Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KDV 1967 §30 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Alois R in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. März 1991, Zl. VerkR-390.043/1-1991/F, betreffend Versagung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Mai 1989 auf Erteilung einer "Lenkerberechtigung der Gruppe A, eingeschränkt auf Kraftfahrzeuge der Marke Sulky mit 125 ccm" gemäß § 64 Abs. 2 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 lit. d KFG 1967 abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, daß dem Beschwerdeführer die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit fehle. Sie stützte sich dabei auf gutächtliche Stellungnahmen ihres Amtsarztes, der sich seinerseits auf das Ergebnis einer verkehrspsychologischen Untersuchung vom 5. April 1990 berief. Darin wurde abschließend zusammengefaßt, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen des im Jahre 1930 geborenen Beschwerdeführers seien hochgradig eingeschränkt; er sei intellektuell erheblich unterbegabt, es bestehe "der Verdacht auf einen Abbau"; die persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen seien wegen der allgemeinen starken Verlangsamung und der geringen Umstellfähigkeit und Beweglichkeit sowie wegen der Kritiklosigkeit stark eingeschränkt; es sei nicht zu erwarten, daß noch eine Besserung des Befundes eintreten werde.
Der Beschwerdeführer verkennt offenbar, daß die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit eine Eigenschaft ist, die sowohl die geistige als auch die körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen betrifft. Wenn die ärztliche Sachverständige der belangten Behörde ausführt, die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit sei "eher" im Bereich der geistigen Eignung angesiedelt, so mag dies durchaus zutreffen. Wie sich aber aus den zu ihrer Beurteilung maßgeblichen Kriterien, wie Reaktionsschnelligkeit und -sicherheit, Belastbarkeit, Beobachtungs- und Konzentrationsfähigkeit, erschließen läßt, kann dabei auch jeweils eine vom Geistigen nicht trennbare körperliche Komponente eine Rolle spielen. Der Verwaltungsgerichtshof hat es aus diesem Grund für zutreffend erachtet, das Erfordernis der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit begrifflich sowohl der geistigen als auch der körperlichen Eignung zuzuordnen (vgl. das Erkenntnis vom 3. Februar 1989, Zl. 88/11/0035).
Soweit der Beschwerdeführer auf seine bisherige Fahrpraxis mit Motorfahrrädern verweist, geht dies schon deswegen ins Leere, weil das Fehlen der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit nicht durch erlangte Geübtheit im Sinne des § 30 Abs. 2 KDV 1967 ausgeglichen werden kann (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 3. Februar 1989).
Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügte Unterlassung der von ihm beantragten Beobachtungsfahrt stellt schon aus diesem Grunde keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, abgesehen davon, daß das Gesetz eine solche Beobachtungsfahrt lediglich unter anderen Voraussetzungen vorsieht (vgl. das Erkenntnis vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0051).
Wenn die Amtssachverständige in ihrem Gutachten vom 1. September 1989 dem Beschwerdeführer noch als bedingt und beschränkt zum Lenken von näher bezeichneten Kraftfahrzeugen erachtet hat, so war dies bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unbeachtlich, weil dieses Gutachten bereits älter als ein Jahr war und daher gemäß § 67 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 dem angefochtenen Bescheid nicht mehr zugrunde gelegt werden durfte. Abgesehen davon lag diesem Gutachten kein verkehrspsychologischer Befund zugrunde.
Auch das Vorbringen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer mehrmals nicht in der Lage gewesen sei, den "rechtskundigen" Teil der Lenkerprüfung zu bestehen, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dieser Umstand war zwar Anlaß für die Vornahme jener verkehrspsychologischen Untersuchung, bei der die eingangs genannten schweren Mängel des Beschwerdeführers festgestellt wurden, die Versagung der Lenkerberechtigung durch den angefochtenen Bescheid wurde aber nicht auf die fehlende fachliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen, sondern auf dessen fehlende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit gestützt. Gegen das - das ärztliche Amtssachverständigengutachten tragende - Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Ob die festgestellten Leistungsdefizite auf einen altersbedingten Abbau und/oder auf gesundheitliche Schädigungen zurückzuführen sind, ist unerheblich.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110050.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009