TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/19 91/06/0071

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Veröffentlicht am 19.09.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1989 §44 Abs3;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des XY in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Oktober 1990, Zl. Ve-550-1655/4, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1952, KG Z, einer Hochwiese, die von ihm bewirtschaftet wird. Auf dieser Wiese befand sich "seit Menschengedenken" eine sogenannte "Kochhütte", die deshalb notwendig sei, weil die Hochwiese relativ weit vom Hof des Beschwerdeführers entfernt sei. Da die frühere Kochhütte baufällig geworden war, wurde an derselben Stelle die nunmehrige Kochhütte errichtet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Dezember 1989 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, das Objekt innerhalb eines Monats ab Rechtskraft des Bescheides abzutragen. In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden könne und in der nächsten Umgebung des Objektes sich zahlreiche ähnliche Gebäude befänden, die ohne Baubewilligung errichtet worden seien.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Februar 1990 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und dabei über die Möglichkeit der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht abgesprochen.

Die dagegen erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie nahm als erwiesen an, daß das errichtete Gebäude hangseitig auf einem Streifenfundament und talseitig auf Fundamentsockeln mit aufgemauerten Schalsteinen aufgesetzt sei. Der aufgelegte Dachpfettendachstuhl besitze als Eindeckung eine Hartbedachung (Ziegel). Dem Gebäude vorgelagert sei eine Terrasse errichtet worden. Das Gebäude sei komplett neu errichtet worden, wobei bei der Ausführung geringfügig ältere Holzteile (Balken, Dachsparren) miteingebaut worden seien. Das Gebäude habe eine Fläche von 26,52 m2 und einen umbauten Raum von 83,54 m3. Unbestritten sei die Bauführung etwa 1987 erfolgt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte mit Beschluß vom 26. Februar 1991, Zl. B 1296/90-6, die Behandlung ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In dem aufgetragenen Ergänzungsschriftsatz beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer neuerlich darauf verweist, daß in seiner näheren Umgebung auch andere Bauobjekte bestünden, die ohne Baubewilligung errichtet worden seien, wird damit keine Rechtswidrigkeit des gegen den Beschwerdeführer ergangenen Abbruchauftrages dargetan, da dessen Rechtmäßigkeit ausschließlich davon abhängt, ob die Voraussetzungen für seine Erlassung hinsichtlich des betroffenen Gebäudes vorliegen.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Behörde habe nicht ausreichend begründet, warum der Neubau im Jahre 1987 erfolgt sein solle, übersieht er, daß es für die Frage der Konsenslosigkeit des Bauwerkes nicht auf den genauen Zeitpunkt seiner Errichtung ankommt, wenn unbestritten ist, daß die "Kochhütte" ohne Erlangung einer Baubewilligung "erneuert" worden ist. Auf den für eine vorangegangene jedoch abgebrochene Hütte erteilten Konsens kommt es dabei nämlich nicht an. Gemäß § 3 Abs. 5 der Tiroler Bauordnung ist Neubau, der nach § 25 lit. a leg. cit. bewilligungspflichtig ist, die Errichtung eines neuen Gebäudes, auch wenn nach Abtragung eines Gebäudes Teile dieses Gebäudes, wie Fundamente oder Mauern, wiederverwendet werden. Damit bedurfte die "Erneuerung" der früher bestandenen "Kochhütte" jedenfalls einer Baubewilligung. Das neu errichtete Bauwerk ist konsenslos ohne Rücksicht darauf, ob es gegenüber dem früheren Bestand vergrößert worden ist. Dabei sah das Gesetz sowohl im Zeitpunkt der "Erneuerung" = Errichtung als auch zur Zeit der Erlassung des zweitinstanzlichen Abtragungsbescheides die Bewilligungspflicht vor.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers haben die Verwaltungsbehörden grundsätzlich das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden, der Gemeindevorstand in seinem Bescheid vom 8. Februar 1990 daher den § 44 Abs. 3 TBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 (nunmehr in der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 33/1989). Danach hat die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen, wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt. Daher hatten weder die Baubehörden noch die Gemeindeaufsichtsbehörde zu prüfen, ob das Gebäude einer Bewilligung zugänglich ist oder nicht; vielmehr war der Abbruchauftrag ohne Rücksicht auf die Bewilligungsfähigkeit zu erlassen. Dies ändert nichts daran, daß ein anhängiges Verfahren zur Erlangung der Baubewilligung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vollstreckung des Abbruchbescheides entgegenstünde.

Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten im Umfang des Beschwerdepunktes nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991060071.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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