TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/24 91/07/0042

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Veröffentlicht am 24.09.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §54;
AVG §63 Abs2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
B-VG Art132;
VwGG §27;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichthof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des Egon W in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 6. Dezember 1990, Zl. 512.490/06-I5/90, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft L erteilte mit Bescheid vom 17. August 1978 der S Ges.m.b.H. & Co KG die wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb einer Mülldeponie auf Grundstück 736/2, KG L. Nach Erlöschen dieser wasserrechtlichen Bewilligung infolge Fristablaufes mit 31. Dezember 1985 suchte der Müllabfuhr- und Abfallbeseitigungsverband Osttirol um die wasserrechtliche Bewilligung zur Neuerrichtung und Erweiterung der Deponie an. Im wasserrechtlichen Vorprüfungsverfahren (§ 104 WRG 1959) trug die Wasserrechtsbehörde dem Konsenswerber die Vorlage ergänzender Projektsunterlagen auf.

Mit Schreiben vom 28. November 1989 beantragte Josef W (für die im Briefkopf genannten Eugen und Egon W) bei der Bezirkshauptmannschaft L unter Hinweis auf die zu besorgende Beeinträchtigung der bestehenden Fischerreirechte durch aus der Deponie austretende und das Grundwasser kontaminierende Sickerwässer "die Vornahme eines Lokalausgenscheines an Ort und Stelle" sowie die Einleitung eines Strafverfahrens "gegen alle jene Personen, die widerrechtlich über die Person des wasserberechtigten S die Mülldeponie betrieben, daran mitgearbeitet oder auch nur Veranwortung getragen haben". Mit einem weiteren, an das "Amt der Tiroler Landesregierung, Wasserrechtsbehörde" gerichteten Schreiben vom 13. Dezember 1989 ersuchte Josef W in Vertretung von Egon W "um umfassende Aufklärung in dieser peinlichen Sache".

Nach mehreren weiteren Eingaben stellte Josef W am 28. Oktober 1990 an die belangte Behörde unter Hinweis auf die bisherigen Schreiben vom 28. November und 13. Dezember 1989 den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung.

Mit dem nun beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 73 AVG 1950 als unzulässig zurück und führte begründend aus, daß - solange über das Ansuchen um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung ein Ermittlungsverfahren durchgeführt werde, ohne daß ein Bescheid ergangen sei - lediglich der Bewilligungswerber die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, sowohl inhaltliche als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Sachentscheidung durch die belangte Behörde verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG 1950 sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht nach Abs. 2 leg. cit. auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Für die Oberbehörde beginnt der Lauf der im Abs. 1 bezeichneten Frist mit dem Tage des Einlangens des Parteiverlangens (Abs. 3).

Soweit die Beschwerde eingangs ausdrücklich auf das "Schreiben vom 27. November 1989" (richtig wohl: 28. November 1989) und den darin gestellten "Antrag, daß der Landeshauptmann bzw. die Bezirkshauptmannschaft L hinsichtlich der Mülldeponie L ein Bewilligungsverfahren durchführen und dieses mit Bescheid erledigen, sowie ein Strafverfahren wegen Verdachtes der widerrechtlichen Betreibung der Mülldeponie in die Wege leiten solle", hinweist, ist festzuhalten:

Eine Prüfung des dem gegenständlichen Devolutionsantrag vom 28. Oktober 1990 zugrundeliegenden Sachantrags vom 28. November 1989 ergibt, daß mit diesem ausdrücklich nur "die Vornahme eines Lokalaugenscheines an Ort und Stelle" sowie die Einleitung eines Strafverfahrens "gegen alle jene Personen, die widerrechtlich über die Person des wasserberechtigten S die Mülldeponie betrieben, daran mitgearbeitet oder auch nur Verantwortung getragen haben", begehrt wurde. Dagegen ist weder diesem Sachantrag noch dem Schreiben vom 13. Dezember 1989 (Ersuchen um Aufklärung) ein Antrag auf Durchführung eines Bewilligungsverfahrens sowie Erlassung eines Bewilligungsbescheides zu entnehmen.

Auf die Durchführung eines Lokalaugenscheines hatte der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch. Desgleichen besteht kein solcher auf Einleitung eines Strafverfahrens gegenüber Dritten. Fehlt es aber an der Verpflichtung einer Behörde, einen Antrag bescheidmäßig zu erledigen, und hat sie demnach nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG "den Bescheid zu erlassen", dann fehlt es schon begrifflich an einer "Entscheidungspflicht". Einem in dieser Hinsicht erhobenen Devolutionsantrag muß daher der Erfolg versagt bleiben (vgl. aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die bei HAUER-LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Eisenstadt 1990, S. 644 unter 5 b angeführte Entscheidung). Die Zurückweisung des der Beschwerde zugrundeliegenden Devolutionsantrages durch die belangte Behörde erfolgte daher im Ergebnis zu Recht.

Im übrigen kommt in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zwar demjenigen, dessen Rechte berührt werden, Parteistellung zu. Solange aber über das Ansuchen um Erteilung der Bewilligung ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wird, in welchem der Beschwerdeführer als Betroffener Einwendungen erhoben hat, ohne daß über das Ansuchen oder über die erhobenen Einwendungen ein Bescheid ergangen ist, kann nicht der Betroffene, sondern lediglich der Bewilligungswerber die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen liegt solange nicht vor, als die angestrebte Bewilligung nicht erteilt und über die Einwendungen abgesprochen wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1968, Slg. 7.479/A; vgl. weiters

hg. Erkenntnis vom 16. April 1958, Zl. 574/58). Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, daß zum Zeitpunkt der Erhebung des Devolutionsantrages beim Landeshauptmann von Tirol als zuständiger Wasserrechtsbehörde ein Antrag des Müllabfuhr- und Abfallbeseitigungsverbandes Osttirol um wasserrechtliche Bewilligung zur Neuerrichtung und Erweiterung der bestehenden Deponie anhängig und über dieses Ansuchen noch nicht bescheidförmig abgesprochen war. Da im Bewilligungsverfahren nur dem Bewilligungswerber ein Rechtsanspruch auf bescheidförmige Erledigung seines Antrages zusteht, nicht aber auch den von diesem Projekt betroffenen Dritten, fehlt es insoweit an einer "Entscheidungspflicht" der Behörde. Der dennoch gestellte Devolutionsantrag mußte daher auch unter diesem Gesichtspunkt als unzulässig zurückgewiesen werden.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteistellung ParteienantragSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel AugenscheinAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991070042.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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