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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.Pichler, in der Beschwerdesache 1) des Friedrich S in S und
2) der B-GmbH in A, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde Seewalchen am Attersee wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Ansuchens um Erteilung einer Baubewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof führen die Beschwerdeführer aus, daß sie am 29. Oktober 1990 an den Gemeinderat der Marktgemeinde Seewalchen das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für einen Um- und Ausbau einer Villa und eines Terrassenhauses sowie zum Neubau eines Gartenhauses auf näher bezeichneten Grundstücken gestellt hätten. Über diesen Antrag habe die belangte Behörde bisher nicht entschieden.
Die vorgelegten Beilagen zeigen, daß die Zweitbeschwerdeführerin als Bauwerber (Bauherr) mit Eingabe vom 29. Oktober 1990 an die Gemeinde Seewalchen das genannte Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung gestellt hat. Zur Entscheidung über dieses Ansuchen ist nach § 66 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zuständig. Dies gilt auch dann, wenn das Bauvorhaben ein Gebiet betrifft, über welches eine zeitlich begrenzte Bausperre nach § 58 Abs. 1 BO vom Gemeinderat verhängt worden ist. Eine solche Bausperre hat nach § 58 Abs. 3 BO die Wirkung, daß u.a. Baubewilligungen für Bauvorhaben der vorliegenden Art nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- bzw. Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert. Aus dieser Gesetzesstelle haben die Beschwerdeführer offensichtlich den Schluß gezogen, daß über ihren Antrag auf Erteilung der Baubewilligung der Gemeinderat und nicht der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz zu entscheiden hat. Tatsächlich ist aber auch im Bereich der Wirksamkeit einer Bausperre der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz zur Entscheidung über ein Bauansuchen zuständig, wobei allerdings eine Baubewilligung nur mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden darf. Diese Rechtslage bedeutet, daß zur Entscheidung über das an die Gemeinde gerichtete Bauansuchen der Bürgermeister der Gemeinde zuständig war, nicht aber der Gemeinderat, wie die Beschwerdeführer irrtümlich meinen.
Nach § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von der Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Wenn daher also der Bürgermeister bisher über den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung nicht entschieden hat, so hätte vor Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes die oberste Gemeindebehörde, nämlich der Gemeinderat, im Wege eines Devolutionsantrages nach § 73 AVG angerufen werden müssen. Ein solcher Devolutionsantrag wurde aber nach dem Vorbringen in der Beschwerde bisher gar nicht gestellt. Schon aus diesem Grunde erweist sich die Beschwerde als unzulässig und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Bei dieser Situation konnte dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers nicht auch deshalb zurückzuweisen gewesen wäre, weil er nach den vorgelegten Unterlagen einen Antrag auf Erteilung der Baubewilligung gar nicht gestellt hat und nur der Bauwerber in einem Fall der vorliegenden Art zu Recht die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen kann.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991050164.X00Im RIS seit
24.09.1991