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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Joachim H in St. Ch, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 11. Dezember 1990, Zl. 638.229/33-2.5/89, betreffend Befreiung vom ordentlichen Präsenzdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die - den Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes vom 18. März 1986 betreffenden - Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1988, Zl. 88/11/0040, und vom 23. Jänner 1990, Zl. 89/11/0195, verwiesen. Mit Antrag vom 2. August 1989 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich seine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, in eventu bis 15. August 1990, welcher mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 11. Dezember 1990 unter Bezugnahme auf § 36 Abs. 2 Z. 2 Wehrgesetz 1990 gleichfalls abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Feststeht, daß der Beschwerdeführer aufgrund eines mit seinen Eltern abgeschlossenen Übergabsvertrages nunmehr, und zwar mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1990, Eigentümer des gegenständlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist, weshalb die belangte Behörde das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers an der von ihm begehrten Befreiung angenommen hat; sie hat jedoch deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne der genannten Gesetzesstelle verneint. Dies hat sie unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (unter Zitierung der Erkenntnisse vom 27. Juni 1984, Zlen. 83/11/0017, 84/11/0106, und vom 18. März 1985, Zl. 85/12/0012) vor allem damit begründet, daß alle Wehrpflichtigen im Hinblick auf ihre bevorstehende Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten so zu besorgen haben, daß ihrer Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes keine vorhersehbaren Schwierigkeiten entgegenstehen. Obwohl der Beschwerdeführer durch das Ergebnis seiner Stellung am 25. Oktober 1978 und die ihm vom Militärkommando Niederösterreich (zuletzt bis 15. August 1989) gewährte befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes habe wissen müssen, daß er zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes heranstehe, habe er keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt, um seine wirtschaftlichen Angelegenheiten und Verpflichtungen mit seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes in Einklang zu bringen. Es würde jedoch zu weit gehen, ein besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle darin zu erblicken, daß ein Wehrpflichtiger durch seine eigene mangelnde Voraussicht in Schwierigkeiten gerät. Er habe im Hinblick auf seine bevorstehende Einberufung nicht nur keine Maßnahmen gesetzt, sondern sei durch die Übernahme des Betriebes seiner Eltern sogar noch zusätzliche Verpflichtungen eingegangen. Die belangte Behörde erkenne zwar einen Zusammenhang zwischen der Übernahme des Betriebes durch den Beschwerdeführer und dem angegriffenen Gesundheitszustand seiner Eltern, insbesonders seines Vaters, habe jedoch nicht zur Ansicht gelangen können, daß diese Übernahme des Betriebes die einzige und unausweichliche Maßnahme gewesen sei, die angesichts der Situation von seinen Eltern habe gesetzt werden können. Vielmehr vertrete sie die Ansicht, daß es sowohl den Eltern des Beschwerdeführers als auch ihm zumutbar gewesen sei, rechtzeitig entsprechend solche Dispositionen zu treffen, daß ohne eine Gefährdung des gegenständlichen Betriebes die Einberufung des Beschwerdeführers zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes und damit die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung möglich sei. Es sei zwar nicht Aufgabe der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer oder seinen Eltern solche konkreten Dispositionen vorzuschlagen oder gar vorzuschreiben, aber es könne in diesem Zusammenhang auf sein eigenes Vorbringen im Schreiben vom 22. August 1989 verwiesen werden, in dem er ausführe, daß seine Eltern auf das Ergebnis des (zur Zl. 89/11/0195 anhängigen) Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof warten wollen, bevor sie die einschneidende Maßnahme setzen, entsprechende Ersatzkräfte für den Beschwerdeführer zu finden. Dies erscheine der belangten Behörde als durchaus geeignete und zumutbare Disposition, um die ordnungsgemäße Weiterführung des gegenständlichen Betriebes während seiner Abwesenheit infolge der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes sicherzustellen.
Mit diesen Ausführungen ist die belangte Behörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im wesentlichen im Recht, kann doch nicht davon ausgegangen werden, daß die vorzeitige (d.h. vor Ableistung des Grundwehrdienstes erfolgte) Betriebsübernahme durch den Beschwerdeführer "eine völlig unvermeidbare" gewesen sei. Der Beschwerdeführer ist offenbar nicht bereit, der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1990, Zl. 89/11/0195, zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht, daß die ordnungsgemäße Aufrechterhaltung des Betriebes während seiner präsenzdienstbedingten Abwesenheit durch die vorübergehende Einstellung einer entsprechenden Ersatzarbeitskraft gewährleistet wäre, Rechnung zu tragen. Schon diesem Erkenntnis lag zugrunde, daß die Eltern des Beschwerdeführers alters- und krankheitsbedingt zur notwendigen Betreuung des (vorwiegend) forstwirtschaftlichen Betriebes selbst nicht mehr in der Lage sind. War aber demnach (im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen) keine Unterstützungsbedürftigkeit seiner Eltern durch den Beschwerdeführer gegeben, weil auf die dargelegte Weise geeignete Abhilfe geschaffen werden könnte, so ergibt sich daraus zwingend, daß aus diesem Grunde auch keine Notwendigkeit für eine vorzeitige Betriebsübernahme durch den Beschwerdeführer bestand. Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, mit Rücksicht auf die noch ausstehende (und im übrigen nach Mitteilung des Militärkommandos Niederösterreich unmittelbar bevorstehende) Ableistung des Grundwehrdienstes von der Betriebsübernahme Abstand zu nehmen und dadurch im Sinne der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Dispositionen zu treffen, sodaß es - ungeachtet der Frage, ob nicht auch ihm selbst die vorübergehende Einstellung eines Försters möglich und zumutbar wäre - seiner mangelnden Voraussicht zuzuschreiben wäre, wenn er im Falle der Einberufung zum Grundwehrdienst allenfalls in existentielle Schwierigkeiten gerät. Wenn er geltend macht, daß der "bisher mir gewährte Aufschub wegen 'Unabkömmlichkeit im Forstbetrieb der Eltern' begründet war" und "die eigene Unabkömmlichkeit meinen Antrag auf Befreiung daher zwangsläufig rechtfertigt", so ist ihm entgegenzuhalten, daß er aus den bisherigen (befristeten) Befreiungen keine darüber hinausgehenden Rechte ableiten kann und während der Befreiungszeiträume - dem Zweck der ausgesprochenen Befreiungen entsprechend, faktisch aber auch außerhalb dieser Zeiträume, zumal der Beschwerdeführer bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides seinen Grundwehrdienst nicht angetreten hat - ausreichend Gelegenheit bestand, geeignete Vorkehrungen, wie die zeitgerechte Aufnahme eines entsprechenden Ersatzes, zu treffen, um die ordnungsgemäße Weiterführung des Betriebes auch während seines Grundwehrdienstes zu gewährleisten. Der Beschwerdeführer behauptet zwar "hinsichtlich einer Ersatzkraft", daß "eine solche" für seine Eltern auch "wirtschaftlich unzumutbar ist", ohne dies jedoch näher zu begründen und insbesondere darzutun, daß sich diesbezüglich die Verhältnisse seit Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 20. Juni 1989 - gegen den sich die zur Zl. 89/11/0195 erhobene Beschwerde richtete, wobei sich der Gerichtshof im Erkenntnis vom 23. Jänner 1990 auch damit eingehend auseinandersetzte - maßgeblich geändert hätten. Durch den Abschluß des Übergabsvertrages hat der Beschwerdeführer sohin seine Verpflichtung zur Harmonisierung seiner privaten wirtschaftlichen Angelegenheiten mit seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes verletzt, sodaß seine daraus resultierenden wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig anzusehen sind. In einem derartigen Fall ist zwar die Frage zu stellen, ob bei Unterbleiben der Betriebsübernahme der Beschwerdeführer wegen des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen zu befreien gewesen wäre (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0120, und vom 2. Juli 1991, Zl. 90/11/0236); davon kann aber auf dem Boden des zur Zl. 89/11/0195 ergangenen Erkenntnisses im vorliegenden Beschwerdefall - wie bereits gesagt - keine Rede sein. Auf Gründe, die die Annahme solcher Interessen - die der Beschwerdeführer zwar während des Verwaltungsverfahrens ebenfalls ins Treffen geführt hat, die aber im Sinne der Begründung des angefochtenen Bescheides "mittlerweile durchwegs weggefallen" sind - rechtfertigen würden, hat sich der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht mehr berufen. Im Hinblick auf obige Sach- und Rechtslage erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110011.X00Im RIS seit
24.09.1991