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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131a;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/01/0045 91/01/0046Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. des Samer S,
2. des Antonios M und 3. der Yolla M, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bundespolizeidirektion Schwechat, wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, gelegen im Verbot den Transitbereich des Flughafens Wien-Schwechat an der Übertrittsstelle in das Landesinnere zu verlassen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.011,66 (insgesamt S 3035,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Aus den Schriftsätzen der Streitteile des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die drei Beschwerdeführer sind libanesische Staatsangehörige und flogen am 9. März 1990 mit einer Linienmaschine der AUA von Larnaca - mit Zwischenaufenthalt auf dem Flughafen Wien-Schwechat - bis Warschau. Als ihnen dort die Einreise nach Polen verwehrt worden war, kehrten sie mit der Gegenkursmaschine zum Flughafen Wien-Schwechat zurück. Da sie nicht über die erforderlichen Sichtvermerke verfügten, wurden alle von Organen der Bundespolizeidirektion Schwechat am Übertritt in das Landesinnere gehindert und in Sondertransiträumen des Flughafens gewiesen, um ihnen - raschest - den Rückflug (nach Larnaca) zu ermöglichen. Dazu waren sie aber nicht bereit: In der Folge scheiterten insgesamt vier Versuche eines Rücktransportes (und zwar am 11., 14. und zweimal am 15. März 1990) an ihrem nachdrücklichen und anhaltenden Widerstand. Zuletzt wurden ihnen dann zeitlich befristete Sichtvermerke erteilt, worauf sie am 16. März 1990 nach Österreich einreisen durften.
Gegen die angefochtenen Verwaltungsakte - nämlich das von Sicherheitsorganen erklärte Verbot, den Transitbereich des Flughafens Wien-Schwechat an der Übertrittsstelle in das Landesinnere zu verlassen und solcherart nach Österreich einzureisen - erhoben die Beschwerdeführer zunächst eine auf Art. 144 Abs. 1 zweiter Satz B-VG gestützte Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 26. November 1990, B 558/90, 559/90, und 560/90, wurde folgendes ausgesprochen:
Die Beschwerdeführer sind dadurch, daß ihnen in der Zeit vom 9. bis 16. März 1990 von Organen der Bundespolizeidirektion Schwechat verboten wurde, den Transitbereich des Flughafens Wien-Schwechat an der Übertrittsstelle in das Landesinnere zu verlassen, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm, in ihren Rechten verletzt worden."
Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 1991 wurden gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 die erhobenen Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In den an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden stellten die Beschwerdeführer den Antrag, "die am 9. 3. 1990 zu einem nicht mehr exakt bestimmbaren Zeitpunkt, spätestens jedoch kurz nach 15 Uhr durch Beamte der Bundespolizeidirektion Schwechat vorgenommene Verhaftung und nachfolgende Anhaltung in den Sondertransiträumen sowie in unterirdisch gelegenen kerkerartigen Räumlichkeiten des Flughafens Wien-Schwechat bis zum Nachmittag des 16. März 1990 für rechtswidrig zu erklären".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Vorliegen einer "faktischen Amtshandlung" setzt die Anwendung von Zwang voraus. Die Beschwerdeführer erblicken nach ihrem Beschwerdeantrag den Zwang insbesondere in einer Verhaftung und nachfolgenden Anhaltung in den Transiträumen des Flughafens Wien-Schwechat. Nach dem festgestellten und unbestritten gebliebenen Sachverhalt wurden die Beschwerdeführer aber weder verhaftet noch durch Zwangsgewalt in den Transiträumen, dem Grenzkontrollbereich im Sinne des § 7 Abs. 2 Z. 4 Grenzkontrollgesetz 1969, festgehalten, also nicht in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt. Vielmehr war ihnen die Möglichkeit gegeben, die Transiträume jederzeit zu verlassen um die Reise fortzusetzen. Waren diese Prämissen schon von vornherein nicht gegeben, dann konnte auch der Verwaltungsgerichtshof die beantragten Feststellungen nicht treffen. Es erübrigte sich daher auf das Beschwerdevorbringen im einzelnen einzugehen.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da die Zuerkennung eines Streitgenossenzuschlages im Gesetz nicht vorgesehen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991010032.X00Im RIS seit
29.01.2002