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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §256 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, in der Beschwerdesache der K AG in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wird eingestellt.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 6.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft machte in einer im Jänner dieses Jahres eingebrachten Beschwerde eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Sie habe am 27. März 1987 gegen Abgabenbescheide betreffend Körperschaftsteuer für 1980 sowie Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1982 bis 1984 Berufung eingelegt. Mittels Eingabe vom 20. Dezember 1989 habe sie das Berufungsbegehren in zwei Punkten nicht mehr aufrechterhalten. Ausdrücklich sei jedoch erwähnt worden, daß die übrigen anhängigen Rechtsmittel unberührt blieben. Bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde habe die belangte Behörde über das Berufungsbegehren der Beschwerdeführerin nicht entschieden. Die Beschwerdeführerin beantragte
"der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung unserer Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und über die Begehren in der Berufung vom 27. März 1987, DIE NICHT MITTELS EINGABE VOM 20. DEZEMBER 1989 ZURÜCKGENOMMEN WORDEN SIND, entscheiden."
2. Nach Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 35 Abs. 3 VwGG mit Verfügung vom 30. Jänner 1991, der belangten Behörde zugestellt am 12. Februar 1991, erließ die belangte Behörde die Berufungsentscheidung vom 30. April 1991, Zl. 6/2-2746/87-06, betreffend die Körperschaftsteuer für 1980. Diese Berufungsentscheidung wurde der Beschwerdeführerin nach dem von der belangten Behörde vorgelegten Zustellnachweis am 6. Mai 1991 und damit innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof mit der Verfügung vom 30. Jänner 1991 gesetzten Frist von drei Monaten (§ 36 Abs. 2 VwGG) zugestellt. In der Note, mit der die belangte Behörde die Berufungsentscheidung vom 30. April 1991 dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte, wies sie darauf hin, daß die Berufungen gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis 1984 mit Eingabe vom 27. Dezember 1989 (richtig 20. Dezember 1989) zurückgezogen worden wären.
3. In einer Eingabe ("Antrag") vom 22. Mai 1991 vertrat die Beschwerdeführerin gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die belangte Behörde habe den aufgetragenen Bescheid nicht innerhalb der gesetzten Frist von drei Monaten erlassen. Sie stellte den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle das Verfahren gemäß § 38 Abs. 1 VwGG fortführen und gemäß § 38 Abs. 2 VwGG auf Grund der Behauptungen der Beschwerdeführerin erkennen, der Säumnisbeschwerde stattgeben, in der Sache selbst erkennen und über die Begehren in der Berufung vom 27. März 1987, DIE NICHT MITTELS EINGABE VOM
20. DEZEMBER 1989 ZURÜCKGENOMMEN WORDEN SIND, entscheiden.
4. Unter Bezugnahme auf die Säumnisbeschwerde und den Antrag vom 22. Mai 1991 hielt der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 27. Mai 1991 folgendes vor:
"Mit Beschwerde vom 15. Jänner 1991 warf die Beschwerdeführerin der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (belangte Behörde) unter Bezugnahme auf die unerledigte Berufung vom 27. März 1987 gegen
A) den Körperschaftsteuerbescheid für 1980
B) die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis
1984
Verletzung der Entscheidungspflicht vor.
In der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde erwähnt die Beschwerdeführerin, sie habe das Berufungsbegehren vom 27. März 1987 mittels Eingabe vom 20. Dezember 1989 in zwei Punkten nicht mehr aufrecht erhalten. Ausdrücklich sei jedoch erwähnt worden, daß die übrigen anhängigen Rechtsmittel unberührt blieben.
Soweit sich die Berufung vom 27. März 1987 gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1980 (A) richtete, entschied die belangte Behörde darüber mit der Berufungsentscheidung vom 30. April 1991, Zl. 6/2-2746/87-06, der Beschwerdeführerin zugestellt am 6. Mai 1991. Der Zustellnachweis wurde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof wird bezüglich der Körperschaftsteuer für 1980 (A) über die Einstellung des Verfahrens gemäß § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG zu entscheiden haben.
Bezüglich des die Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1982 bis 1984 betreffenden Teiles der Säumnisbeschwerde wird folgendes bemerkt:
Nach der der Säumnisbeschwerde beigeschlossenen Berufung vom 27. März 1987 betraf deren Teil A den Körperschaftsteuerbescheid für 1980; auf diesen Teil ist der Verwaltungsgerichtshof bereits eingegangen (siehe oben). Die Berufung gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis 1984 ist in Teil B ausgeführt. Diese Ausführungen richten sich allein dagegen, daß Aufwendungen an Gesellschaftsteuer (1982 S 80.000,--, 1983 S 985.000,--, 1984 S 740.000,--) nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden. Das Berufungsbegehren zu B ging auf Seite 4 unter lit. b der Berufung ausschließlich dahin, "in den Körperschaftsteuerbescheiden und den Gewerbesteuerbescheiden für 1982, 1983 und 1984 die angeführten Aufwendungen an Gesellschaftsteuer als Betriebsausgaben anzuerkennen".
In der der Säumnisbeschwerde ebenfalls beigelegten Eingabe der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde vom 20. Dezember 1989 wurden die in der Berufung vom 27. März 1987 (und einer weiteren Eingabe) erhobenen Einwendungen gegen die Verweigerung der Abzugsfähigkeit von Gesellschaftsteuerzahlungen in den Jahren 1982 (S 80.000,--), 1983 (S 985.000,--) und 1984 (S 740.000,--) - und damit, wie der einleitende Halbsatz der Eingabe vom 20. Dezember 1989 zeigt - das entsprechende Berufungsbegehren nicht mehr aufrechterhalten. Da das gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis 1984 gerichtete Berufungsbegehren allein die Anerkennung der Gesellschaftsteuerzahlungen als Betriebsausgaben zum Inhalt hatte, erscheint nach der Zurücknahme dieses Berufungsbegehrens mit der Eingabe vom 20. Dezember 1989 kein Berufungsbegehren gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis 1984 mehr offen. Dementsprechend vertrat die belangte Behörde in einem Schriftsatz vom 13. Mai 1991, Zl. 6/2-2746/87-06, mit dem sie dem Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung vom 30. April 1991, Zl. 6/2-2746/87-06, vorlegte, die Auffassung, die Berufung gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für 1982 bis 1984 wäre zurückgezogen worden (womit die belangte Behörde insoweit keine Entscheidungspflicht mehr getroffen hätte).
Der Beschwerdeführerin wird Gelegenheit geboten, zu vorstehenden Ausführungen innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen."
Die Erledigung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1991 wurde dem Beschwerdevertreter am 6. Juni 1991 zugestellt. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte weder innerhalb der in der hg. Erledigung vom 27. Mai 1991 gesetzten Frist von zwei Wochen noch danach ein.
5. Auf Grund vorstehender Ausführungen ergibt sich folgendes:
Da die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Entscheidungspflicht ausdrücklich nur insoweit geltend macht, als sie ihr Berufungsbegehren nicht zurückgenommen habe, bezüglich der Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1982 bis 1984 aber eine Zurücknahme des Berufungsbegehrens erfolgte, ist nur die Körperschaftsteuer für 1980 von der Säumnisbeschwerde erfaßt. Bezüglich der Körperschaftsteuer für 1980 hat die belangte Behörde mit der Berufungsentscheidung vom 30. April 1991, Zl. 6/2-2746/87-06, den versäumten Bescheid nachgeholt, und zwar entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin fristgerecht (siehe oben Punkt 2.). Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.
Für die Beschwerdeführerin wäre auch dann nichts gewonnen, wenn man davon ausgehen wollte, die Säumnisbeschwerde beträfe auch die Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1982 bis 1984. Denn im Hinblick auf die Zurückziehung der Berufung könnte die Beschwerdeführerin in diesem Punkt durch eine allfällige Säumnis der belangten Behörde in keinem Recht verletzt sein.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/91, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991130020.X00Im RIS seit
18.09.1991Zuletzt aktualisiert am
19.05.2011