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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des Bruno M in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneresvom13. Februar 1990, Zl. 8117/15-II/4/89, betreffend Reisezulage nach § 13 RGV 1955, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Landesgendarmeriekommando Kärnten.
Der Beschwerdeführer hatte nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens am 19. und 20. April 1989, damals als Beamter des Gendarmeriepostens B sowie als Bergführer und Stellvertreter des Leiters der Alpinen Einsatzgruppe Spittal/Drau, eine zweitägige Alpinpatrouille im Bereich des Gendarmeriepostens G durchzuführen. Für diese Alpinpatrouille verrechnete der Beschwerdeführer Tages- und Nächtigungsgebühren sowie das Kilometergeld für den Fußmarsch.
Auf Antrag des Beschwerdeführers stellte die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 10. Oktober 1989 fest, daß dem Beschwerdeführer außer der geltend gemachten Nächtigungsgebühr keine sonstigen Gebühren nach der Reisegebührenvorschrift zustehen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, mit der er im wesentlichen vorbrachte, daß dem Gendarmen bei Alpinpatrouillen die Tagesgebühr deshalb zustehen müsse, weil bei solchen Patrouillen höhere Kosten als im üblichen Sicherheits- und Patrouillendienst erwüchsen.
Dieser Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid nicht stattgegeben. In der Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes und des § 39 Abs. 1 RGV 1955 weiter ausgeführt: Bei der vom Beschwerdeführer mit Reiserechnung in Rechnung gestellten Alpinpatrouille, die er im Bereiche der für seine Dienststelle zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, also im Überwachungsrayon geleistet habe, handle es sich unbestreitbar um eine solche Dienstverrichtung, für die die Ansprüche auf Tagesgebühren pauschal abgegolten würden. Daraus, daß die monatliche Pauschalvergütung anstelle der Tagesgebühr nach dem ersten Hauptstück der Reisegebührenvorschrift 1955 gebühre und der Beschwerdeführer diese Vergütung auch monatlich im voraus ausbezahlt erhalten habe, folge schlüssig, daß die vom Beschwerdeführer begehrte, einzelverrechnete Tagesgebühr gesetzlich untersagt sei und somit nicht gebühre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisezulage nach § 13 RGV 1955 durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit § 39 leg. cit. sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die gemäß § 92 des Gehaltsgesetzes 1956 als Bundesgesetz in Geltung stehende Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, enthält in ihrem II. Hauptstück Sonderbestimmungen für den Gendarmeriedienst. § 39 Abs. 1 RGV 1955 in der Fassung des Art. VII Z. 8 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 288/1988 lautet:
"Für den normalen Sicherheits- und Patrouillendienst, den Funkpatrouillendienst und den motorisierten Verkehrsdienst sowie andere regelmäßig zu leistende und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen außerhalb des Dienstortes im Überwachungsrayon der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, Außenstellen der Gendarmerieposten, Verkehrsposten, Motorbootstationen und Außenstellen der Verkehrsabteilungen gebührt anstelle der Tagesgebühren nach dem I. Hauptstück eine monatliche Pauschalvergütung. Für jede in Anspruch genommene Nachtunterkunft gebührt eine Nächtigungsgebühr."
Als Überwachungsrayon im Sinne des Abs. 1 gilt nach Abs. 3 der genannten Bestimmung für die Beamten der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, deren Außenstellen und der Verkehrsposten der Bereich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf Tagesgebühr nach § 13 RGV 1955 nur dann ausgeschlossen ist, wenn es sich bei der genannten zweitägigen Alpinpatrouille um eine Dienstverrichtung gehandelt hat, die unter die Sonderbestimmung des § 39 Abs. 1 RGV 1955 fällt. Entscheidend ist also die Frage, ob es sich bei der genannten Alpinpatrouille entweder um einen "normalen Sicherheits- und Patrouillendienst" (- Funkpatrouillendienst und motorisierter Verkehrsdienst scheiden bei der gegebenen Sachlage auch nach dem Beschwerdevorbringen aus -) oder um eine andere regelmäßig zu leistende und in der Natur des Dienstes des Beschwerdeführers gelegene Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes im Überwachungsrayon gehandelt hat.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß diese Alpinpatrouille nicht dem zuletzt genannten Tatbestand unterstellt werden dürfe, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht, weil der Gesetzgeber mit dem ersten Halbsatz des ersten Satzes des § 39 Abs. 1 RGV 1955 offensichtlich nur einige der regelmäßig zu leistenden und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen konkret bezeichnet hat (nämlich die genannten Patrouillendienste und den motorisierten Verkehrsdienst) und im zweiten Halbsatz der genannten Regelung die Tatbestandsvoraussetzungen allgemein zusammenfassend umschreibt. Aus der Nichtnennung der "Alpinpatrouillen" im ersten Halbsatz ist weder abzuleiten, daß es sich bei den sogenannten "Alpinpatrouillen" nicht um einen "normalen Sicherheits- und Patrouillendienst" im Sinne des § 39 Abs. 1 erster Halbsatz des ersten Satzes RGV 1955 handeln kann, noch daß der Alpinpatrouillendienst - sofern die Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes der genannten Regelung gegeben sind - dieser nicht unterstellt werden darf.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist bei der gegebenen Sachlage für den Beschwerdeführer auch nichts daraus zu gewinnen, daß bei der Aufzählung der Dienststellen im § 39 Abs. 1 RGV 1955 im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Dienstverrichtung im Überwachungsrayon die Alpineinsatzgruppe nicht genannt ist. Dies schon deshalb, weil die Dienststelle des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Dienstverrichtung - wie sich aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere aus der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Reiserechnung unbedenklich ergibt - ein Gendarmerieposten war. Die Beschwerdebehauptung, die Dienststelle des Beschwerdeführers sei - damals - das Landesgendarmeriekommando gewesen, ist daher unzutreffend.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Gleichstellung von Alpinpatrouillen mit sonstigen Patrouillen bei der pauschalen Abgeltung von Tagesgebühren bereits gleichheitswidrig sein soll, teilt der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf die doch offenkundig eher geringen Kostendifferenzen nicht.
Der angefochtene Bescheid ist aber insofern mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, als sich die Begründung - wie vorher wiedergegeben - im wesentlichen nur auf die Feststellung beschränkt, es handle sich bei der in Frage stehenden Alpinpatrouille "unbestreitbar um eine solche Dienstverrichtung, für die die Ansprüche auf Tagesgebühr pauschal abgegolten werden". Damit hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob es sich bei der konkreten Dienstverrichtung des Beschwerdeführers für diesen um einen normalen Sicherheits- und Patrouillendienst oder um eine andere regelmäßig zu leistende, in der Natur des Dienstes des Beschwerdeführers gelegene Dienstverrichtung gehandelt hat. Die Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift zur Frage des Alpindienstes im allgemeinen unter Bezugnahme auf interne Erlässe können diesen Mangel nicht beheben (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1960, Slg. N.F. Nr. 3186/A).
An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn § 39 Abs. 5 RGV 1955 mit in Betracht gezogen wird. Nach dem zweiten Satz dieser Regelung gelten als Einsätze, die nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst gehören, Dienstleistungen bei alpinen Rettungs- und Bergungsaktionen, Elementarereignissen, Großbränden, Unfällen im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr und besondere Wachdienste sowie Dienstleistungen aus besonderen Anlässen zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen, sofern diese außerhalb des eigenen Dienstortes liegen und nicht § 22 anzuwenden ist.
Im Beschwerdefall kann nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des letzten Halbsatzes der zuletzt genannten Regelung nicht von vornherein verneint werden, weil der Beschwerdeführer (nach der sachverhaltsmäßig bestätigten Reiserechnung) die gegenständliche Alpinpatrouille jedenfalls im Bereich eines anderen Gendarmeriepostens durchzuführen hatte; nähere Feststellungen hinsichtlich der anderen Tatbestandserfordernisse, hinsichtlich des Anlasses bzw. Motivs für die gegenständliche auswärtige Dienstverrichtung sind aber von der Behörde nicht getroffen worden.
Der angefochtene Bescheid war daher, weil ein anderes Ergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120143.X00Im RIS seit
23.09.1991