Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Johann S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Februar 1991, Zl. MA 70-8/339/90, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Februar 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 für die Zeit von 18 Monaten die Lenkerberechtigung vorübergehend entzogen und dabei ausgesprochen, daß die Entziehungszeit am 24. August 1990 (Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides) beginnt und am 24. Februar 1992 endet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung den Umstand, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 16. März 1989 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB und mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. April 1990 wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB jeweils rechtskräftig verurteilt wurde, zugrunde gelegt. Die Tat, deretwegen der Beschwerdeführer mit dem erstgenannten Urteil schuldig erkannt wurde, wurde dahingehend umschrieben, daß er am 17. Juni 1988 in Schwechat als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws dadurch, daß er an einer näher bezeichneten Straßenstelle infolge Außerachtlassung der im Straßenverkehr gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit auf den verkehrsbedingt angehaltenen Pkw einer bestimmten Person aufgefahren sei, wodurch diese eine Zerrung der Halswirbelsäule erlitten habe, fahrlässig den Genannten am Körper verletzt habe. Nach dem Spruch des zweitgenannten Urteiles hat der Beschwerdeführer am 18. Jänner 1990 in S als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws, "dessen Vorderräder stellenweise kein meßbares Profil aufwiesen, dadurch, daß er auf der K-Straße, die zum Unfallszeitpunkt einen feuchten Rauhasphalt aufwies, Richtung K mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h fahrend, trotz Gegenverkehrs im Begriffe war, den in seiner Fahrtrichtung fahrenden Traktor ...., samt Anhängern, zu überholen und den Fahrstreifen des Gegenverkehrs benützte,
wodurch es zum Frontalzusammenstoß mit dem von .... gelenkten,
Richtung Schwechat fahrenden Pkw .... kam", die betreffende
strafbare Handlung begangen. Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde einerseits einleitend (nur) den Wortlaut des § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 im wesentlichen wiedergegeben, andererseits aber (im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b leg. cit.) daraus den Schluß gezogen hat, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, "weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen wird", wobei dafür, daß die belangte Behörde letzteres angenommen hat, auch ihre Ausführungen in der Gegenschrift sprechen, bedarf es zunächst der Klarstellung, daß es sich bei den beiden von der belangten Behörde herangezogenen strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers um solche handelt, die die Verkehrssicherheit betreffen, und es daher nur um die Beurteilung der Frage gehen kann, ob auf Grund seiner Sinnesart auch in Zukunft befürchtet werden muß, daß er die Verkehrssicherheit durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß "diese Tathandlungen eine Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 KFG 1967 bilden". Dies hat sie primär damit begründet, daß auch nicht in dieser Gesetzesstelle angeführte Tatbestände, wenn sie diesen "gleichwertig (hinsichtlich des Unrechtsgehaltes und der Strafandrohung)" seien, als bestimmte Tatsachen anzusehen seien. Worin diese "Gleichwertigkeit" (vgl. diesbezüglich des näheren insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1983, Slg. Nr. 11103/A) im Beschwerdefall konkret besteht, wurde von ihr nicht dargetan. Sie hat nur allgemein zum Ausdruck gebracht, daß die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides vom 16. August 1990, in dem es heißt, daß "die oben angeführten Tatsachen eine die Verkehrszuverlässigkeit nach § 66 Abs. 2 lit. c KfG 1967 ausschließende Sinnesart erkennen lassen", auch für ihre Entscheidung maßgebend gewesen seien, sodaß daraus geschlossen werden könnte, daß die belangte Behörde, wenn auch insofern ohne nähere Begründung, darin eine "Gleichwertigkeit" beider Tathandlungen des Beschwerdeführers mit einer solchen bestimmten Tatsache erblickt hat. Wie aber der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom 22. März 1983, Zlen. 83/11/0021, 0022, ausgesprochen hat, kann dann, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges gegen eine oder mehrere Verkehrsvorschriften verstoßen wurde, hinsichtlich dieses Vorfalles - unabhängig davon, ob bzw. in welchem Ausmaß Unfallfolgen eingetreten sind - als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 ausschließlich eine solche nach Abs. 2 lit. f dieses Paragraphen in Betracht kommen und, wenn jedoch eine der darin genannten Voraussetzungen (besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse oder besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern) fehlt, nicht darauf zurückgegriffen werden, daß die Aufzählung des § 66 Abs. 2 KFG 1967 nur demonstrativ sei. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher zu dem Ergebnis gelangt, daß entweder in bezug auf einen einzelnen Vorfall bei der Übertretung maßgebender Verkehrsvorschriften durch einen Kraftfahrzeuglenker ein Verhalten vorliegt, das rechtlich dem § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 zu unterstellen ist, in welchem Falle von einer bestimmten Tatsache auszugehen ist, oder keine derartige Subsumtion möglich ist, was dazu führt, daß dieses Verhalten auch nicht als bestimmte Tatsache angesehen werden kann, weil ihm sonst eine über den vom Gesetzgeber gesteckten Rahmen hinausgehende rechtliche Bedeutung beigemessen würde (vgl. in diesem Sinne u.a. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1988, Zl. 87/11/0063). In Ansehung des Vorfalles vom 17. Juni 1988 ist nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß (zumindest) eine der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 lit. f KfG 1967 vorgelegen ist, und hat auch die belangte Behörde derartiges nicht angenommen. Dieser Vorfall könnte daher - ebenso wie die von der belangten Behörde erst in der Gegenschrift erwähnten oftmaligen Übertretungen des Beschwerdeführers nach § 20 Abs. 2 bzw. § 52 Z. 10 lit. a StVO 1960 - lediglich bei der gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmenden Wertung einer bestimmten Tatsache, als welche eine andere strafbare Handlung zu gelten hat, Berücksichtigung finden. Die belangte Behörde hat daher insoweit die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid wurde zwar unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 zusätzlich damit begründet, daß der Beschwerdeführer "mit der zweiten Straftat" (gemeint ist jene vom 18. Jänner 1990) "unter besonders gefährlichen Verhältnissen (feuchte Fahrbahn, abgefahrene Reifen) und mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Gegenverkehr gegen die für das Lenken eines Fahrzeuges maßgeblichen Verkehrsvorschriften (hinsichtlich des Überholens und der Einhaltung einer angepaßten Fahrgeschwindigkeit) verstoßen" habe. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, daß er nur nach dem Grundtatbestand des § 80 StGB, nicht aber nach § 81 Z. 1 StGB bestraft worden sei, hinderte die belangte Behörde nicht, auf Grund selbständiger Vorfragenbeurteilung gemäß § 38 AVG als erwiesen anzunehmen, daß der Beschwerdeführer anläßlich dieses Vorfalles als Lenker eines Kraftfahrzeuges "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann vom Vorliegen "besonders gefährlicher Verhältnisse" im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 nur gesprochen werden, wenn zur Verletzung einer bestimmten Verwaltungsvorschrift, von dem an sich strafbaren verkehrswidrigen Verhalten des Täters unabhängig, noch ein weiteres Sachverhaltselement hinzutritt, und ist daher eine bei einem Verstoß gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften unterlaufene Fahrlässigkeit "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" dann anzunehmen, wenn sie entweder unter Umständen erfolgt, unter denen nach allgemeiner Erfahrung der Eintritt eines besonders umfangreichen und schweren und zunächst gar nicht überblickbaren Schadens zu erwarten ist, oder wenn die Wahrscheinlichkeit, daß ein umfangreicher und schwerer und zunächst gar nicht überblickbarer Schaden eintreten werde, wegen der vorliegenden Umstände besonders groß ist, und der Lenker, obwohl ihm die eine solche Verschärfung der Verkehrssituation bedingenden Umstände bewußt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar waren, sich auf diese vom Vorstellungselement der Fahrlässigkeit umfaßten höheren Gefahrenmomente dennoch eingelassen hat (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/11/0052, mit weiteren Judikaturhinweisen). Daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Beschwerdefall gegeben waren, wurde aber von der belangten Behörde nicht hinreichend begründet, sodaß dem Verwaltungsgerichtshof eine abschließende Beurteilung in dieser Richtung nicht möglich ist.
Ein Verstoß gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 ist jedenfalls darin gelegen gewesen, daß der Beschwerdeführer - wie auf Grund des Spruches des Strafurteiles vom 11. April 1990, wonach er "trotz Gegenverkehrs im Begriffe war", einen in seiner Fahrtrichtung fahrenden Traktor "zu überholen und den Fahrstreifen des Gegenverkehrs benützte", bindend feststeht - als Lenker eines Kraftfahrzeuges trotz Gegenverkehrs ein anderes Kraftfahrzeug überholt hat. Damit hat der Beschwerdeführer den Tatbestand nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 erfüllt, der darin besteht, daß der Lenker eines Kraftfahrzeuges einen Überholvorgang ungeachtet dessen, daß andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten, durchführt, d.h. mit dem Überholen beginnt oder dieses nicht abbricht, solange dies noch möglich ist (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1985, Zl. 84/03/0106, und vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0183). Davon, daß der von der belangten Behörde weiters angenommene Verstoß gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften, den sie in der mangelnden "Einhaltung einer angepaßten Fahrgeschwindigkeit" erblickt hat, die durch das verbotswidrige Überholen herbeigeführte gefährliche Verkehrssituation wesentlich verschärft habe, ist die belangte Behörde selbst nicht ausgegangen, und es ist dies im übrigen auch für den Gerichtshof nicht ohne weiteres erkennbar, zumal sie Ausführungen dahingehend unterlassen hat, welche Fahrgeschwindigkeit auf Grund welcher Umstände konkret "angepaßt" gewesen wäre. Nach der Behauptung des Beschwerdeführers handelte es sich beim Tatort um eine Freilandstraße, und es ist nicht aktenkundig, daß für diesen Bereich eine geringere als die im § 20 Abs. 2 StVO 1960 normierte zulässige Höchstgeschwindigkeit auf solchen Straßen von 100 km/h bestimmt worden wäre. Sollte demgegenüber die vom Beschwerdeführer eingehaltene Fahrgeschwindigkeit (entsprechend den auf Grund des Strafurteiles getroffenen, jedoch insoweit vom Beschwerdeführer bekämpften Feststellungen der belangten Behörde, wobei die Frage der Bindung unerörtert bleiben kann) tatsächlich 120 km/h betragen haben, so könnte daraus noch nicht der Schluß gezogen werden, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Ausmaß im gegebenen Zusammenhang entscheidend ins Gewicht gefallen ist; selbst unter Mitberücksichtigung der von der belangten Behörde als maßgeblich erachteten Komponenten der "feuchten Fahrbahn" und der "abgefahrenen Reifen" wäre dies angesichts einer Geschwindigkeitsdifferenz von 20 Prozent und des Umstandes, daß die Fahrbahn mit Rauhasphalt versehen war, nicht evident. Daß sie selbst eine Geschwindigkeit von 100 km/h bei den gegebenen Verhältnissen im Sinne des § 20 Abs. 1 StVO 1960 nicht für zulässig erachtet hätte, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.
Auf Grund der dargelegten Rechtslage bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob "besonders gefährliche Verhältnisse" im Sinne der genannten Gesetzesstelle vorlagen, konkreter Feststellungen über die näheren Umstände der Begehung der strafbaren Handlung, wozu insbesondere die Sichtverhältnisse, die Fahrbahnverhältnisse und die sonstige Beschaffenheit der Straße in dem betreffenden Bereich (Breite, gerader oder kurviger Verlauf, Kreuzungen) gehört (vgl. auch dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/11/0052). Diesbezüglich hat die belangte Behörde zu Lasten des Beschwerdeführers nur auf das Vorhandensein einer "feuchten Fahrbahn" hingewiesen, ohne daß damit über die Intensität der dadurch bewirkten, in ungünstigeren Bremsverzögerungen als bei völlig trockener Fahrbahn gelegenen Beeinträchtigung beim Lenken eines Kraftfahrzeuges etwas ausgesagt wäre. Der Beschwerdeführer rügt mit Recht, daß sich die belangte Behörde mit der von ihm schon im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung, daß "die Straße zum Unfallszeitpunkt praktisch trocken gewesen sei", nicht auseinandergesetzt hat, obwohl er damit zum Ausdruck gebracht hat, daß der Zustand der Fahrbahn einer (völlig) trockenen Fahrbahn gleichzuhalten gewesen und daher ohne Einfluß auf das mit dem Überholen verbundene Unfallrisiko geblieben sei. Hinzukommt zwar noch der von der belangten Behörde festgestellte Umstand, daß der Beschwerdeführer mit "abgefahrenen Reifen" an seinem Pkw unterwegs gewesen sei, worunter auf dem Boden des von ihr zugrundegelegten Strafurteils zu verstehen ist, daß die Vorderreifen des Pkws "stellenweise kein meßbares Profil aufwiesen", was vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten wird. Um aber daraus ein besonderes Gefahrenmoment ableiten zu können, wäre eine Konkretisierung dahin erforderlich gewesen, ob und in welchem Umfang dieser Mangel die Lauffläche des jeweiligen Reifens betroffen und sich auf Grund der gegebenen Fahrbahnbeschaffenheit ausgewirkt hat, und darüber allenfalls auch das Gutachten eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen einzuholen gewesen.
Diese Erwägungen sind der belangten Behörde weitgehend auch hinsichtlich ihrer Annahme, der Beschwerdeführer habe als Lenker eines Kraftfahrzeuges "mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen", entgegenzuhalten. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß die "besondere Rücksichtslosigkeit ein subjektives Element" darstellt, "das voraussetzen würde, daß sich der Beschwerdeführer bewußt rücksichtslos gegenüber dem Gegenverkehr verhalten wollte", er aber das entgegenkommende Fahrzeug infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers nicht (rechtzeitig) wahrgenommen habe, so übersieht er, daß der Umstand, daß er fahrlässig gegen ein Überholverbot verstoßen hat, die Annahme, daß dies "mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" geschehen ist, keineswegs ausschließt. Allerdings muß zu dem vorliegenden Tatbestand, der - im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer, als er mit dem Überholen begonnen hat, die hiebei notwendige Vorsicht außer acht gelassen hat, obwohl ihm hätte bewußt sein müssen, daß durch sein Verhalten andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten - eine mangelnde Rücksichtnahme gegenüber anderen Straßenbenützern beinhaltet, ein besonderes Übermaß mangelnder Rücksichtnahme hinzutreten (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0183, und die dort angeführte weitere Judikatur). Aber auch unter diesem Gesichtspunkt hat es die belangte Behörde vor allem unterlassen, hinsichtlich der Einhaltung einer "angepaßten" Fahrgeschwindigkeit, des Vorhandenseins einer "feuchten Fahrbahn" und der Verwendung "abgefahrener Reifen" ein vollständiges Ermittlungsverfahren im Sinne des § 37 AVG durchzuführen und eine schlüssige Begründung zu geben. Ihr Versuch in der Gegenschrift - in der nunmehr von einer "nassen Fahrbahn" und davon, daß die Vorderräder des vom Beschwerdeführer gelenkten Pkws "praktisch kein meßbares Profil mehr aufwiesen", die Rede ist -, ihre diesbezügliche Annahme mit der Bemerkung zu rechtfertigen, es stehe "ebenso außer Zweifel, daß der Beschwerdeführer mehrheitlich und sich ständig steigernd, zuletzt sogar mit tödlichem Ausgang eines vom Beschwerdeführer verschuldeten Verkehrsunfalles endend, ein besonders rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr an den Tag legte", scheitert schon deshalb, weil dies in den von ihr getroffenen Feststellungen keine hinreichende Deckung findet und es - wie bereits gesagt - in diesem Zusammenhang auf allfällige Unfallsfolgen nicht ankommt.
Der angefochtene Bescheid war somit im Hinblick darauf, daß der bereits aufgezeigten unrichtigen rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde Wesentlichkeit zukommt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem (nunmehr mit S 11.120,--) pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110037.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
15.06.2009