TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/18 91/01/0050

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Index

41/03 Personenstandsrecht;

Norm

NÄG 1988 §1 Abs1;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Willibald S in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Februar 1991, Zl. MD-VfR-Sch 16/90 (Mitbeteiligte mj. Iris N, vertreten durch die Mutter Sieglinde N, W), betreffend Änderung des Familiennamens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 29. März 1990 (womit die Änderung des Familiennamens der mj. ehelichen Tochter des Beschwerdeführers von S auf N bewilligt worden war) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

Die belangte Behörde ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die am 28. Jänner 1980 geborene mj. Tochter des Beschwerdeführers Iris lebe seit der Wiederverehelichung ihrer Mutter (am 5. Dezember 1986) gemeinsam mit dieser und deren neuen Gatten Andreas N im selben Haushalt. Seit Mai 1987 lebe in diesem Haushalt auch der aus der neuen Ehe stammende Halbbruder Manuel N. Die Mitbeteiligte sei die einzige in ihrer Familie, die nicht den Namen N trage. Der eingeholte psychologische Befund des klinischen Psychologen Dr. Gerald G vom 24. Jänner 1989 und die Stellungnahme des psychologischen Dienstes des Bezirksjugendamtes für den 16. Bezirk vom 13. November 1989 besagten, daß die Namensdiskrepanz zwischen der Mitbeteiligten und den anderen Familienmitgliedern einen ständigen Problembereich für die Mitbeteiligte darstelle und ihr massiver Wunsch, den gleichen Familiennamen wie die anderen Familienmitglieder führen zu dürfen, a la longue doch zu psychischen Irritationen führen könne. Der Wunsch, durch eine Namensänderung eine vollständige Familienzugehörigkeit zu erreichen, sei besonders nach der Geburt des Halbbruders Manuel, der wie die anderen Familienmitglieder den Namen N führe, verstärkt aufgetreten. Die gegebene Namensdiskrepanz sei daher als gravierendes Hindernis zur völligen Integration des Kindes in den neuen Familienverband anzusehen.

Es erweise sich somit, daß die Änderung des Familiennamens der Mitbeteiligten von S in N angezeigt sei, um eine ständige psychische Belastung sowie eine psychische Irritation des Kindes und somit auch eine (psychische) Gefährdung des Kindeswohles hintanzuhalten. Unter Bedachtnahme auf eine ehemals fast chronische Bronchitis der Mitbeteiligten sollte auch jede psychische Belastung vermieden werden, die ein neuerliches Akutwerden dieser Krankheit bewirken könnte. Es sei daher davon auszugehen, daß das Wohl der Mitbeteiligten ohne die beantragte Änderung des Familiennamens gefährdet wäre und damit der vom Gesetz geforderte wichtige Grund für die Bewilligung der Namensänderung gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren, insbesondere auf Wahrung seines rechtlichen Gehörs sowie darauf verletzt, daß seine eheliche Tochter seinen Familiennamen trägt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Halbsatz NÄG ist eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens auf Antrag zu bewilligen, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 2 vorliegt und § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. liegt ein wichtiger Grund für die Änderung des Familiennamens vor, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Personensorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Wohl des Minderjährigen ohne die Änderung des Familiennamens gefährdet ist.

Was zunächst die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers anlangt, es seien ihm weder der Antrag der Mutter der Mitbeteiligten vom 11. Jänner 1989 noch der Befund des Psychologen Dr. G vom 24. Jänner 1989 inhaltlich zur Kenntnis gebracht worden, so trifft es - wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich ist - zwar zu, daß eine diesbezügliche Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren stattfand. Es wurde jedoch in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sowohl auf den Inhalt des Antrages der Kindesmutter vom 11. Jänner 1989 als auch auf die wesentlichen Aussagen des psychologischen Befundes vom 24. Jänner 1989 konkret Bezug genommen, wodurch der Beschwerdeführer im Rahmen des Berufungsverfahrens sehr wohl in Kenntnis der entsprechenden Umstände war. Weder im Antrag der Kindesmutter vom 11. Jänner 1989 noch im psychologischen Befund vom 24. Jänner 1989 wurde aber der Umstand der Erkrankung der Mitbeteiligten an Bronchitis erwähnt, sodaß schon allein deshalb die Verfahrensrüge versagen muß, weil das jetzt in der Beschwerdeschrift diesbezüglich erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers keine Reaktion auf die vom Beschwerdeführer vermißten Vorhalte hätte darstellen können.

Der Umstand der Erkrankung der Mitbeteiligten an Bronchitis findet sich vielmehr erst in einem am 19. Mai 1989 von der Kindesmutter der Erstbehörde übergebenen Schreiben des Wilhelminenspitals der Stadt Wien vom 16. Februar 1982 (vgl. OZl. 8 der Verwaltungsakten) weiters in der Niederschrift vom 16. Juni 1989 (OZl. 15 der Verwaltungsakten) und schließlich in der Niederschrift vom 15. März 1990 (OZl. 23 der Verwaltungsakten). Auch diesbezüglich erfolgten im erstinstanzlichen Verfahren allerdings keine konkreten Vorhalte gegenüber dem Beschwerdeführer; jedoch nahm die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides darauf insofern Bezug, als sie ausführte, daß unter Bedachtnahme auf die ehemals fast chronische Bronchitis jede psychische Belastung der Mitbeteiligten vermieden werden sollte, die ein neuerliches Akutwerden der Krankheit bewirken könnte. Damit war aber der Beschwerdeführer für das Berufungsverfahren ohnehin in Kenntnis dieses Umstandes und hat er sich die Tatsache, daß er dazu nicht schon im Berufungsverfahren Stellung bezog, selbst zuzuschreiben. Ein relevanter Verfahrensmangel jedenfalls ist darin nicht gelegen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 unter ENr 62 und 63 zu § 37 AVG referierte hg. Judikatur). Im übrigen kommt - wie bei Behandlung der Rechtsrüge noch dargelegt werden wird - dem Umstand der Erkrankung der Mitbeteiligten an Bronchitis im vorliegenden Fall gar kein entscheidendes Gewicht zu.

Der Beschwerdeführer macht im Rahmen seiner Verfahrensrüge weiters geltend, die belangte Behörde hätte die Stellungnahme des psychologischen Dienstes des Bezirksjugendamtes nur unvollständig, ja "geradezu aktenwidrig" zitiert. Auch diesbezüglich ist der Beschwerdeführer formal gesehen im Recht, weil insbesondere der in der psychologischen Stellungnahme vom 13. November 1989 (OZl. 19 der Verwaltungsakten) enthaltene Satz "derzeit ist auf Grund der Namensungleichheit keine Gefährdung festzustellen" in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht wiedergegeben ist. Dessen ungeachtet ist auch dieser der belangten Behörde unterlaufene Fehler im vorliegenden Fall nicht von Relevanz, weil - wie ebenfalls noch gezeigt werden wird - angesichts der übrigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, und zwar insbesondere wegen der gegebenen - auch vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerdeschrift bestrittenen - Situation der Familie, in der die Mitbeteiligte jetzt lebt (insbesondere wegen des Zusammenlebens der Mitbeteiligten mit ihrem Stiefbruder, der den Familiennamen N trägt), die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieses Fehlers, also bei vollständiger Wiedergabe der Äußerung des psychologischen Dienstes des Bezirksjugendamtes, nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich das vorliegende Gutachten des Psychologen Dr. G mit dem durch nichts näher begründeten Pauschalvorwurf angreift, Psychologen neigten, wie allgemein bekannt sei, häufig zu Gefälligkeitsgutachten, gleitet seine Argumentation in den Bereich unsachlicher Polemik ab, auf die daher ebensowenig näher eingegangen zu werden braucht, wie auf die im Rahmen der Rechtsrüge aufgestellte Behauptung, N sei als Name tschechischer Herkunft in Österreich nicht gebräuchlich und würde unter dem Eindruck des starken Zuzugs von in der Bevölkerung wenig beliebten Wirtschaftsflüchtlingen aus dem ehemaligen Ostblock das Fortkommen der Mitbeteiligten erschwert werden, wenn sie keinen "bodenständigen deutschen Namen" hätte.

Was aber den sachlichen Kern der Rechtsrüge anlangt, so ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in drei durchaus ähnlich gelagerten Fällen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1991, Zl. 90/01/0203, 16. Jänner 1991, Zl. 90/01/0173 und vom 21. November 1990, Zl. 90/01/0121, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) ausgesprochen hat, daß die Beibehaltung des bisherigen Namens und damit die Namensverschiedenheit das Wohl von Minderjährigen gefährdet, wenn die betreffenden Minderjährigen bereits in einen neuen Familienverband integriert sind und dort insbesondere auch (Halb)Geschwister leben, die der neuen Ehe des Elternteils entstammen, bei dem die betreffenden Minderjährigen leben. Gerade das ist in bezug auf die minderjährige Tochter des Beschwerdeführers und ihre derzeitige Lebenssituation der Fall. Da allein schon vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gesagt werden kann, daß die belangte Behörde ihren Bescheid mit der vom Beschwerdeführer behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet hätte, kommt in diesem Zusammenhang weder dem Umstand der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argumente im Zusammenhang mit der Frage der Ursache der Erkrankung der Mitbeteiligten noch der unvollständigen Wiedergabe der Äußerung des psychologischen Dienstes des Bezirksjugendamtes durch den angefochtenen Bescheid irgendeine Bedeutung zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 5. März 1991, BGBl. Nr. 104.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991010050.X00

Im RIS seit

18.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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