TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/23 90/10/0174

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Veröffentlicht am 23.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. August 1990, Zl. N-100512/5-I/Ko-1990, betreffend Wiederaufnahmeverfahren in einer Naturschutzsache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung der Vorgeschichte auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 90/10/0145, verwiesen.

1.1. Mit Schriftsatz vom 2. August 1990 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Juni 1990 abgeschlossenen Verfahrens. Nach der Begründung sei er bei Durchsicht anderer Familienurkunden am 22. Juli 1990 unversehens auf eine Kopie des seinerzeit vom Verpächter überlassenen Bauansuchens gestoßen, das dieser als Errichter der Badehütte bei der zuständigen Baubehörde eingebracht habe. Diese Urkunde sei ihm bis zu dem genannten Datum unverschuldet nicht zur Verfügung gestanden, sodaß die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben seien. Aus der vorgelegten Urkunde ergebe sich jedenfalls, daß zum Zeitpunkt der Errichtung der Badehütte der Erbauer dieser Hütte und der Grundeigentümer ein und dieselbe Person gewesen sei, sodaß eine neuerliche Zustimmungserklärung des Grundstückseigentümers im Verfahren gemäß § 11 Abs. 2 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 nicht notwendig sei. Wäre dem Antragsteller die nunmehr hervorgekommene Beweisurkunde bereits im ordentlichen Verfahren zur Verfügung gestanden, hätte die Behörde schon auf Grund dieser Unterlage davon ausgehen müssen, daß die Erfordernisse für die Einleitung des Verfahrens zur nachträglichen naturschutzrechtlichen Bewilligung gegeben seien. Auf Grund der aus der hervorgekommenen Urkunde ersichtlichen Geschäftszahl des Bauverfahrens hätte die Behörde diesen Akt beischaffen müssen, aus dem sich dann auch ergeben hätte, daß die im Jahre 1959 errichteten Baulichkeiten naturschutzrechtlich bewilligt worden seien. Die Behörde hätte jedenfalls bei Kenntnis der nunmehr hervorgekommenen Beweisurkunde einen im Spruch anders lautenden Bescheid fassen müssen.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers keine Folge.

Nach Wiedergabe des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß die vorgebrachten neuen Tatsachen die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erschienen ließen. Dies könne jedoch nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme darstellen, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen seien, die Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden sei. In diesem Verfahren habe der Beschwerdeführer jedoch stets vorgebracht, daß er selbst mit Zustimmung des damaligen Grundstückseigentümers die verfahrensgegenständliche Hütte errichtet habe. Es widerspreche somit der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Beschwerdeführer vergessen habe, daß nicht er, sondern der frühere Grundeigentümer der Errichter der Badehütte gewesen sei. Die Behauptung, daß die Hütte vom damaligen Grundeigentümer bereits im Jahre 1959 erbaut worden sei, könne deshalb nur als unrichtig bezeichnet werden. Darüberhinaus handle es sich dabei um eine Tatsache, die vom Beschwerdeführer jederzeit hätte vorgebracht werden können. Die vorgelegte Urkunde erscheine aber auch nicht geeignet, die Richtigkeit des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes in Zweifel zu ziehen. Bei dieser Urkunde handle es sich lediglich um eine Kopie eines Einreichplanes, welcher mit "Strandhütte am Irrsee für Herrn F" übertitelt sei. Es bleibe völlig offen, ob dieser Plan bei der Baubehörde eingereicht bzw. das Bauvorhaben tatsächlich von Herrn F verwirklicht worden sei. Nach Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe sich vielmehr ergeben, daß ein derartiges Verfahren bei der zuständigen Baubehörde niemals anhängig gemacht worden sei. Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht gelungen, Tatsachen vorzubringen oder Beweismittel vorzulegen, die einen anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten in den zu den Zlen. 90/10/0144, 0145 protokollierten Beschwerdeverfahren vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde in dem zur Zl. 90/10/0173 protokollierten Verfahren miterstattet.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der mit "Wiederaufnahme des Verfahrens" überschriebene § 69 Abs. 1 AVG 1950 lautet auszugsweise:

"§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

...

b) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, ..."

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann nach § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die erst nach Abschluß eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Es muß sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluß des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde (vgl. das Erkenntnis vom 10. Juli 1985, Zl. 85/03/0041).

2.2. Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, nicht der Errichter der Badehütte zu sein. Bei Durchsicht anderer Familienurkunden sei er unversehens auf eine Kopie des seinerzeit vom Verpächter überlassenen Bauansuchens gestoßen, das dieser als Errichter der Badehütte bei der zuständigen Baubehörde eingebracht habe. Diese Urkunde sei ihm bisher unverschuldet nicht zur Verfügung gestanden, sodaß die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben seien.

Damit bringt der Beschwerdeführer jedoch keine das abgeschlossene Verwaltungsverfahren betreffenden neuen Tatsachen oder Beweismittel vor, abgesehen von der Frage, ob diese im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung überhaupt "neu hervorgekommen" sind. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer nämlich stets behauptet, die streitgegenständlichen Bauwerke selbst errichtet zu haben. Wenn er nunmehr vorbringt, die Badehütte habe der frühere Grundstückseigentümer errichtet, so wird hinsichtlich des zur Antragstellung nach § 5 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 Legitimierten ein völlig anders gearteter Sachverhalt behauptet, auf den eine Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens nicht gegründet werden kann. Auf dem Boden des nunmehrigen Vorbringens müßte im übrigen schon mangels Legitimation des Beschwerdeführers der Antrag auf nachträgliche Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 zurückgewiesen werden.

2.3. Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 6. Juni 1990 abgeschlossenen Verfahrens durch die belangte Behörde erweist sich daher schon aus diesen Erwägungen im Ergebnis als nicht rechtswidrig. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Für die zu den Zlen. 90/10/0144, 0145 vorgelegten Verwaltungsakten konnte im gegenständlichen Verfahren kein Aufwandersatz zugesprochen werden; dies gilt auch hinsichtlich der zur Zl. 90/10/0173 miterstatteten Gegenschrift.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100174.X00

Im RIS seit

23.09.1991

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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