TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/18 91/03/0020

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Veröffentlicht am 18.09.1991
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §2 Z33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Otmar A in V, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 11. Dezember 1990, Zl. 11-75 A 41-90, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer des dem Kennzeichen nach bestimmten LKW am 16. Februar 1989 unterlassen, für die vorschriftsmäßige Beladung zu sorgen, da die dem Namen nach bezeichnete Person den LKW am 16. Februar 1989 um 09.00 Uhr auf einer bestimmten Straßenstelle gelenkt habe, obwohl durch die Beladung das höchstzulässige Gesamtgewicht des LKW von 16 t um 6.200 kg überschritten worden sei. Er habe dadurch die Verwaltungsvorschrift des § 101 Abs. 1 lit.a in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, aus der Zeugenaussage des einen Gendarmeriebeamten gehe hervor, daß die Abwaage ordnungsgemäß auf waagrechter Fahrbahn in Entsprechung der Eichvorschriften durchgeführt worden sei. Bis dato seien keine Fehlmessungen mit den Achslastmessern aufgefallen, wobei der zweite Gendarmeriebeamte die Nummern der Waagen angegeben habe und diese alle vorschriftsmäßig im Eichamt Wien geeicht seien. Der zweite Gendarmeriebeamte habe als Zeuge angegeben, daß die Achslastmesser ordnungsgemäß geeicht gewesen seien und daß ihm bislang keine Fehler aufgefallen seien. Er habe die Nummern der Achslastmesser vorgelegt, wobei sich die dazugehörigen Eichscheine beim Eichamt in Wien befänden. Auf Grund dieser Zeugenaussagen sei davon auszugehen, daß die Abwaage ordnungsgemäß stattgefunden habe. Dem weiteren Beweisantrag auf Nacheichung der Achslastmesser mit den angegebenen Nummern zum Beweis dafür, daß diese unrichtige Anzeigen aufwiesen, werde nicht mehr stattgegeben, da es sich hiebei um einen reinen Erkundungsbeweis handle. Der Beschwerdeführer habe keine konkreten Gründe angeben können, auf Grund welcher Annahmen er zum Schluß gelangt sei, die Achslastmesser würden trotz Eichung ein unrichtiges Gewicht anzeigen. Ebenso werde dem Beweisantrag auf Beischaffung der Eichscheine nicht stattgegeben, um zu beweisen, "daß die letzte Eichung der verwendeten Achslastmesser zeitlich solange vor der gegenständlichen Überprüfung stattfand, daß ein verläßlicher Rückschluß auf eine richtige Anzeige der Achslastmesser zum Zeitpunkt der Anhaltung nicht möglich ist", da dies ebenfalls auf einen Erkundungsbeweis hinauslaufe. Durch die Zeugenaussagen stehe nämlich fest, daß sämtliche Achslastmesser geeicht gewesen seien. Beide einvernommenen Zeugen hätten übereinstimmend angegeben, daß sie bis zur Einvernahme am 1. Dezember 1989 mit den Achslastmessern keine Fehlmessungen hätten feststellen können. Die Einvernahme des Hauptgruppenkommandanten sei schon deshalb entbehrlich, da dieser selbst bei der Abwaage nicht anwesend gewesen sei und es der Beschwerdeführer unterlassen habe, Gründe anzugeben, warum gerade dieser Zeuge über die Funktionstüchtigkeit der Achslastmesser eine konkrete Aussage treffen könnte.

Mit Bescheid vom 10. März 1988 sei der damaligen Zulassungsbesitzerin des LKW gemäß § 101 Abs. 5 KFG die Bewilligung erteilt worden, mit dem LKW bestimmte Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen bis zu einem Gesamtgewicht von 19 t zu befahren, wobei jedoch ein Anhänger nicht mitgeführt werden dürfe. Als Auflage sei vorgeschrieben worden, daß dieser Bescheid vom jeweiligen Lenker auf allen Fahrten in Original mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht auf deren Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen sei. Laut Mitteilung der Zulassungsbehörde sei seit Juli 1988 der Beschwerdeführer der neue Zulassungsbesitzer. Schon auf Grund der Änderung des Zulassungsbesitzers des Fahrzeuges im Juli 1988 habe der Bescheid vom 10. März 1988 zum Tatzeitpunkt (16. Februar 1989) nicht mehr zur Anwendung gelangen können. Im übrigen werde ausdrücklich festgestellt, daß auch bei Befahren der im Bescheid genannten Straßen eine Überladung vorgelegen gewesen wäre, welche (selbst) durch die erteilte Bewilligung gemäß § 101 Abs. 5 KFG nicht mehr gedeckt und somit unzulässig gewesen wäre. Eine derartige Überladung wäre somit als eine Übertretung nach § 101 Abs. 1 lit.a KFG zu qualifizieren gewesen und nicht als Übertretung des § 101 Abs. 1 lit.d KFG. Dies sei auch dadurch deutlich, daß eine Auflage betreffend das höchstzulässige Gesamtgewicht in der Ausnahmebewilligung nicht enthalten sei, da dieses Gewicht ja bereits Gegenstand der Ausnahmebewilligung sei. Eine Änderung des Spruches habe jedoch vorgenommen werden können, da dem Beschwerdeführer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sämtliche Tatbestandselemente zur Kenntnis gebracht worden seien (Akteneinsicht am 16. Juni 1989). Auf Grund der Wiegekontrolle stehe somit fest, daß beim LKW das höchtszulässige Gesamtgewicht um 6.200 kg überschritten und es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, Entlastungsbeweise beizubringen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 1 KFG (in der hier anzuwendenden Fassung der 10. Kraftfahrgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 106/1986) hat der Zulassungsbesitzer (Z. 1) dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Nach § 101 Abs. 1 KFG (hier ebenfalls in der Fassung vor der 13. Kraftfahrgesetz-Novelle) ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 2 und 5 nur zulässig, wenn

a) das höchstzulässige Gesamtgewicht ... nicht überschritten werden, ...

Dieser Tatbestand stellt schlechterdings auf das Überschreiten des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes ab, auf das Ausmaß der Überladung kommt es für die Tatbestandsmäßigkeit einer Übertretung nach dieser Gesetzesstelle somit nicht an (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, Zl. 87/03/0167). Daß der Beschwerdeführer am 16. Februar 1989 nicht dafür gesorgt habe, daß das höchste zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten werde, wurde ihm innerhalb der für die Verfolgungsverjährung vorgesehenen Frist (§ 31 Abs. 2 VStG) in der Strafverfügung vom 20. April 1989 vorgehalten. Solcherart wurde in Ansehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung eine Verfolgungshandlung rechtzeitig vorgenommen.

Der zweite Gendarmeriebeamte hatte in seiner Zeugenaussage vom 29. November 1989 ausgeführt, zum Wiegen würden die Achslastmesser mit den Nummern 188, 189, 410, 412, 521, 550, 553, 3.026, 2.952, 4.077, 4.088, 4.340 und 4.264 verwendet werden.

Zur Überprüfung des von der belangten Behörde auf diese Zeugenaussage gestützten angefochtenen Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof an das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen das Ersuchen um Mitteilung gerichtet, wann die Eichung bzw. wann vor dem 16. Februar 1989 die letzte Nacheichung der angeführten Achslastmesser stattgefunden hat und ob der 16. Februar 1989 noch innerhalb der vorgesehenen Nacheichfrist gelegen war.

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde aufgefordert, einen Schriftsatz zu folgenden Fragen zu erstatten:

1. Welche der angeführten Achslastmesser wurden für die in der Anzeige angeführte Abwaage am 16. Februar 1989 verwendet?

2. Wann vor der gegenständlichen Anhaltung wurden die betreffenden Achslastmesser letztmalig geeicht?

Die der belangten Behörde für die Beantwortung gesetzte Frist ist am 12. August 1991 ungenützt verstrichen.

Im Antwortschreiben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 25. Juli 1991 finden sich u.a. folgende Ausführungen:

"Die eichtechnische Behandlung der ggst. Radlastmesser vor dem 16. Februar 1989 erfolgte wie in nachstehender Tabelle angegeben:

Pos.  Gerät Nr.     Zeitpunkt           Ergebnis

1     188          11. 3.1987          Eichung

2     189          11. 3.1987          Eichung

3     410          15.12.1988          Eichung

4     412           6. 7.1988          Eichung

5     521          11. 3.1987          Eichung

6     550          11. 3.1987          Eichung

7     553          15.12.1988          Zurückweisung

8    2952           3. 6.1988          Eichung

9    3026           3. 6.1988          Eichung

10    4077          15.12.1988          Zurückweisung

11    4088          15.12.1988          Zurückweisung

12    4264          17.11.1986          Eichung

13    4340          17.11.1986          Eichung

Da die Gültigkeit der Eichung zwei Kalenderjahre, das Jahr der Eichung nicht mitgerechnet, umfaßt, galten somit am frglichen Tag, dem 16. Februar 1989, die Geräte Pos. 1-6, 8 und 9 formell als geeicht; die Gültigkeitsdauer der Eichung für die Geräte Post. 12 und 13 war bereits am 31. Dezember 1988 abgelaufen. Die Geräte Pos. 7, 10 und 11 galten infolge ihrer Zurückweisung zum Stichtag als ungeeicht. (Diese drei wurden übrigens - offenbar nach Reparatur - am 6. April 1989 abermals der eichtechnischen Prüfung unterzogen und konnten diesmal geeicht werden.)"

"Ob bei der beeinspruchten Amtshandlung nur gültig geeichte Radlastmesser oder - siehe Liste - auch ungeeichte verwendet wurden, kann ha. nicht beurteilt werden. Es steht jedoch fest, daß nicht alle gleichzeitig benützt worden sein können: Zum ersten wegen der ungeraden Anzahl der angeführten Geräte, während Radlastmesser nur paarweise zur Bestimmung von Achslasten zu verwenden sind (die Bestimmung einer einzelnen Radlast ist vom Gesetz her nirgendwo vorgesehen). Zum zweiten sind bei der Kontrolle von LKW in den in der Praxis auftretenden Fällen im Extremfall zehn Radlastmesser nötig, nämlich bei Sattelkraftfahrzeugen mit Auflieger und einer Gesamtzahl von fünf Achsen, wo eine getrennte Messung von Zugfahrzeug und Auflieger nicht möglich ist. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn mit den Radlastmessern das Gesamtgewicht ermittelt werden soll, was nach den in den Eichvorschriften enthaltenen Verwendungsbestimmungen nur durch GLEICHZEITIGE Messungen aller Achslasten erlaubt ist. Legt man hingegen nur Wert auf die Kontrolle der einzelnen Achslasten, so genügen in allen Fällen zwei Radlastmesser. Dem Gesagten zufolge dürfte es sich bei der Liste um alle Geräte handeln, die die in Betracht kommende Behörde besitzt; es wäre demnach zu klären, welche davon im konkreten Fall wirklich zum Einsatz gekommen sind."

Da sich der zweite Gendarmeriebeamte in seiner Zeugenaussage vom 29. November 1989 zum Teil auf die Verwendung von Achslastmessern berufen hatte, die am 16. Februar 1989 nicht geeicht waren, die belangte Behörde jedoch die Aufklärung der sich aus dieser Zeugenaussage ergebenden Fragen, weshalb dort ungeeichte Achslastmesser als geeicht bezeichnet wurden und welche Rückschlüsse daraus auf die Abwaage vom 16. Februar 1989 zu ziehen seien, unterließ, bedarf der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung und wurden die Verfahrensvorschriften der §§ 45 Abs. 2 und 60 AVG 1950 über das Gebot einer schlüssigen Begründung von Bescheiden außer acht gelassen, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Vorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit.b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nichterforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991030020.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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