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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der K-GesmbH in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. April 1991, Zl. 03-12 Ku 48-91/1, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 360,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat am 2. Dezember 1980 um die Erteilung einer Baubewilligung für die Aufstellung einer Plakatierungstafel mit den Ausmaßen von 7,25 x 2,65 m reiner Plakatierungsfläche auf dem Grundstück Nr. 463, KG XY, angesucht. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Februar 1981 wurde dieser Antrag mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. April 1989 abgewiesen, da die Tafel unter anderem das Ortsbild beeinträchtige. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, die bereits errichtete Plakattafel bis 30. Juni 1989 zu entfernen. In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Plakattafel bestehe seit vielen Jahren unverändert im Anschluß an die Tafeln eines Konkurrenzunternehmens und sei so situiert, daß sie in keiner Weise eine Beeinträchtigung darstellen könne. Darüber hinaus sei eine Plakattafel an sich ein integrierender Bestandteil jedes Ortsbildes in Österreich; es sei auch nicht näher ausgeführt worden, wodurch die Beeinträchtigung erfolge. Die Berufungsbehörde führte am 15. Juni 1989 eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch, an der auch ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilnahm. Während dieser Verhandlung wurde das Gutachten eines Amtssachverständigen vom 14. Juni 1989 vorgelesen. In diesem Gutachten wird ausgeführt, seit dem Zeitpunkt der ersten Verhandlung in der gegenständlichen Sache habe sich die Straßenführung der A-Straße durch eine Begradigung entsprechend der Eintragung im Lageplan geändert. Nunmehr münde die A-Straße nach der Plakatwand in einem Abstand von ca. 25 m in die Landesstraße. In dem verbleibenden Grundstücksbereich zur ehemaligen aufgelassenen Straße befinde sich eine ansehnliche Baumbepflanzung, die einen Übergang zum südlich gelegenen Hühnerberg und Kapelle bilde. Der Bereich stelle eine ruhige Ortsrandzone mit Übergang zu den Mürzauen jenseits der A-Straße dar. Auch ende vor der Plakattafel die Ortsverbauung. Die Plakatwand befinde sich in einem Abstand von 60 bis 70 cm südöstlich der Gehsteigkante. Im Tafelbereich sei auch eine Straßenböschung von 0,5 bis 1 m Geländedifferenz vorhanden. Die Plakatwand habe eine Gesamtlänge von ca. 19,5 m Länge, wobei eine Wandteilung durch die Tafel der Beschwerdeführerin mit einer Länge von ca. 7,25 m und die Tafel der Firma A. mit 12 m Länge gegeben sei. Die beiden Tafeln hätten eine Höhe von 2,60 m und seien 40 bis 70 cm über der Straßenböschung mittels 15 x 15 cm Kanthölzern aufgeständert. Die Plakatwand habe eine Stärke von 30 cm und sei doppelseitig für Plakatierungszwecke ausgebildet. Hinsichtlich des Ortsbildes sei in Verbindung mit den Befundangaben eine Beeinträchtigung auf jeden Fall gegeben, da die Plakatwand in ihrer Gesamtheit die Grünzone am Ortsrand Hafendorf abdecke bzw. die Sicht durchschneide. Zusätzlich sei diese Grünzone durch den vorhandenen "Kapellenberg" mit Fußweg aufgewertet, sodaß eine Plakattafel in diesem Bereich nicht akzeptiert werden könne (auch andere Hinweistafeln seien aus diesem Grund nicht bewilligt worden). Es folgen weitere Ausführungen zur Verkehrssicherheit. Der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärte zur Beeinträchtigung des Ortsbildes, daß seines Erachtens die Plakatwand nicht störend wirke und die Standfestigkeit jedenfalls gegeben sei.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 1989 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 12. April 1989 ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aus dem Gutachten des amtlichen Sachverständigen gehe hervor, daß eine Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die gegenständliche Plakattafel auf jeden Fall gegeben sei, da sie in ihrer Gesamtheit die Grünzone am Ortsrand Hafendorf abdecke bzw. durchschneide. Zudem sei diese Grünzone durch den vorhandenen "Kapellenberg" mit Fußweg aufgewertet, sodaß eine Plakattafel in diesem Bereich nicht akzeptiert werden könne.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung erklärte die Beschwerdeführerin, es sei keineswegs einsichtig, daß durch ihre kleine Plakattafel das Ortsbild gestört würde. Das Argument, daß durch ihre Tafel ein Bereich am Ortsrand Hafendorf abgedeckt bzw. durchschnitten werde, scheine ihr wenig verständlich. Jede frei aufgestellte Tafel bringe es zwangsläufig mit sich, daß in irgendeinem Blickwinkel etwas abgedeckt werde. "Oberstgerichtliche Entscheidungen" sprächen immer ganz klar aus, daß eine Störung des Ortsbildes nur dann vorliege, wenn in einem sehr wesentlichem Ausmaß besonders schützenswerte Ortsbildbereiche gestört würden. Dies sei in diesem Fall sicher nicht gegeben.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die Gemeindeaufsichtsbehörde den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 6. Oktober 1989 hinsichtlich des Ausspruches über den Beseitigungsauftrag behoben. Im übrigen wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Der Begründung ihres Bescheides zufolge ging die belangte Behörde davon aus, daß die Berufungsbehörde im Hinblick auf das von ihr eingeholte Gutachten schlüssig annehmen durfte, daß die Plakattafel der Beschwerdeführerin im Widerspruch zum gegebenen Orts- und Landschaftsbild stehe. Wenn die Beschwerdeführerin der Auffassung gewesen wäre, daß der Sachverständige eine sachlich unrichtige Beurteilung vorgenommen hätte, was aber nicht einmal behauptet worden sei, so wäre es ihr freigestanden, das Gutachten durch ein Gegengutachten zu widerlegen, was aber nicht geschehen sei. Das Vorbringen, jede frei aufgestellte Tafel bringe es zwangsläufig mit sich, daß in irgendeinem Blickwinkel irgendetwas abgedeckt werde, sei zwar richtig, hieraus könne aber für den Einzelfall kein Rechtsanspruch auf Bewilligung abgeleitet werden. Im Hinblick auf die Größe der Werbetafel und den dahinterliegenden "Kapellenberg" folge die Aufsichtsbehörde der Meinung der Baubehörde zweiter Instanz, daß nicht mehr ein bloß unbeachtliche, sondern bereits eine erhebliche Störung des Ortsbildes gegeben sei.
Gegen jenen Teil des Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde vom 8. April 1991, mit dem die Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. II Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, ist für Berufungen gegen Bescheide, die bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. März 1989) erlassen worden sind, die alte Rechtslage maßgeblich. Da der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde nach dem 1. März 1989 erging, war, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, die Steiermärkische Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 anzuwenden.
Gemäß § 56 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung müssen Werbe- und Ankündigungseinrichtungen aller Art (Tafeln, Schaukästen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise u.dgl.) und deren Beleuchtung in Ausmaß, Form, Farbe und Werkstoff so beschaffen sein und so angebracht werden, daß sie
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die äußere Erscheinung baulicher Anlagen sowie das Straßen- und Ortsbild nicht beeinträchtigen,
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die Sicherheit nicht gefährden,
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und keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung verursachen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 84/06/0183, BauSlg. Nr. 934, ausgesprochen, daß die Behörde zur Frage, ob eine Plakattafel das Ortsbild stört, das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen und dieses auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen hat.
Die belangte Behörde hat das Gutachten des Amtssachverständigen sowohl auf seine Vollständigkeit als auch auf seine Schlüssigkeit hin überprüft.
Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung), bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Davon ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die Beurteilung des Sachverständigengutachtens und somit des Sachverhaltes unschlüssig sei oder den Denkgesetzen widerspreche. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, wonach sie im Hinblick auf das von der Behörde zweiter Instanz eingeholte Gutachten schlüssig annehmen durfte, daß das Bauvorhaben der Beschwerdeführerin aufgrund seiner Größe mit dem gegebenen Orts- und Landschaftsbild im Widerspruch stehe. Wenn die Beschwerdeführerin der Auffassung gewesen wäre, daß das Gutachten eine sachlich unrichtige Beurteilung vorgenommen habe, wäre es ihr freigestanden, dem Gutachten durch ein Gegengutachten entgegenzutreten, was aber nicht geschehen ist. Es wird nicht einmal in der Beschwerde behauptet, daß der Bescheid auf einer unrichtigen Sachverhaltsannahme beruhe. Aus den dem Gutachten beigelegten Fotos geht auch hervor, daß die örtliche Situation im Befund richtig wiedergegeben wurde. Dem (nicht anwaltlichen) Vertreter der Beschwerdeführerin wurde während der Verhandlung vom 15. Juni 1989 das gesamte Gutachten des Amtssachverständigen zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin hat weder bei der Verhandlung den Antrag gestellt, ihr eine Frist zur Vorlage eines Gegengutachtens einzuräumen, noch hat sie bis zur Bescheiderlassung ein derartiges Gutachten vorgelegt. Da das Gutachten des Amtssachverständigen ausreichend und schlüssig war, konnte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zutreffend zu dem Schluß gelangen, daß durch die Plakattafel ein im Sinne des § 46 BO unzulässiger Störungsfaktor gegeben sei.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, für die mitbeteiligte Partei im Rahmen des Kostenbegehrens.
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes Fachgebiet Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991060093.X00Im RIS seit
19.09.1991