das vorliegende Bauansuchen der Beschwerdeführerin zu entscheiden.
Gemäß der am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Regelung des § 29 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von ... 2. Anlagen von Unternehmen, deren überwiegender Betriebszweck die Übernahme von nicht im eigenen Betrieb anfallenden gefährlichen Abfällen zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung ist, einer Genehmigung des Landeshauptmannes. Zufolge der - gleichzeitig wirksam gewordenen - Verfassungsbestimmung des Abs. 13 dieser Gesetzesstelle ist für die Errichtung oder Änderung der in Abs. 1 genannten Anlagen eine baubehördliche Genehmigung nicht erforderlich.
Da die Beschwerdeführerin der ihr im hg. Schreiben vom 29. Mai 1991 mitgeteilten Auffassung, wonach die den Gegenstand des Bauansuchens vom 30. April 1986 bildende Anlage als eine solche im Sinne des § 29 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. anzusehen ist, innerhalb der eingeräumten Frist nicht entgegengetreten ist, geht der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin davon aus, daß nach der nunmehr maßgebenden Rechtslage für die von der Beschwerdeführerin geplante bauliche Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. im Hinblick auf die wiedergegebene Verfassungsbestimmung keine baubehördliche Genehmigung - mehr - erforderlich ist, weshalb das vorliegende Bauansuchen der Beschwerdeführerin nicht mehr Gegenstand einer meritorischen Entscheidung sein kann und daher zurückzuweisen war.
Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, die Übergangsregelung des § 44 Abs. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes sei auch im Zusammenhang mit der bereits wiedergegebenen Verfassungsbestimmung des § 29 Abs. 13 leg. cit. anzuwenden, kann sich der Gerichtshof nicht anschließen. Diese Übergangsbestimmung ist nämlich in einer der Weitergeltung anderer, dort genannter Rechtsvorschriften (DES BUNDES) gewidmeten Regelung enthalten und sieht vor, daß "anhängige Genehmigungsverfahren nach den bisherigen Rechtsvorschriften zu beenden sind". Daraus folgt aber nicht, daß entgegen der erwähnten Verfassungsbestimmung, die, wie schon erwähnt, ebenfalls am 1. Juli 1990 in Kraft getreten ist, auch über die zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Bauansuchen weiterhin nach Maßgabe der - LANDESRECHTLICHEN - Bauvorschriften meritorisch zu entscheiden ist. Im übrigen hätte eine Übergangsregelung, derzufolge die bereits am 1. Juli 1990 anhängigen Bauansuchen auch weiterhin nach den Bauvorschriften der Länder zu erledigen sind, ebenfalls einer Verfassungsbestimmung bedurft, sodaß auch verfassungsrechtliche Erwägungen gegen die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht über die Wirkungen des § 44 Abs. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes auf das vorliegende Bauansuchen sprechen.
Von der Abhaltung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1987050201.X00Im RIS seit
11.07.2001