TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/23 90/12/0321

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Veröffentlicht am 23.09.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
B-VG Art132;
LDG 1984 §24 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der NN in K, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen die Niederösterreichische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung in Angelegenheit Bewerbung um eine schulfeste Leiterstelle, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG wird die Berufung gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen vom 28. März 1990, Zl. VIII/1-LK-9/40, abgewiesen.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 5.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Sie bewarb sich mit Eingabe vom 22. Mai 1989 beim Landesschulrat für Niederösterreich um eine schulfeste Leiterstelle der Hauptschule II in K.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landeslehrerkommission für allgemeinbildende Pflichtschulen vom 28. März 1990 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. Dezember 1989 um Erlassung eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG) 1984, BGBl. Nr. 302, unterscheide zwischen schulfesten Stellen gemäß § 24 Abs. 1 - das seien unter anderem die Leiterstellen der Hauptschulen - und den sonstigen Lehrerstellen (§ 24 Abs. 2), die gemäß § 24 Abs. 5 zu schulfesten Stellen erklärt worden seien. Allein die schulfesten Stellen im Sinne des § 24 Abs. 2 bis 5 LDG 1984 könnten durch den Akt der Verleihung mit definitiven Landeslehrern besetzt werden. Die gemäß § 24 Abs. 1 LDG 1984 kraft Gesetzes schulfesten Leiterstellen würden dagegen durch Ernennung auf eine andere Planstelle im Sinne des § 8 LDG 1984 besetzt. Soweit die Ernennung auf eine andere Planstelle mit der Verleihung einer schulfesten Stelle verbunden werde, sei gemäß § 8 Abs. 2 LDG 1984 auf die Vorschriften des § 26 Bedacht zu nehmen. Daher erwerbe bei solchen von Gesetzes wegen schulfesten Stellen der zum Leiter ernannte Landeslehrer anders als bei den sonstigen schulfesten Stellen nach Anordnung des § 26 Abs. 9 LDG 1984 die Schulfestigkeit uno actu mit seiner Ernennung. Während die Verleihung einer sonstigen schulfesten Stelle nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Parteistellung der Bewerber im Verwaltungsverfahren deren nachprüfender Kontrolle unterliege, treffe dies auf die Ernennung auf einen anderen Dienstposten, möge diese Ernennung auch mit der Verleihung einer schulfesten Stelle verbunden sein, nicht zu. Die Ernennung zum Leiter einer Hauptschule könne zwar von der Erlangung der schulfesten Stelle nicht getrennt werden, sei aber gemäß § 24 Abs. 1 LDG 1984 nur die Folge der Ernennung, weshalb die für die Ernennung maßgebenden Grundsätze anzuwenden seien. Die Ernennung sei ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der in Ausübung des freien Ermessens ergehe. Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz räume kein verfolgbares subjektives, aus dem Dienstverhältnis erwachsendes Recht auf Ernennung zum Leiter einer der in § 24 Abs. 1 LDG 1984 genannten Schulen ein. Subjektive Rechte bestünden darauf ebensowenig wie in Hinsicht auf die Aufnahme in das Beamten- oder Landeslehrerverhältnis oder auf eine Beförderung. Dazu wurde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Ein Rechtsanspruch eines Bewerbers auf Verfahrens- bzw. Ermessenskontrolle könne nicht angenommen werden, auch bei Vorliegen von an die Behörde gerichteten und diese verpflichtenden Normen erwachse im Zusammenhang mit der Verleihung eines Dienstpostens niemandem ein Rechtsanspruch oder rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG. Da der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Verleihung der Leiterstelle an der Hauptschule II K weder ein Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG erwachsen sei, müsse ihr Antrag auf bescheidmäßige Absprache über diesen Verleihungsakt zurückgewiesen werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Berufung an die belangte Behörde und focht den erstinstanzlichen Bescheid seinem gesamten Inhalt nach an. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei ihre Parteistellung im Verfahren um die Verleihung der schulfesten Leiterstelle zu Unrecht verneint worden.

Die Niederösterreichische Landesregierung verständigte die Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 28. Juni 1990 von ihrer mit der Behörde erster Instanz übereinstimmenden, durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigten Rechtsauffassung, wonach die Parteistellung eines Bewerbers einer schulfesten Leiterstelle zu verneinen sei.

Dieser Auffassung trat die Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom 27. August 1990 entgegen, in der sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ihre Parteistellung beanspruchte.

Die belangte Behörde hat über die Berufung der Beschwerdeführerin nicht entschieden, sodaß die Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG (§ 27 VwGG) zulässig ist.

Die belangte Behörde hat auch in der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten dreimonatigen Frist den von der Beschwerdeführerin beantragten Rechtsmittelbescheid nicht erlassen. In ihrer Eingabe vom 22. Mai 1991 brachte die belangte Behörde vor, sie habe über die Berufung der Beschwerdeführerin nicht entschieden, weil eine Entscheidung nur in einer Zurückweisung der Berufung bestehen könne. Da eine Beschwerde gegen einen solchen Bescheid zu erwarten sei, sei davon abgesehen worden, in der Sache selbst zu entscheiden, um ein zweites Beschwerdeverfahren zu ersparen.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin ist daher auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, bzw. der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Beschwerdeberechtigt ist bei der Säumnisbeschwerde auch ein Antragsteller, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, selbst wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann (vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9.458/A). Nach diesem Judikat besteht auch im Streit um Parteistellung und Antragsbefugnis ein Anspruch auf Erlassung eines Bescheides, insoweit diese zur Entscheidung stehen. Insoweit kommt der Beschwerdeführerin Parteistellung zu und dementsprechend trifft die belangte Behörde die Entscheidungspflicht.

Die Berufung ist nicht berechtigt. Im Verfahren um die Verleihung einer schulfesten Stelle ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls nur EIN Bescheid über die Verleihung der schulfesten Stelle zu erlassen. Auf eine abgesonderte bescheidmäßige Erledigung anderer Bewerber um die schulfeste Stelle besteht kein Rechtsanspruch. Sache der Bewerber wäre es, die Zustellung einer allenfalls bereits getroffenen Entscheidung über die Verleihung der schulfesten Stelle zu begehren, damit diese ihnen gegenüber auch erlassen wird (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1976, Zl. 416/76, Slg. N.F. Nr. 9.127/A und vom 22. Februar 1991,

Zlen. 90/12/0286, 0287).

Die Behörde erster Instanz hat daher im Ergebnis jedenfalls zutreffend den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines besonderen Bescheides über die Verleihung der schulfesten Leiterstelle der Hauptschule II in K der Beschwerdeführerin gegenüber als unzulässig zurückgewiesen. Dies unabhängig davon, ob der Beschwerdeführerin im Verfahren über die Vergabe einer schulfesten Leiterstelle Parteistellung zukommt oder nicht.

Die Berufung der Beschwerdeführerin mußte daher abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Rahmen des Antrages stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungKassatorische Entscheidung FormalentscheidungParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990120321.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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