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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des NN in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Graz vom 5. Juli 1990, Zl. A 17-K-22.904/1980-3, betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte beim Magistrat Graz die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO zum Parken eines Fahrzeuges in den Ladezonen des X-Platzes. Zur Begründung brachte er vor, er sei Inhaber eines Gewerbebetriebes, der sich vorwiegend mit der Erzeugung, Reparatur und Restaurierung von Gold-, Silber- und Metallwaren, insbesonders aus dem sakralen Bereich beschäftige. Mit dieser Tätigkeit sei betriebsbedingt der Transport von äußerst wertvollen sakralen Geräten (z.B. Monstranzen), aber auch von bis zu 100 kg schweren Werkstücken (z.B. Luster) verbunden, die nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch wegen hohen Gewichtes in unmittelbarer Betriebsnähe be- und entladen werden müßten. Ein Transport über längere Wegstrecken sei unmöglich. Im Hinblick auf die Größe des Betriebes (Kleinstbetrieb mit einem Mitarbeiter) und die wirtschaftliche Konzeption sei es transport- und konstruktionsbedingt oftmalig der Fall, daß der Beschwerdeführer die Be- bzw. Entladungsvorgänge "durch bis zu 2 Stunden unterbrechen müsse, um ein ordnungsgemäßes und sicheres Transportieren bzw. Behandeln der Werkstücke und geschäftliches Organisieren ermöglichen" zu können. Es sei dem Antragsteller wirtschaftlich nicht möglich, seine geschäftlichen Aufgaben anders als mit Hilfe der beantragten Ausnahmegenehmigung zu erfüllen, jedenfalls aber nicht ohne unzumutbare besondere Erschwernisse.
Mit Bescheid vom 30. August 1989 gab der Stadtsenat der Stadt Graz dem Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 45 Abs. 2 StVO keine Folge. Zur Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, es sei an der Westseite des X-Platzes eine Ladezone eingerichtet und an der Ostseite eine gebührenpflichtige Kurzparkzone vorhanden. Der Beschwerdeführer habe daher einerseits die Möglichkeit, seine Ladetätigkeiten in der vorhandenen Ladezone durchzuführen oder sein Fahrzeug in der gegenüberliegenden gebührenpflichtigen Kurzparkzone abzustellen. An der genannten Örtlichkeit sei sohin ein Warenumschlag ohne die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung möglich. Eine Ausnahme könnten nur gravierende wirtschaftliche Gründe (im Sinne von bedeutend, beträchtlich ins Gewicht fallend) rechtfertigen. Da der Beschwerdeführer die Möglichkeit der Durchführung einer Ladetätigkeit sowie die Möglichkeit des Abstellens eines Fahrzeuges ohnedies besitze, könne keinesfalls von einem erheblichen wirtschaftlichen Interesse gesprochen werden. Bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Parken in der Ladezone könne diese Zone nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden und müßten weitere Ladefahrzeuge ihre Tätigkeit in zweiter Spur durchführen, was zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs führen würde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Die Berufungsbehörde führte eine Berufungsverhandlung verbunden mit einem Ortsaugenschein durch. Vom Vertreter der Kammer der gewerblichen Wirtschaft wurde hiebei ausgeführt, daß es sich bei dem Betrieb des Beschwerdeführers um ein Unternehmen handle, das in seiner Art einzigartig in Graz sei. Die Waren, die im Betrieb bearbeitet werden, verfügten nicht nur über einen historischen, sondern auch vielfach künstlerisch unersetzbaren Wert. Wegen dieser wertvollen Gegenstände sei der Unternehmer gezwungen, diese jedesmal in den Betrieb mitzunehmen, da er solche wertvolle Güter nicht einfach in seinem Fahrzeug liegenlassen könne. Die Gefahr von Diebstählen wäre zu groß. Darüber hinaus verfügten die Kunstgegenstände meist über ein erhebliches Gewicht, oft bis zu 100 kg, sodaß ein schneller Transport auch hier seine Grenzen finde. Die Auftraggeber des Unternehmers erteilten die Aufträge oft in so kurzer Zeit, sodaß dieser jederzeit zeitlich disponibel sein müsse, was natürlich voraussetze, daß sein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe seines Gewerbebetriebes abgestellt sein müsse. Er schlage daher vor, die erbetene Ausnahmebewilligung zu erteilen. Der Vertreter des Straßen- und Brückenbauamtes erklärte, es habe sich die Amtskommission davon überzeugen können, daß es sich bei dem Betrieb des Beschwerdeführers um ein in Graz einzigartiges Unternehmen handle, das mit schweren und wertvollen Gegenständen "manipuliere". Auf Grund der Betriebsgröße müsse der Betriebsinhaber persönlich die Kundenkontakte im Unternehmen selbst als auch die Zustellungen und Transporte persönlich durchführen, sodaß aus betriebsorganisatorischen Gründen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Laden und anschließend jeweils auf eine Dauer von eineinhalb Stunden (verlängerte Ladetätigkeit) zu parken gerechtfertigt erscheine.
Der Gemeinderat der Stadt Graz gab mit Bescheid vom 5. Juli 1990 der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung wurde zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Erteilung der beantragten Ausnahmebewilligung für ihn eine wirtschaftliche Notwendigkeit darstelle, weil mit der in seinem Betrieb durchgeführten Tätigkeit betriebsbedingt der Transport von äußerst wertvollen sakralen Geräten, aber auch von bis zu 100 kg schweren Werkstücken verbunden sei, die nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch wegen des hohen Gewichtes in unmittelbarer Geschäftsnähe be- und entladen werden müßten, ausgeführt, daß dieses Vorbringen nicht geeignet sei, die Entscheidung der Unterbehörde in Frage zu stellen. Bereits im erstinstanzlichen Bescheid sei ausführlich begründet worden, warum dem gegenständlichen Ansuchen nicht entsprochen werden könne. Die Berufungsbehörde teile diese Argumentation.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer verweist auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und führt ergänzend "zur Abklärung des Sachverhaltes" aus, daß im engeren Bereich, für den die Ausnahmegenehmigung erteilt werden solle, ein Teil der Verkehrsfläche zur Fußgängerzone erklärt worden sei. Die in der Fußgängerzone gelegenen Betriebe könnten "mit ihrer Ladetätigkeit in den gestatteten Zeiträumen von 5.00 Uhr bis 10.00 Uhr vormittags" das Auslangen finden. Im unmittelbaren Bereich seines Betriebes befänden sich gebührenpflichtige Kurzparkzonen, die laufend verparkt seien. Es sei ihm daher alleine aus der faktischen Situation unmöglich, "außerhalb der Ladezonen die notwendigen Ladetätigkeiten" durchzuführen. Sein Betrieb und die besondere Art der Waren machten es aber notwendig, daß der im Gesetz als "Ladetätigkeit" umschriebene Vorgang oftmals bis zu 2 Stunden unterbrochen werden müsse, sodaß für die Straßenaufsichtsorgane, die die Einhaltung der Ladetätigkeiten auf den hiefür bestimmten Zonen zu überwachen haben, nicht ersichtlich sei, daß er "mit eben diesem Ladevorgang bzw. den damit zusammenhängenden Arbeiten an den wertvollen Monstranzen und Sakralausstattungen in seinem Betrieb beschäftigt" sei. Es sei unmöglich, in diesen Zeiträumen das Transportfahrzeug, nicht zuletzt auf Grund der Werte, die hier geladen werden, aus der Ladezone zu entfernen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in die Ladezone zu bringen, da für diese Tätigkeit ein eigener weiterer Mitarbeiter im Betrieb des Beschwerdeführers engagiert werden müßte, was im Hinblick auf die Betriebsgröße wohl nicht zumutbar sei. Er und der bei ihm bereits beschäftigte Mitarbeiter seien aber "regelmäßig mit den entsprechenden Tätigkeiten" befaßt, die ein Verändern des Standortes des Transportfahrzeuges in diesen Zeiträumen unmöglich machten. Das erhebliche wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers sei daher gegeben, weshalb er, da eine wie immer geartete Beeinträchtigung oder Behinderung des Verkehrs in keiner Weise durch die beantragte Ausnahmegenehmigung eintreten würde, einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung habe. § 45 Abs. 2 StVO räume der Behörde kein Ermessen ein. Dies habe die belangte Behörde verkannt. Die belangte Behörde habe auch ihre Begründungspflicht verletzt, weil sie sich mit einer Verweisung auf die Begründung des Bescheides der Vorinstanz begnügt und nicht mit dem Ergebnis der Berufungsverhandlung auseinandergesetzt habe.
Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.
Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, daß die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO nicht im Ermessen der Behörde liegt (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 1968, Slg. Nr. 7383/A). Der Antragsteller hat aber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung nur dann, wenn die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen zutreffen. Mangelt es schon an einer dieser Voraussetzungen, ist also das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen, ist die Bewilligung nicht zu erteilen.
Der Antrag des Beschwerdeführers ist auf die Erteilung einer Bewilligung "zum Parken in den Ladezonen des X-Platzes" gerichtet. Der Beschwerdeführer strebt mit der Ausnahmebewilligung demnach an, mit seinem Fahrzeug in einer Ladezone länger stehenbleiben zu dürfen, als der Vorgang der Be- und Entladung, der ja keiner zeitlichen Beschränkung unterworfen ist, dauert. Er will das Fahrzeug in den Ladezonen auch dann parken, wenn keine Be- oder Entladung durchgeführt wird und er sowie sein Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sind.
Die vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages vorgebrachten Argumente, nämlich daß der Betrieb und die besondere Art der Ware ("Warenumschlag") die Ausnahmebewilligung notwendig machten, vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Denn weder der Wert, noch das Gewicht und die Größe der im Betrieb des Beschwerdeführers hergestellten und bearbeiteten Gegenstände stellen Umstände dar, aus denen sich eine wirtschaftliche Notwendigkeit oder ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Beschwerdeführers ableiten ließen, daß das betriebsbedingt notwendige Fahrzeug in einer Ladezone unabhängig von einer Ladetätigkeit abgestellt wird, während der Beschwerdeführer und sein Mitarbeiter also im Betrieb des Beschwerdeführers tätig sind. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch in Hinsicht auf die Eigenart (den Typus) und die Größe des Betriebes sowie die dadurch "erzwungene Betriebsorganisation" nicht zu erkennen, daß sich die dem Beschwerdeführer obliegenden Aufgaben ohne die beantragte Ausnahmebewilligung nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen. Der Hinweis des Beschwerdeführers, ein Transport der in Rede stehenden Gegenstände "über längere Wegstrecken" (zur Beladung oder von der Entladung) sei unmöglich, geht schon deswegen fehl, weil in den Ladezonen, hinsichtlich der vom Beschwerdeführer eine Ausnahmebewilligung angestrebt wird, das Be- und Entladen der Gegenstände ohnehin zulässig ist. Der Beschwerdeführer will mit der beantragten Ausnahmebewilligung in Wahrheit vielmehr erreichen, sein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe seines Betriebes ungeachtet eines bestehenden Verbotes parken zu dürfen, um solcherart unverzüglich und ohne Zeitverlust darüber verfügen zu können, so etwa um nach Fertigstellung des angefertigten oder bearbeiteten Gegenstandes das Fahrzeug sofort, ohne es von einem weiter entfernt gelegenen Abstellplatz holen zu müssen, beladen oder wiederbeladen - nur in diesem Sinne kann die eingewendete Unterbrechung des Ladevorganges oftmals bis zu 2 Stunden verstanden werden - zu können. Dies stellt jedoch keinen sich aus der Eigenart des Betriebes und seiner Größe sowie der besonderen Art der Ware ergebenden Grund dar, der eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO rechtfertigen würde, zumal ein Bedürfnis, "jederzeit zeitlich disponibel" zu sein, wie es der Vertreter der Kammer der gewerblichen Wirtschaft anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung ausdrückte, in gleicher Weise für jeden anderen vergleichbaren Betrieb unabhängig von der Art der Ware zutrifft. Für den Standpunkt des Beschwerdeführers wäre sohin selbst dann nichts zu gewinnen gewesen, wenn sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides auch mit den Ergebnissen der Berufungsverhandlung auseinandergesetzt hätte, weshalb sie selbst bei Vermeidung dieses Mangels zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Bechwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Ermessen besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030259.X00Im RIS seit
11.07.2001