TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/19 91/06/0062

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Veröffentlicht am 19.09.1991
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1 impl;
BauO Stmk 1968 §2;
BauRallg impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Dr. Elisabeth W in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 7. Februar 1991, Zlen. A 17-K-5.104/1989-2,

A 17-K-5.105/1989-2, betreffend Versagung von Baubewilligungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz am 21. März sowie am 24. März 1989 je ein Bauansuchen eingebracht. Beide Ansuchen betreffen einen Zubau auf den Grundstücken Nr. 2101 und 2102, EZ 740, KG X, wobei jeweils die Errichtung eines Schachtes für einen Personenlift und Zubau in zwei Varianten (Variante A und C) vorgesehen war. Beide Varianten weisen eine Bebauung bis zur Grundstücksgrenze auf.

Mit Bescheiden des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 9. Oktober 1989 wurden die Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 58 Abs. 1 lit. a der Stmk. Bauordnung 1968 (BO) seien dem Ansuchen um Baubewilligung gleichzeitig der Nachweis der Widmungsbewilligung oder, wenn gleichzeitig um die Widmungsbewilligung angesucht wird, die hiezu erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Die gegenständlichen Grundstücke seien Teil eines Areals, für welches eine Widmungsbewilligung aus dem Jahre 1887 vorliege. Obwohl der der Widmungsbewilligung angeschlossene Widmungsplan keinen rechtwinkeligen Abschluß der mit IX bezeichneten Baustelle mit der A-Gasse nach Osten hin ausweise, gehe aus dem Text des Bescheides entgegen der planlichen Darstellung eindeutig hervor, daß die Baustelle IX so verkürzt werden müsse, daß deren Abschluß in senkrechter Richtung auf die Fortsetzung der A-Gasse zu führen sei, damit die Möglichkeit der Ausführung einer regulären Eckbaustelle gegeben sei. Da im Falle eines Widerspruches zwischen Bescheidspruch und Plan dem Bescheid als dem unmittelbaren Ausdruck des behördlichen Willens der Vorrang gegenüber einer Ausweisung in Plänen einzuräumen ist, finde die Bauführung östlich von der im Widmungsbescheid als östliche Bauplatzgrenze festgelegten Linie keine Deckung.

Die gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Februar 1991 ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Bauführung östlich von der im Widmungsbescheid festgelegten Linie finde in der zitierten Widmungsbewilligung keine Deckung. Darüber hinaus fänden die gemäß der Baubeschreibung beantragten Gebäudehöhen (gartenseitig 21,5 m, straßenseitig wie der Bestand 15,63 m) ebenfalls keine Deckung in der Widmungsbewilligung aus dem Jahre 1887, weil dort nur die Errichtung von höchstens zwei Stock hohen Wohngebäuden bewilligt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 1 der Stmk. Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1989 (BO) sind dem Ansuchen um Baubewilligung der Nachweis der Widmungsbewilligung oder, wenn gleichzeitig um die Widmungsbewilligung angesucht wird, die hiezu erforderlichen Unterlagen (§ 2) anzuschließen. Gemäß § 61 Abs. 1 BO ist über das Bauansuchen eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen durchzuführen, es sei denn, daß es bereits auf Grund der Prüfung der Pläne und Unterlagen oder wegen eines unlösbaren Widerspruches zu einem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und zu Bebauungsrichtlinien abzuweisen ist.

Mit Widmung des Stadtrates Graz vom 12. März 1887 wurde das Areal zwischen H-Straße, G-Straße und A-Gasse zu insgesamt neun Bauplätzen gewidmet. Unbestritten ist der gegenständliche Bauplatz im angeschlossenen Plan mit IX bezeichnet. Dieser Bauplatz ist im Zerstückelungsplan (Widmungsplan) mit einer Länge von 21,50 m zur A-Gasse ausgewiesen, er weist an der westlichen Grundstücksgrenze einen neunziggrädigen und an der östlichen Grundstücksgrenze einen achtziggrädigen Winkel zur A-Gasse auf. Im Plan ist die gesamte Bauplatzfläche von der westlichen bis zur östlichen Grundstücksgrenze bis in eine Tiefe von ca. 15 m von der A-Gasse schräg strichliert eingezeichnet. Der vierte Absatz der Widmung des Stadtrates Graz vom 12. März 1887 hat folgenden Wortlaut:

"Im ganzen sollen 9 Baustellen gewonnen werden, und entspricht die Einteilung der Baustellen bezüglich der Ausdehnung der Hofräume und sonstiger Anlage den Bestimmungen der Bauordnung und wird nur bezüglich der Baustelle IX bedungen, damit die Möglichkeit der Ausführung einer regulären Eckbaustelle vorhanden ist, daß die östliche Stirnmauer dieser Baustelle auf die Fortsetzung der A-Gasse in senkrechter Richtung geführt und die Baustelle IX selbst entsprechend verkürzt werde."

Die Beschwerdeführerin brachte sowohl auf Verwaltungsebene als auch in der Beschwerde vor, es sei 1887 vorgesehen gewesen, etwas weiter nördlich eine Quergasse zur G-Straße von der H-Straße her zu planen. Um diesen Vorstellungen zu entsprechen, sei in das Protokoll zum Zerstückelungsplan aufgenommen worden, daß hinsichtlich der Baustelle IX bedungen würde, daß die östliche Stirnmauer in senkrechter Richtung auf die A-Gasse geführt werden müsse. Offensichtlich habe man damit ein tieferes Haus in Richtung der geplanten Querstraße ermöglichen wollen. In der Folge sei jedoch die Querstraße nicht ausgeführt worden, sie könne auch nicht mehr ausgeführt werden, weil darauf nun mehrere Institutsgebäude stünden. Der Zweck der "bedungenen" Verkürzung der Baustelle IX sei daher heute nicht mehr erfüllbar. Damit falle aber auch diese Bedingung weg und verbleibe der ursprüngliche Widmungswunsch und Widmungsrahmen, wonach bis zur Grundgrenze verbaut werden dürfe.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht anzuschließen. Der Gerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246, ausgesprochen, daß bei einem Widerspruch zwischen Bescheidspruch und Plan dem Bescheid als dem unmittelbaren Ausdruck des behördlichen Willens der Vorrang gegenüber einer Ausweisung in den Plänen einzuräumen ist. Der Gerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß selbst bei der für die Beschwerdeführerin günstigsten Annahme, es sei in dem einen Bestandteil eines Widmungsbewilligungsbescheides bildenden Plan geschlossene Bebauungsweise vorgesehen gewesen, aus dem zitierten Absatz 4 der Widmung vom 12. März 1887 eindeutig hervorgeht, daß die Baustelle IX so verkürzt werden muß, daß die östliche Stirnmauer dieser Baustelle in senkrechter Richtung auf die Fortsetzung der A-Gasse geführt wird. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es auf die Gründe, die zu einer derartigen Festsetzung geführt haben, nicht an. Daher ist selbst bei einem allfälligen Entfall des Grundes, der zu einer derartigen Festsetzung geführt hat, nicht davon auszugehen, daß nunmehr (d.h. ohne Widmungsänderung) andere Baugrenzlinien gelten. Daß allenfalls nach dem März 1887 zu einem Zeitpunkt, als schon feststand, daß die geplante Querstraße nicht errichtet werden würde, in Ansehung der gegenständlichen Liegenschaft eine andere Baugrenzlinie festgelegt wurde, hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet.

Da die projektierten Bauführungen östlich der im Widmungsbescheid festgelegten Baugrenzlinie durchgeführt werden sollten, ist die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzt, wenn ihre beiden Baubewilligungsanträge schon aus dem Grunde der insoweit fehlenden Widmung ohne weiteres Verfahren abgewiesen wurden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftInhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991060062.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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