TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/24 91/11/0036

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Veröffentlicht am 24.09.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §17 Abs1;
AVG §45 Abs3;
KFG 1967 §66 Abs1 lita;
KFG 1967 §66 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Radoje M in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Februar 1991, Zl. MA 70-8/56/91, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Februar 1991 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für die Gruppen B, C, F und G gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß ihm für die Zeit von 18 Monaten, gerechnet vom Tage der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (9. Oktober 1990), keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 19. April 1991 eingelangte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde die gegenständliche Entziehungsmaßnahme darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer - wie auf Grund eines rechtskräftigen Straferkenntnisses feststand - am 9. Oktober 1990 als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat. Es liege sohin eine bestimmte Tatsache vor, bei deren im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorzunehmender Wertung auch auf eine am 20. November 1985 begangene Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 Bedacht zu nehmen gewesen sei. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers müsse auf eine gefährliche Neigung zur Begehung von Alkoholdelikten geschlossen werden. Da die zuletzt (mit Bescheid vom 17. März 1986) ausgesprochene vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von 15 Monaten keine nachhaltige Änderung der Sinnesart beim Beschwerdeführer bewirkt habe, habe mit einer bloß vorübergehenden Entziehung der Lenkerberechtigung nicht das Auslangen gefunden werden können.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde auch auf den Vorfall vom 20. November 1985 und den darauf folgenden Bescheid vom 17. März 1986, mit dem die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung ausgesprochen worden war, gestützt habe. Dabei handle es sich nämlich um Umstände, die vor der (Wieder-)Erteilung der Lenkerberechtigung am 27. Jänner 1988 gelegen seien.

Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zu erwidern, daß als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 nur die am 9. Oktober 1990 - also nach Wiedererteilung der Lenkerberechtigung - begangene Übertretung herangezogen wurde. Bei der gemäß § 66 Abs. 3 leg. cit. vorzunehmenden Wertung dieser bestimmten Tatsache hat die belangte Behörde aber mit Recht auch auf die bereits vor der (Wieder-)Erteilung der Lenkerberechtigung begangenen strafbaren Handlungen und die bereits gesetzten Entziehungsmaßnahmen Bedacht genommen (siehe Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/11/0159).

Der Beschwerdeführer erblickt einen Verfahrensmangel darin, daß seinem Vertreter "keine Ladung zwecks Akteneinsicht übermittelt wurde".

Der Beschwerdeführer verkennt mit diesen Ausführungen das Wesen des Rechtes auf Akteneinsicht. Gemäß § 17 Abs. 1 AVG hat die Behörde den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile bloß zu gestatten, nicht aber sie dazu aufzufordern oder zu laden. Eine Verletzung des Rechtes auf Akteneinsicht kann sohin nur dann angenommen werden, wenn einer Partei, die in die Akten Einsicht nehmen will, die Einsicht verweigert wird, nicht aber schon dann, wenn sie nicht zur Akteneinsicht geladen wurde. Daß dem Beschwerdeführer im Sinne dieser Ausführungen die Akteneinsicht verweigert wurde, wird nicht behauptet und ist auch den Akten nicht zu entnehmen.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers war die belangte Behörde an das rechtskräftige Straferkenntnis vom 2. November 1990 gebunden, weshalb sie auf Grund dieses Straferkenntnisses vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 auszugehen hatte (siehe die Erkenntnisse vom 4. Dezember 1990, Zl. 90/11/0198, und vom 12. Februar 1991, Zl. 90/11/0227).

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erkennbar die Aufhebung von Teilen der Absätze 4a und 4b des § 5 StVO 1960 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1991, G 274-283/90 u.a., erwähnt, ist er darauf hinzuweisen, daß für ihn aus diesem Erkenntnis schon deshalb nichts zu gewinnen ist, weil die belangte Behörde auf Grund der Bindung an das rechtskräftige Straferkenntnis, mit dem der Beschwerdeführer wegen der am 9. Oktober 1990 begangenen Übertretung gemäß (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft worden war, davon auszugehen hatte, daß der Beschwerdeführer als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO begangen hat.

Der Beschwerdeführer meint, es hätte genügt, ihm die Entziehung der Lenkerberechtigung anzudrohen oder die Lenkerberechtigung bloß vorübergehend zu entziehen. Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang entgegenzuhalten, daß die mit Bescheid vom 17. März 1986 ausgesprochene vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von 15 Monaten - dieser Maßnahme lagen zwei Alkoholdelikte des Beschwerdeführers zugrunde - nicht ausgereicht hat, seine Sinnesart im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967 dauerhaft positiv zu beeinflussen. Im Hinblick auf die neuerliche Begehung eines Alkoholdeliktes mußte die belangte Behörde eine gefährliche Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung derartiger Delikte annehmen. Bei dieser Sachlage war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen hat, daß ihm für die Dauer von 18 Monaten keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991110036.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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