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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Alexandru B in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Oktober 1990, Zl. 4.302.717/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. September 1990, Zl. FrA-R 1.303/90, mit dem festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, und im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung BGBl. Nr. 78/74, sei, nicht statt.
Mit der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Als Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Erledigung der Behörde erster Instanz, die Gegenstand des angefochtenen Rechtsmittelbescheides war, nicht als Bescheid zu werten sei, weil der dem Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung das Formerfordernis der leserlichen Beifügung des Namens dessen, der die Erledigung genehmigt habe, gemäß § 18 Abs. 4 AVG mangle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG) erwogen:
Der für die Beurteilung des Beschwerdefalls maßgebliche § 18 Abs. 4 AVG in der von den Behörden noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990, die gemäß Artikel IV mit 1. Jänner 1991 in Kraft getreten ist, hatte folgenden Wortlaut:
"Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei telepraphischen, fernschriftlichen oder vervielfältigten Ausfertigungen genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."
Die Erledigung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. September 1990, Zl. FrA-R 1.303/90, die dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist, trägt zwar die Bezeichnung "Bescheid", weist aber am Schluß lediglich eine unleserliche Paraphe mit dem Beisatz: "Für den Sicherheitsdirektor:" auf. Es handelt sich hiebei um eine unter Verwendung eines Formulars, aber offensichtlich nicht im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung ausgefertigte Erledigung, deren dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung nicht vervielfältigt ist. Solche Formularerledigungen müssen aber gemäß der zitierten Gesetzesstelle entweder die Unterschrift des Genehmigenden unter leserlicher Beifügung des Namens oder die Beglaubigung der Kanzlei aufweisen.
Diesen Anforderungen wird die erstinstanzliche Erledigung nicht gerecht, weil sie lediglich eine unleserliche Paraphe, nicht aber die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden und auch keine Beglaubigung der Kanzlei enthält. Damit ist aber jedenfalls eines der für Bescheide geltenden essentiellen Formerfordernisse nicht erfüllt, sodaß die erstinstanzliche Erledigung als "Nichtbescheid" zu werten ist. Die vom Beschwerdeführer gegen diese Erledigung erhobene Berufung wäre daher von der belangten Behörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Entscheidet eine Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung, die sich gegen einen gar nicht erlassenen Bescheid richtet, in der Sache selbst, anstatt die Berufung zurückzuweisen, so ist der Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, weil die Zuständigkeit der Berufungsbehörde nur soweit reicht, das Rechtsmittel wegen dessen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1968, Slg. N.F. Nr. 7.357/A und das in einem völlig gleichgelagerten Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1991, Zl. 90/01/0232).
Der angefochtene Bescheid mußte somit schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990010233.X00Im RIS seit
18.09.1991