TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/18 91/03/0121

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VStG §31 Abs3;
VStG §54b Abs2;
VStG §54b Abs3;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/03/0122

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Gerhard Z in S, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 5. März 1991, Zl. V-6136/88, betreffend Strafaufschub und Teilzahlung in Ansehung von Strafen, die wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 verhängt wurden,

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf den Strafaufschub bezieht, zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Versagung der Bewilligung auf Teilzahlung richtet, abgewiesen.

Begründung

Mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 9. März 1989 waren über den Beschwerdeführer wegen zweier Übertretungen des KFG Geldstrafen von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je drei Tage) und wegen einer Übertretung der StVO eine Geldstrafe von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe elf Tage) verhängt worden. Ferner war dem Beschwerdeführer ein Betrag von S 1.700,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens und ein Betrag von S 3.079,-- als Ersatz der Barauslagen auferlegt worden.

Mit Bescheid vom 5. April 1989 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Lienz dem Beschwerdeführer einen Strafaufschub bis 20. Februar 1990.

Mit dem Bescheid vom 4. Jänner 1990 gab die Bezirkshauptmannschaft Lienz dem Antrag des Beschwerdeführers auf Teilzahlung statt (Teilbetrag von S 779,--, zahlbar am 10. Mai 1990, weitere Teilbeträge von je S 1.000,--, zahlbar je am 10. der Folgemonate).

Der Beschwerdeführer leistete keine Zahlungen. Die von der Bezirkshauptmannschaft Lienz veranlaßte gerichtliche Exekution blieb erfolglos. Nach dem den Verwaltungsakten angeschlossenen Offenbarungseid bezieht der Beschwerdeführer eine monatliche Notstandshilfe von S 4.000,--.

Da Grund zur Annahme bestand, daß die Geldstrafe uneinbringlich ist, ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Lienz am 10. Dezember 1990 die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, in deren Sprengel der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz hat, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Mit dem an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gerichteten Schreiben vom 31. Jänner 1991 ersuchte der Beschwerdeführer um Strafaufschub bis 1. Mai 1991. Er habe eine Arbeitsstelle in Aussicht und könne wahrscheinlich auch "anfangen". Ferner bat er um Ratenzahlung. Er würde monatlich S 1.000,-- bezahlen.

Mit Bescheid vom 5. März 1991 lehnte die Bezirkshauptmannschaft Lienz den Antrag des Beschwerdeführers "auf Ratenzahlung vom 31.1.1991" gemäß § 54b Abs. 3 VStG 1950 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 5. April 1989 ein Strafaufschub bis 20. Februar 1990 und mit Bescheid vom 4. Jänner 1990 eine Teilzahlung von monatlich S 1.000,--, zahlbar ab 10. Mai 1990, gewährt worden, jedoch sei keine Zahlung erfolgt. Der bei Gericht gestellte Antrag auf Pfändung und Überweisung von Bezügen aus Dienst- und Arbeitsverhältnissen sei ebenfalls erfolglos geblieben. Da sich der Beschwerdeführer erst auf Grund des Vollstreckungsersuchens zum Vollzug der Freiheitsstrafe an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gewandt habe und überdies gemäß § 31 Abs. 3 VStG die Gefahr des Eintrittes der Vollstreckungsverjährung bestehe, sehe sich die Behörde außer Stande, einen weiteren Strafaufschub zu gewähren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es kann im Beschwerdefall dahinstehen, ob mit dem angefochtenen Bescheid in Hinsicht auf dessen an sich nicht zweifelhaften Spruch, demzufolge (nur) der "Antrag auf Ratenzahlung vom 31.1.1991" abgelehnt wurde, ungeachtet seiner Begründung, daß ein weiterer Strafaufschub nicht gewährt werden könne, auch über das gleichzeitig vom Beschwerdeführer im Antrag vom 31. Jänner 1991 gestellte Ersuchen um Strafaufschub entschieden wurde, was verneinendenfalls zur Folge hätte, daß die Beschwerde, soweit sie sich auf den Strafaufschub bezieht, schon mangels eines diesbezüglichen Abspruches nicht zulässig wäre. Denn selbst wenn dies bejaht wird, wovon der Beschwerdeführer ausgeht, erweist sich die Beschwerde insoweit aus folgenden Erwägungen als unzulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 30. Oktober 1984, Slg. Nr. 11.568/A, sowie die weitere in diesem Beschluß zitierte Vorjudikatur). Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muß aber nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern auch (noch) im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein. Daß es für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem behaupteten Recht verletzt sein kann, (auch) auf den Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ankommt, dafür spricht nicht nur der Wortlaut des Art. 131 Abs. 1 B-VG

(arg.: "... verletzt zu sein"), sondern auch die Bestimmung des

§ 33 Abs. 1 VwGG, der sich entnehmen läßt, daß der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren als Prozeßvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung des Beschwerdeführers in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, daß eine Beschwerde von vornherein als unzulässig betrachtet werden muß, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Lage bereits bei der Einbringung der Beschwerde vorliegt. Eine derartige Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen (vgl. dazu u.a. den hg. Beschluß vom 27. Februar 1991, Zl. 89/03/0200, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur).

Die Erteilung der Bewilligung eines Strafaufschubes ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Der Beschwerdeführer ersuchte, ihm bis 1. Mai 1991 Strafaufschub zu gewähren. Das Recht, in dem sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid verletzt erachten könnte, kann demnach nur bezogen auf diese Frist verstanden werden, daß sich der Beschwerdeführer also in dem Recht auf die Erteilung einer Bewilligung des Strafaufschubes bis 1. Mai 1991 verletzt erachtet. Diese Frist war aber in dem für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung beim Verwaltungsgerichtshof bereits abgelaufen. Schon aus diesem Grunde mangelt es im vorliegenden Fall an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG und damit am Rechtsschutzbedürfnis, was den Strafaufschub anlangt. Denn die Rechtsstellung des Beschwerdeführers würde sich durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides insoweit nicht ändern, weil es der belangten Behörde selbst im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides verwehrt wäre, dem Beschwerdeführer die angestrebte Bewilligung mangels gesetzlicher Ermächtigung rückwirkend zu erteilen (vgl. auch dazu den schon zitierten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1991, Zl. 89/03/0200, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur.

Die vorliegende Beschwerde war sohin, soweit sie sich auf die Versagung der Bewilligung des Strafaufschubes bezieht, mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.

Aus dieser Bestimmung ergibt sich zunächst, daß die belangte Behörde mit ihrer aus der Gegenschrift hervorleuchtenden Ansicht gleich dem Beschwerdeführer die Rechtslage verkennt, wenn sie meinen, daß die Erteilung einer Bewilligung nach § 54b Abs. 3 VStG dem Ermessen der Behörde obliegt. Liegen die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle vor, ist also einem Bestraften die unverzügliche Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten, dann hat der Bestrafte einen Rechtsanspruch auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung.

Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, ersuchte die belangte Behörde die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollstrecken, weil nunmehr Grund zu der Annahme besteht, daß die Geldstrafe uneinbringlich ist. Von dieser Annahme ging die belangte Behörde auch bei Erlassung des angefochtenen Bescheides aus, wie aus seiner Begründung insgesamt hervorgeht. Diese Annahme findet in der Aktenlage ihre Deckung. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, daß es nicht rechtswidrig ist, dem Antrag auf Teilzahlung einer Geldstrafe nicht stattzugeben, wenn die Annahme zu Recht besteht, daß die verhängte Geldstrafe uneinbringlich ist (vgl. dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 17. April 1991, Zl. 91/02/0027, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer brachte in seinem Antrag vom 31. Jänner 1991 lediglich vor, daß er eine Arbeitsstelle in Aussicht habe und wahrscheinlich auch anfangen könne, ohne dieses Vorbringen auch nur annähernd, etwa durch Angaben über den voraussichtlichen Beginn der Arbeit, den künftigen Arbeitgeber und die Art sowie Entlohnung der Arbeit, zu konkretisieren und solcherart der Behörde gegenüber glaubhaft darzutun, daß die Geldstrafe einbringlich sein werde. Mangels eines derartigen Vorbringens war die belangte Behörde nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen anzustellen und dem Beschwerdeführer vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/02/0174). Mit seinem Einwand in der Beschwerde, er habe "bereits eine allfällige Umschulung in die Wege geleitet" und "voraussichtlich im Sommer/Herbst 1991 die Möglichkeit" bei einer bestimmten Firma als Staplerfahrer zu arbeiten, vermag der Beschwerdeführer - abgesehen davon, daß es sich bei diesem Einwand um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt - die Wesentlichkeit des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht darzutun, beruht doch auch dieses Vorbringen lediglich auf Vermutungen und ist solcherart zu unbestimmt. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann es auf sich beruhen, ob der Beschwerdeführer mit seiner Ansicht im Recht ist, daß mit dem Antrag der Behörde auf gerichtliche Exekution zur Hereinbringung der Geldstrafe die Frist des § 31 Abs. 3 VStG gewahrt ist und im Beschwerdefall in Hinsicht auf die bewilligte Exekution Vollstreckungsverjährung nicht mehr eintreten könne. Der bevorstehende Eintritt der Vollstreckungsverjährung würde im übrigen entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers einer Bewilligung nach § 54b Abs. 3 VStG auch dann entgegenstehen, wenn die Vollstreckungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 3 VStG noch nicht unmittelbar droht (vgl. auch dazu das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/02/0174).

Soweit sich demnach die Beschwerde gegen die Versagung der Bewilligung auf Teilzahlung richtet, erweist sie sich als begründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030121.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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