TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/24 90/05/0204

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Veröffentlicht am 24.09.1991
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Index

L82000 Bauordnung;
L85003 Straßen Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
BauRallg;
LStG NÖ 1979 §34 Abs2;
LStG NÖ 1979 §6 Abs3;
LStG NÖ 1979 §6 Abs6;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde

1) des Ing. Robert B und 2) der Gertrude B in N, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Gemeinderat der Gemeinde St. Egyden am Steinfeld, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung eines Antrages auf Einleitung eines Bewilligungsverfahrens nach dem Niederösterreichischen Landesstraßengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der Antrag der Beschwerdeführer vom 11. Dezember 1989 auf Einleitung eines Bewilligungsverfahrens nach § 6 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes, eheste Ausschreibung einer Bauverhandlung und Ladung der Beschwerdeführer, zurückgewiesen. Die Gemeinde St. Egyden am Steinfeld hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind jeweils Hälfteeigentümer der Grundstücke Nr. 255, 260/8, 253/2 und 253/1, EZ 542, KG X. Nach ihrem Vorbringen habe die Gemeinde mit Arbeiten für die Zufahrtsstraße zu ihrer Liegenschaft begonnen. Diese Straße sei eine Gemeindestraße, sie sei jedoch dann nicht fertiggestellt worden. Es liege daher derzeit eine Gefährdung der Interessen der Beschwerdeführer vor, da die Benützung der Zufahrt nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche, vor allem liege deshalb eine Gefährdung vor, weil das Befahren mit Einsatz-, Versorgungs- und Winterdienstfahrzeuge nicht gewährleistet sei. Der derzeitige Zustand der Straße stelle auch eine eklatante Gefahr für jeden Fußgänger dar.

Am 11. Dezember 1989 stellten die Beschwerdeführer an den Gemeinderat der Gemeinde St. Egyden am Steinfeld den Antrag auf Einleitung eines Bewilligungsverfahrens nach § 6 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes sowie einen Antrag auf eheste Ausschreibung einer Bauverhandlung und Ladung zu dieser zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters. Da die belangte Behörde diesem Antrag nicht entsprochen hat, erhoben die Beschwerdeführer am 24. Oktober 1990 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Verfügung vom 9. November 1990 trug der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführern die Ergänzung der Beschwerde auf, nach Erfüllung dieses Auftrages leitete der Gerichtshof mit Verfügung vom 19. Dezember 1990 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde auf, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

In ihrer Stellungnahme vom 26. März 1991 führte die belangte Behörde aus, die erhobene Säumnisbeschwerde sei nicht berechtigt, im Rahmen der Erteilung einer Straßenbaubewilligung komme den Beschwerdeführern keine Parteistellung zu. Sie hätten kein subjektives Recht auf Erlassung eines Baubewilligungsbescheides. Den Beschwerdeführern komme gemäß § 6 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes lediglich die Stellung als Beteiligte des Verfahrens zu, es werde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auf Grund der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ist festzustellen, daß der Antrag der Beschwerdeführer vom 11. Dezember 1989 bei der Gemeinde St. Egyden am Steinfeld am 14. Dezember 1989 eingelangt ist und bisher nicht erledigt wurde.

Gemäß § 6 Abs. 6 des NÖ Landesstraßengesetzes in der Fassung LGBl. 8500-3 erläßt den Baubewilligungsbescheid bei Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung von Gemeindestraßen und Wegen der Gemeinderat. Eine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist nicht vorgesehen. Da über den Antrag der Beschwerdeführer bisher nicht entschieden wurde, ist die Beschwerde gemäß § 27 VwGG zulässig.

Inhaltlich hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 3 des NÖ Landesstraßengesetzes sind zu der Amtshandlung, die in den durchzogenen Gemeinden durch Anschlag an der Amtstafel durch acht Tage vor dem Verhandlungstag kundzumachen ist, außer den Entwurfsvertretern die Durchzugsgemeinden, die sonstigen beteiligten Behörden und Amtsstellen sowie alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen nachweislich zu laden. Privatrechtliche Einwendungen gegen den Bauentwurf, über die eine Einigung nicht erzielt worden ist, sind zur Austragung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. bedürfen Maßnahmen der Gemeinde zufolge der §§ 6 Abs. 6, 22, 23 und 32 Abs. 5 letzter Satz unter bestimmten Voraussetzungen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Aus der Zusammenschau der §§ 6 Abs. 3 und Abs. 6 mit § 34 Abs. 2 des NÖ Landesstraßengesetzes ergibt sich, daß Bauwerber für die Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung von Gemeindestraßen nur die Gemeinde sein kann, nicht jedoch ein Anrainer. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Einleitung eines Bewilligungsverfahrens nach § 6 des NÖ Landesstraßengesetzes wäre daher von der belangten Behörde zurückzuweisen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A, ausgesprochen, daß jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag (oder eine Berufung) offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages vorliegen; auch im Streit um die Parteistellung und Antragsbefugnis besteht, insoweit diese zur Entscheidung stehen, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht. In diesem Fall hat die Partei den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages.

Da die belangte Behörde bisher nicht über den Antrag der Beschwerdeführer abgesprochen hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteistellung ParteienantragInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050204.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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