TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/24 91/05/0106

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Veröffentlicht am 24.09.1991
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Index

L37162 Kanalabgabe Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82302 Abwasser Kanalisation Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

BauRallg;
GdKanalisationsG Krnt 1978 §5 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/05/0117 91/05/0115

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. der Christine S (91/05/0106), 2. des Thomas T (91/06/0115) und

3. der Katharina O (91/05/0117), in Ferlach, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung vom 6. März 1991,

Zlen. AW-Allg-334/2/90 und AW-Allg-333/2/90 und AW-Allg-332/3/90, betreffend Kanalanschluß (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat den Beschwerdeführern Aufwendungen von insgesamt S 13.692,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 31. August 1983 wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, das auf der jeweils näher bezeichneten Liegenschaft in F befindliche Objekt an die Gemeindekanalisationsanlage anzuschließen. Den Berufungen gegen diese Bescheide wurde mit Bescheiden des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Juli 1984 keine Folge gegeben. Die dagegen eingebrachten Vorstellungen wies die Kärntner Landesregierung mit Bescheiden vom 9. September 1985 als unbegründet ab. Aufgrund der dagegen eingebrachten Beschwerden behob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. November 1986, Zlen. 86/06/0092, 0093, 0095, 0097, 0108, 0113 und 0115, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Verwaltungsgerichtshof stützte die Aufhebung dieser Bescheide darauf, daß gemäß § 5 Abs. 1 des Kärntner Gemeindekanalisationsgesetzes der Anschlußauftrag nicht erteilt werden dürfe, wenn a) die Kosten der baulichen Herstellung des Anschlußkanales diejenigen eines vergleichbaren, dem örtlichen Durchschnitt entsprechenden Anschlusses um 50 v.H. übersteigen, sofern eine sonstige schadlose Verbringung der Abwässer gewährleistet ist. Der Amtssachverständige, dem die belangte Behörde offensichtlich kommentarlos zur Frage gefolgt sei, was überhaupt der "Anschlußkanal" sei und welche Kosten hier zu vergleichen seien, sei offenbar davon ausgegangen, daß die Teilung der Leitung zwischen dem anzuschließenden Haus und dem eigentlichen öffentlichen Kanalstrang in einen "privaten" (vom Grundeigentümer zu tragenden Teil) und in einen von der Gemeinde zu finanzierenden Teil völlig im Belieben der Gemeinde stehe. So habe der Sachverständige ausdrücklich hervorgehoben, daß bei besonders lang zu führenden Hausanschlüssen der Anschlußschacht, ab dem der "private" Teil berechnet werde, weiter innerhalb des anzuschließenden Grundstückes situiert würde, wodurch aber die Beurteilung der Voraussetzungen der Ausnahme nach § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes, die ja auf die Anschlußkosten und damit weitgehend auf die Länge der Leitung abgestellt sei, verändert würde. Dazu komme, daß mangels einer aktenkundigen Festlegung, ab welchem Punkt die Grundeigentümer die Kosten des Anschlusses zu tragen hätten, für diese keine Sicherheit bestehe, daß in der Folge nicht doch Kosten der gesamten Anschlußleitung vorgeschrieben würden. Um die Anschlußleitungen vergleichen zu können, hätte daher festgestellt werden müssen, wie weit nach dem wasserrechtlich bewilligten Kanalprojekt die eigentliche, von der Gemeinde zu errichtende ("öffentliche") Kanalanlage gehe und ab welchem Punkt daher die "privaten" Anschlüsse beginnen. Schon dadurch, daß die belangte Behörde dies nicht erkannt habe, habe sie die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Darüber hinaus habe die belangte Behörde die den Gemeindebehörden unterlaufenen Verfahrensmängel nicht in ausreichender Weise behoben. Um die Frage des § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes beurteilen zu können, reiche es nämlich nicht aus, den Projektanten der Kanalanlage entsprechende Berechnungen vorlegen zu lassen; ihm komme nicht die Rolle eines Sachverständigen zu. Selbst wenn man aber der belangten Behörde einräume, daß sie diese Mängel durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beheben wollte, habe sie übersehen, daß der "Stellungnahme", um sie als Gutachten werten zu können, der hiefür wesentliche Befund fehle. Es genüge nämlich nicht die Äußerung des Sachverständigen, er habe die vorliegenden, nicht weiter wiedergegebenen Unterlagen überprüft und für richtig befunden, derartige Äußerungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar.

Mit Bescheiden vom 1. April 1987 behob die belangte Behörde die Bescheide des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. Juli 1984 und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurück. In der Folge wurde den Beschwerdeführern mit Schreiben des Bürgermeisters vom 20. Oktober 1988 zur Kenntnis gebracht, die mitbeteiligte Stadtgemeinde habe in Befolgung der Rechtsansicht der Landesregierung den Sachverständigen D.I.H.O. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, welches hinsichtlich der Kanalanschlußpflicht im Bereich des Bauabschnittes 04 im allgemeinen und der Liegenschaft der Beschwerdeführer im besonderen, folgende Feststellungen treffe: Die durchschnittlichen Hausanschlußkosten für 315 Hausanschlüsse im Bauabschnitt 04 betrügen je Anschluß S 19.156,12. Die um 50 % erhöhten Durchschnittskosten ergäben sich daher mit S 28.734,19. Die für das Wohnhaus der Erstbeschwerdeführerin ermittelten Anschlußkosten beliefen sich auf S 9.864,--, (jene des Zweitbeschwerdeführers auf S 11.856,--, und die der Drittbeschwerdeführerin auf S 9.999,--). Sie lägen damit wesentlich unter den durchschnittlichen Anschlußkosten von S 19.156,12, sodaß ein Ausnahmetatbestand gemäß § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes nicht gegeben scheine. Zu dieser Mitteilung brachten die Beschwerdeführer vor, sie hätten das Recht, in ein Gutachten, falls ein solches vorliege, zur Gänze Einsicht zu nehmen. Überdies müßten sie in sämtliche Unterlagen betreffend die Projektierung und Finanzierung des Kanalisationsprojektes und die Akten aller anschlußpflichtigen Grundstückseigentümer in F Einsicht nehmen, um die Berechnung der Anschlußkosten nachvollziehen zu können. Anläßlich einer Niederschrift vom 17. Jänner 1989 mit einem Vertreter der Beschwerdeführer erklärte der Verhandlungsleiter, die Überlassung des Gesamtgutachtens sei nicht möglich, da darin auch andere anzuschließende Grundstücke bzw. Gebäude behandelt würden.

Mit Bescheiden des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 10. Oktober 1989 wurde den Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 31. August 1983 neuerlich keine Folge gegeben. Aufgrund der dagegen eingebrachten Vorstellungen behob die belangte Behörde mit Bescheiden vom 17. Dezember 1990 die Bescheide des Stadtrates vom 10. Oktober 1989. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Recht auf Akteneinsicht solle es den Parteien ermöglichen, genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde zu erlangen. Das Gutachten samt Befund des D.I.H.O. vom 15. Juni 1988 müsse den Beschwerdeführern in vollem Umfang zur Kenntnis gebracht werden, um den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 17 und 37 AVG Rechnung zu tragen. In gegenständlicher Angelegenheit benötige die Partei nämlich tatsächlich Vergleichsmöglichkeiten, um feststellen zu können, ob der Ausnahmetatbestand nach § 5 Abs. 1 des Gemeindekanalisationsgesetzes gegeben sei oder nicht. Mit einem den Beschwerdeführern am 11. Jänner 1991 zugestellten Schreiben des Bürgermeisters wurde ihnen das Gutachten des D.I.H.O. vom 15. Juni 1988 übermittelt und ihnen Gelegenheit geboten, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens eine neuerliche bzw. ergänzende Stellungnahme abzugeben. Die Beschwerdeführer ersuchten daraufhin um Fristerstreckung, brachten jedoch gleichzeitig vor, daß ein erstes Studium des Gutachtens ergeben habe, daß die mitbeteiligte Stadtgemeinde beim Bau des Kanalprojektes 04 nicht den Gesetzesanforderungen entsprechend vorgegangen sei. Um einen vollständigen Überblick über das Kanalprojekt zu erhalten und um zu beweisen, daß die Berechnungen der Stadtgemeinde nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, werde um Einsicht in die ergänzenden Akten ersucht. Anläßlich einer mit dem Vertreter der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durchgeführten Besprechung am 31. Jänner 1991 wies dieser darauf hin, daß zwei Wochen und eine Verlängerungswoche zum Studium eines Gutachtens, dessen Erstellung weit über ein Jahr gedauert habe, zu kurz sei und ersuchte um weiteren Aufschub. Sodann verwies er darauf, daß aus dem Gutachten nicht erkennbar sei, wo der private Teil des Anschlusses beginne bzw. wie dieser errechnet worden sei. In verschiedenen Fällen sei bis zur Hauskante, in anderen Fällen bis 30 m und mehr über Privatgrundstücke gegraben worden. Die Vertreter der Stadtgemeinde erklärten, daß ein Einblick in Akten anderer Anschlußpflichtiger nicht möglich sei.

Mit Bescheiden vom 6. Februar 1991 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 31. August 1983 neuerlich abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der vom Verwaltungsgerichtshof hervorgehobene Mangel, daß bei besonders lang zu führenden Hausanschlüssen der Anschlußschacht, ab dem der private Teil berechnet werde, weiter innerhalb des Grundstückes situiert werde, wodurch aber die Beurteilung der Voraussetzungen der Ausnahme nach § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes verändert würde, sei insofern behoben worden, als durch den Sachverständigen D.I.H.O. eine Neuermittlung der privaten Anschlußkosten unter Zugrundelegung des Gemeinderatsbeschlusses vom 2. Dezember 1982, wonach die öffentliche Anschlußleitung bis maximal 2 m innerhalb des Grundstückes reiche, erfolgte. Demgemäß seien die durchschnittlichen Hausanschlußkosten welche vorher mit S 18.538,59 je Anschluß (zuzüglich 50 % Überschreitung S 27.807,89) ermittelt waren, auf S 19.156,-- je Anschluß (zuzüglich 50 % Überschreitung S 28.734,19) vom Sachverständigen korrigiert worden. Im übrigen werde unter Berücksichtigung des eingeholten Gutachtens dieses Sachverständigen festgestellt, daß die Stadtgemeinde mit der Ermittlung der Anschlußkosten die Firma S beauftragt habe. Die vorliegende Kostenschätzung sei mit Jänner 1984 datiert. In Punkt a) der Vorbemerkungen zu diesen Kostenschätzungen würden Eigenleistungen des Grundeigentümers definiert. Zur Länge der privaten Hausanschlüsse werde in Punkt A 3 festgelegt, daß sich diese bis zum gemeindeseitig zu erichtenden Kontrollschacht ca. 1 bis 2 m innerhalb des Grundstückes erstrecke. Die von der Gemeinde errichtete bzw. zu errichtende Kanalanlage reiche daher bis zum Kontrollschacht einschließlich desselben 1 bis 2 m innerhalb der Grundstücksgrenze. Eine solche Festlegung durch eine Gemeinde sei durchaus üblich und zweckmäßig. Die Grundlagen für die Kostenschätzungen seien von der Firma S getrennt für die Eigenleistungen des Grundeigentümers und die Anschlußleistungen seitens der Stadtgemeinde angegeben worden. Die Einheitspreise für die Kostenschätzung seien einem aktuellen Anbot der Firma U entnommen, welches ebenfalls der Kostenschätzung beigefügt sei. Auf diese Einheitspreise sei ein Aufschlag von 20 % berücksichtigt worden. In diesem Zuschlag dürften Erschwernis für geringe Mengen, Preissteigerungen und vermutlich Reserven für unvorhergesehene Erschwernisse enthalten sein. Die Einheitspreise seien unter der Voraussetzung ortsüblich und angemessen, daß eine ausführende Firma zumindest einen Großteil der Hausanschlüsse durchführen könne. Die für das Wohnhaus der Erstbeschwerdeführerin ermittelten Anschlußkosten beliefen sich auf S 9.864,--, (jene des Zweitbeschwerdeführers auf S 11.856,--, und die der Drittbeschwerdeführerin auf S 9.999,--), und lägen somit unter den durchschnittlichen Anschlußkosten von S 19.156,12, sodaß ein Ausnahmetatbestand gemäß § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes nicht gegeben scheine. Weiters sei den Beschwerdeführern volle Akteneinsicht sowie Einsicht in die sonstigen Unterlagen gewährt worden. Innerhalb der ursprünglich mit zwei Wochen festgelegten und dann bis 1. Februar 1991 erstreckten Frist sei eine Stellungnahme hiezu nicht abgegeben worden. Die am 4. Februar 1991 vom Vertreter der Beschwerdeführer eingereichte "Besprechungsniederschrift" sei nicht geeignet, sich auf die Entscheidung der Berufungsbehörde auszuwirken.

Die gegen diese Bescheide eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 6. März 1991 als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführer hätten keine dezidierte Stellungnahme innerhalb der ihnen gesetzten Frist zum gegenständlichen Gutachten abgegeben. Der Gutachter D.I.O.H. sei in seinem Gutachten vom 15. Juni 1988 zu dem Ergebnis gekommen, daß die durchschnittlichen Kosten zur Herstellung eines Anschlußkanales in der mitbeteiligten Stadtgemeinde bei S 19.156,12 lägen bzw. daß sich die Kosten zur Herstellung des Anschlußkanales bei der Erstbeschwerdeführerin auf S 9.864,--, dem Zweitbeschwerdeführer auf S 11.856,--, und der Drittbeschwerdeführerin auf S 9.999,-- beliefen. Damit sei eindeutig klargestellt, daß der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes in den gegenständlichen Angelegenheiten nicht in Frage kommt.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die tragenden Aufhebungsgründe eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, sowie eines aufhebenden Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde sind für das fortgesetzte Verfahren vor der Gemeindebehörde, vor der Aufsichtsbehörde und vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst bindend (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshof vom 25. Jänner 1983, Zl. 82/05/0107, vom 28. Juni 1983, Zl. 05/1231/79, u.a.). Die Aufhebung der Bescheide der Kärntner Landesregierung vom 9. September 1985 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. November 1986 bereits damit begründet, daß, um die Anschlußleitungen vergleichen zu können, festgestellt hätte werden müssen, wie weit nach dem wasserrechtlich bewilligten Kanalprojekt die eigentliche, von der Gemeinde zu errichtende ("öffentliche") Kanalanlage gehe und ab welchem Punkt daher die "privaten" Anschlüsse begännen. Darüberhinaus genüge nicht die Äußerung des Sachverständigen, er habe die vorliegenden, nicht weiter wiedergegebenen Unterlagen überprüft und für richtig befunden. Derartige Äußerungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar.

In den unbekämpft gebliebenen Bescheiden der belangten Behörde vom 17. Dezember 1990 hat diese ausgesprochen, daß das Gutachten des D.I.O.H. vom 15. Juni 1988 den Beschwerdeführern in vollem Umfang zur Kenntnis gebracht hätte werden müssen, um den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 17 und 37 AVG Rechnung zu tragen. Die Partei benötige nämlich Vergleichsmöglichkeiten, um feststellen zu können, ob der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes gegeben sei oder nicht.

Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, die dieser in seinem Erkenntnis vom 27. November 1986 geäußert hat, insofern Rechnung getragen, als nur das gesamte Gutachten samt den Grundlagen, auf welchen dieses Gutachten beruht, eine Überprüfung ermöglicht, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. a des Gemeindekanalisationsgesetzes vorliegen. Bereits im Verfahren auf Gemeindeebene haben die Beschwerdeführer vorgebracht, daß es erforderlich sei, in weitere Akten Einsicht zu nehmen, um einen vollständigen Überblick über das Kanalprojekt zu erhalten.

Dieses Vorbringen ist berechtigt. Um beurteilen zu können, wie die durchschnittlichen Anschlußkosten von S 19.156,12 ermittelt wurden, ist es erforderlich, die Länge der diesen Anschlußkosten zugrunde gelegten Leitungen zu kennen. Nur nach Kenntnis der jeweils angenommenen Länge aller maßgeblichen Leitungen sind die Beschwerdeführer in die Lage versetzt, ein konkretes Vorbringen zur Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der jeweils angenommenen Länge der Leitung zu erstellen. Dadurch, daß die belangte Behörde den auf dem Fehlen von maßgeblichen Informationen beruhenden Verfahrensmangel nicht erkannt hat und in der Folge die erforderlichen Ermittlungen weder selbst durchgeführt, noch den Bescheid aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an die Gemeinde zurückverwiesen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Darüberhinaus findet sich in den vorgelegten Akten kein Anhaltspunkt dafür, wie weit die von der Gemeinde errichtete, bewilligte (öffentliche) Kanalanlage geht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. November 1986 ausgeführt, es sei zu ermitteln, wie weit nach dem wasserrechtlich bewilligten Kanalprojekt die eigentliche, von der Gemeinde zu errichtende öffentliche Kanalanlage geht und ab welchem Punkt die privaten Anschlüsse beginnen. Das Gutachten des D.I.H.O. vom 15. Juni 1988 geht entgegen dieser Forderung des Verwaltungsgerichtshofes von Anschlußpunkten innerhalb der Liegenschaften aus, die jweils 1 bis 2 m innerhalb der Grundstücksgrenze liegen, und berücksichtigt überdies aus nicht angeführten Gründen nur den "Bauabschnitt 04". Der "örtliche Durchschnitt" kann sich aber nicht auf einen ohne erkennbare Gründe gewählten bestimmten Bauabschnitt beziehen, da es damit der Gemeinde freistünde, den jeweiligen Bauabschnitt so festzulegen, daß dort die Vergleichswerte besonders hoch oder auch besonders niedrig liegen. Der "örtliche Durchschnitt" des § 5 Abs. 1 des Gemeindekanalisationsgesetzes bezieht sich auf den "Ort". Ein Ort ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine geschlossene Siedlung (vgl. Das große Dudenlexikon, sechster Band, S. 98). Es ist daher bei der Ermittlung des örtlichen Durchschnittes nicht von einem Bauabschnitt, sondern von einer geschlossenen Siedlung auszugehen. Wie dem vorgelegten Gutachten weiters zu entnehmen ist, stützte sich der Gutachter bei der Wahl der Anschlußpunkte nicht auf ein für die Gemeinde wasserrechtlich bewilligtes Kanalprojekt, sondern auf eine Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderates vom 21. Dezember 1982. In dieser Sitzung wurde unter Punkt 3. und 6. festgehalten, daß je Grundstück bzw. Liegenschaft grundsätzlich jeweils eine Anschlußleitung vom Hauptkanal bis maximal 2 m innerhalb des Grundstückes einschließlich eines dort zu errichtenden Anschluß- bzw. Kontrollschachtes hergestellt werde, ein Rechtsanspruch der Grundstücks- bzw. Liegenschaftseigentümer auf kostenlose Anschlußherstellung bestehe in keinem Fall. Die Wahl eines Anschlußpunktes innerhalb der jeweiligen Liegenschaft als Ausgangsbasis für die Ermittlung der Länge der jeweiligen Leitung widerspricht somit nicht nur dem im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1986 aufgestellten Erfordernis, sie ist auch sachlich unbegründet, da in der Sitzung des Gemeinderates vom 21. Dezember 1982 festgehalten wurde, daß gar kein Anspruch auf Anschlußherstellung durch die Gemeinde besteht. Somit besteht für die Beschwerdeführer keinerlei Sicherheit, daß sie in der Folge nicht doch die Kosten der gesamten Anschlußleitung tragen müßten.

Aus diesen Gründen waren die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des Kostenbegehrens.

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5Behörden eigener Wirkungsbereich der Gemeinde örtliche Baupolizei und örtliche Raumplanung B-VG Art15 Abs5 BauRallg2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050106.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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