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63/02 Gehaltsgesetz;Norm
GehG 1956 §12 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. Walter R, Rechtswalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 7. Dezember 1989, Zl. 1956/33-Pr3/89, betreffend Vorrückungsstichtag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit 1. Juli 1987 als Beamter der Verwendungsgruppe A in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er leitet seit Beginn seines Dienstverhältnisses als Vertragsbediensteter am 1. Mai 1984 die Bibliothek des Bundesministeriums für Finanzen.
Die nach der Stellenausschreibung für diese Funktion geforderte Voraussetzung der erfolgreichen Ablegung der Prüfung für den höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken hatte der Beschwerdeführer durch die erfolgreiche Absolvierung des ersten Grundausbildungslehrganges für die Verwendungsgruppe A "Bibliotheks-, Dokumentations- und Informationsdienst" während seines Dienstverhältnisses als Bibliothekar bei einem privaten Arbeitgeber in der Zeit vom Feber 1979 bis November 1980 erbracht.
Im Zuge des Verfahrens auf Festsetzung seines Vorrückungsstichtages als Vertragsbediensteter beantragte der Beschwerdeführer, ihm gemäß § 26 Abs. 3 VBG seine private Vordienstzeit von acht Jahren zur Gänze anzurechnen.
Da die belangte Behörde dem Begehren des Beschwerdeführers nicht entsprach, klagte er daraufhin den Bund und begehrte die Vollberücksichtigung der ihm nur zur Hälfte angerechneten Vordienstzeiten, sodaß sich als Vorrückungsstichtag der 7. November 1971 ergäbe.
Das Begehren des Beschwerdeführers war erfolgreich (zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 19. Dezember 1990, 9 Ob A 236, 237/90 hingewiesen).
Da zum Zeitpunkt der Ernennung des Beschwerdeführers dieses arbeitsgerichtliche Verfahren bereits anhängig war, wurde die Festsetzung des Vorrückungsstichtages für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer vorerst bis zur Beendigung dieses Verfahrens ausgesetzt. Am 5. Juni 1989 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung seines Vorrückungsstichtages mit 7. November 1971.
Mit Schreiben vom 24. November 1989 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, daß beabsichtigt sei, seinen Vorrückungsstichtag mit 7. November 1975 festzusetzen.
Nach Prüfung der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen wurde der Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid in teilweiser Stattgebung seines Antrages mit 7. November 1974 festgesetzt.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter ausgeführt:
Bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages seien folgende Zeiten berücksichtigt worden:
"Nach § 12 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1, 6 und 8 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze die Zeiten:
7. 9.1964 - 30. 6.1965 Mittelschulstudium,
d.s. 0 J, 9 M, 24 T
1. 7.1966 - 31.12.1970 Hochschulstudium,
d.s. 4 J, 6 M, 0 T
1. 5.1984 - 30. 6.1987 BMF, VB
d.s. 3 J, 2M, 0 T
Nach § 12 Abs. 1 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 folgende
sonstige Zeiten zur Hälfte: 1. 7.1965 - 30. 6.1966
d. s. 0 J, 6 M, 0 T
1. 2.1971 - 30. 4.1982 d.s. 5 J, 8 M, 0 T
Nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 mit Zustimmung
des Bundeskanzleramtes:
1. 5.1982 - 30. 4.1984 Kammer für Arbeiter und Ange-
stellte, Bibliothek
d.s. 2 J, 0 M, 0 T"
Die belangte Behörde führt dann in der Begründung des
angefochtenen Bescheides weiter aus:
Da der Beschwerdeführer in die Verwendungsgruppe A übernommen worden sei, seien die zu berücksichtigenden Zeiten nach § 12 Abs. 6 und Abs. 7 des Gehaltsgesetzes 1956 um vier Jahre zu vermindern gewesen. Das Gesamtausmaß der dem Tag der Anstellung des Beschwerdeführers voranzusetzenden Zeiten betrage demnach zwölf Jahre, sieben Monate und 24 Tage.
Dem Antrag des Beschwerdeführers nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 auf Berücksichtigung der Zeiträume vom 1. April 1976 bis 30. September 1980 (Verlag des österreichischen Gewerkschaftsbundes/Archiv) und vom 1. Oktober 1980 bis 30. April 1982 (Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien/Bibliothek) habe aus folgenden Gründen nicht stattgegeben werden können:
Der Beschwerdeführer habe ab 1. Juli 1987 als Beamter die Bibliothek im Bundesministerium für Finanzen geleitet. Die Dienstbehörde habe nun zu prüfen gehabt, welche Zeiten, die vor diesem Ernennungstag gelegen seien, von besonderer Bedeutung und Ursache für die erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers gewesen seien.
Die Zeit vom 1. Mai 1984 bis 30. Juni 1987, während der der Beschwerdeführer als Vertragsbediensteter die genannte Bibliothek geleitet habe, sei sicher von Bedeutung und Ursache für die erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers als Beamter gewesen. Diese Zeit werde allerdings ex lege bereits nach § 12 Abs. 2 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze berücksichtigt und scheide daher für eine weitere Prüfung aus.
Ferner sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Mai 1982 bis 30. April 1984 mit einer Leitungsfunktion in der Bibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte betraut gewesen. Diese Zeit sei Ursache und von Bedeutung für die derzeitige erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers und sei daher im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 berücksichtigt worden.
Die übrige Zeit, während der der Beschwerdeführer als Bibliothekar tätig gewesen sei, habe vor allem seiner Ausbildung, dem Kennenlernen des Bibliothekswesens an sich und der Ablegung von Prüfungen gedient. Tätigkeiten wie die Beschaffung, Katalogisierung, Beschlagwortung, Erschließung, die Wahrnehmung von Planungs- und Organisationsaufgaben, die Einführung in die EDV usw. stellten gewöhnliche Merkmale des Bibliothekswesens dar und enthielten keine Merkmale, die von besonderer Bedeutung wären. Einer Ausbildung in einer bestimmten Berufssparte komme grundsätzlich keine besondere Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zu. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer während dieser Zeit kaum Dienste verrichtet, die vergleichsweise der Verwendungsgruppe A zuzuordnen gewesen wären. Abschließend werde bemerkt, daß nur die Zeiten der früheren Leitungstätigkeit des Beschwerdeführers in Bibliotheken von Bedeutung und Ursache der derzeitigen erfolgreichen Verwendung des Beschwerdeführers gewesen seien. Die volle Berücksichtigung der Zeiten des Beschwerdeführers als Bibliothekar in der Privatwirtschaft sei daher nur im vorangeführten Ausmaß möglich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall war § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 447/1990 anzuwenden. Diese Regelung lautet:
"Zeiten gemäß Abs. 1 lit. b, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen im öffentlichen Interesse insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist."
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde von den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Vordienstzeiten - abgesehen von der dreijährigen Vertragsbedienstetenzeit des Beschwerdeführers - nur jene als für die erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers als von besonderer Bedeutung gewertet und im öffentlichen Interesse zur Gänze berücksichtigt, während der der Beschwerdeführer mit einer Leitungsfunktion betraut war. Die gesamten übrigen Zeiten blieben von der belangten Behörde, obwohl auch diese von ihr für die Ausbildung des Beschwerdeführers als Bibliothekar als wesentlich bezeichnet wurden, auf Grund der Rechtsauffassung unberücksichtigt, einer Ausbildung in einer bestimmten Berufssparte komme grundsätzlich keine besondere Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zu.
Diese Rechtsauffassung ist in dieser uneingeschränkten Form unrichtig.
Der Beschwerdeführer hat seine Tätigkeit als Beamter als Leiter der Amtsbibliothek des Bundesministeriums für Finanzen begonnen und war bereits vorher während der drei Jahre seiner Dienstzeit als Vertragsbediensteter mit dieser Funktion betraut. Davon, daß nur die Vertragsbedienstetenzeit im Sinne des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 für die erfolgreiche Verwendung des Beschwerdeführers am Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses von besonderer Bedeutung gewesen wäre, geht die belangte Behörde selbst nicht aus. Derartiges vermag auch der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Sachlage und unter Berücksichtigung der Ausschreibungsbedingungen für diese Funktion nicht zu erkennen. In diesem Sinne hat auch der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise mit Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0221, ausgesprochen, daß eine relativ kurze Vertragsbedienstetenzeit von - damals - zwei Jahren die Anwendung des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht ausschließt. Dafür, daß für die Ausübung dieser Leitungsfunktion nur die Zeiten der Ausübung einer (anderen) Leitungsfunktion im Sinne des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 im Sinne einer besonderen Bedeutung maßgeblich sein sollen, bleibt die belangte Behörde ausgehend von der Rechtsauffassung, einer Berufsausbildung komme grundsätzlich und von vornherein keinerlei Bedeutung in diesem Zusammenhang zu, eine Begründung schuldig. Die belangte Behörde übersieht solcherart, daß für die Bekleidung einer Leitungsfunktion in einem Bereich, der so wie im Beschwerdefall spezifisches Fachwissen voraussetzt, die Erwerbung dieses Fachwissens eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung der Leitungsfunktion darstellt. Dies trifft insbesondere auf die Zeit der Grundausbildung des Beschwerdeführers zu, während der er die für seine spätere Tätigkeit in der Ausschreibung geforderte und für die Übernahme in das öffentliche Dienstverhältnis im Bundesdienst gesetzlich vorgesehene Grundausbildung (vgl. §§ 24 ff BDG 1979), und zwar während seiner Tätigkeit bei privaten Dienstgebern (Feber 1979 bis November 1980), absolviert hat.
Wenn sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 1980, Zl. 2047/78, beruft und darauf hinweist, daß der Verwaltungsgerichtshof damals ausgesprochen habe, bei einer völlig gleichgelagerten Tätigkeit als Vertragsbediensteter würde die Bedeutung weiter zurückliegender Praxiszeiten hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Verwendungserfolg als öffentlich-rechtlicher Bediensteter in den Hintergrund treten, so wird diese Aussage hinsichtlich der privaten Vordienstzeiten mit Ausbildungscharakter jedenfalls für die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 447/1990 (mit dieser Novelle wurde die Regelung des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 ausdrücklich dahingehend ergänzt, daß nach § 26 Abs. 3 VBG zur Gänze berücksichtigte Zeiten bei gleicher Verwendung ebenfalls zur Gänze zu berücksichtigen sind) grundsätzlich beibehalten. Trotzdem kann dieser in dem genannten Vorerkenntnis dargelegten Rechtsauffassung - bezogen auf den Beschwerdefall - schon im Hinblick auf den anders gelagerten Sachverhalt nicht die von der belangten Behörde angenommene entscheidende Bedeutung für den Ausschluß von Vordienstzeiten des Beschwerdeführers für die Vollanrechnung beigemessen werden. Bei dem genannten Vorerkenntnis ging es nämlich um die Berücksichtigung gewerblicher Vordienstzeiten bei einer Arbeitslehrerin, die bereits fünf Jahre als Vertragslehrerin tätig gewesen war; die Vollanrechnung dieser gewerblichen Vordienstzeiten nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes wurde verneint. Dem entgegen wurde aber eine Berücksichtigung des Studiums der damaligen Beschwerdeführerin an der Bildungsanstalt für Lehrer für den gewerblichen Fachunterricht deshalb als von besonderer Bedeutung bezeichnet, weil diese Zeit ein Anstellungserfordernis dargestellt hat. Die letztere Überlegung wird aber im Beschwerdefall jedenfalls für die Zeit der während der Privatdienstzeit des Beschwerdeführers absolvierten, auch für den Bundesdienst geltenden Ausbildung als Bibliothekar heranzuziehen sein, weil es sich hiebei um ein Definitivstellungserfordernis für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers gehandelt hat. Bereits darin zeigt sich die besondere Bedeutung dieser Ausbildung für die von einem Beamten auszuübende Tätigkeit.
Da bereits diese Überlegung zeigt, daß der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120097.X00Im RIS seit
16.11.2000