TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/25 91/02/0071

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Veröffentlicht am 25.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde der Stefanie H in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 15. April 1991, Zl. VI/2-1492-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 16. September 1989 um 10.00 Uhr als Lenkerin eines Pkws an einem näher bezeichneten Ort nach einem Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt worden sei, und mit dem sie durch ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin hat sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in ihrer Beschwerde eingeräumt, daß die beim Unfall gestürzte Radfahrerin über Schmerzen geklagt hatte. Bereits dies löste die Verständigungspflicht, deren Nichterfüllung der Beschwerdeführerin zur Last gelegt wurde, aus. Daß die Radfahrerin nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin keine sichtbaren Verletzungen aufwies und erklärte, es sei nicht so arg, sowie mit dem Fahrrad schließlich weiterfuhr, konnte ihre Äußerung, sie habe Schmerzen, entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keineswegs "entkräften" oder "aufheben". Da beim Unfall die Lenkerin eines Fahrrades zu Sturz gekommen ist, mußte schon deshalb mit Verletzungen gerechnet werden, auch wenn diese nicht äußerlich erkennbar gewesen sind (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 26. September 1990, Zl. 90/02/0074, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). Auf das Fehlen sichtbarer Verletzungen kam es daher nicht an. Schließlich hat der Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, daß die Verständigungspflicht auch bei nicht nennenswerten Verletzungen besteht; hiefür genügt schon der - nicht offenbar unbegründete - Verdacht, daß eine andere Person verletzt worden sein könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/18/0266). Die Meinung der Beschwerdeführerin, sie habe - trotz der Angabe von Schmerzen - "nie und nimmer" mit einem Personenschaden rechnen müssen, teilt der Gerichtshof nicht.

Schon im Hinblick auf die eigene Verantwortung der Beschwerdeführerin war die behördliche Vernehmung der Verletzten, die vor der Gendarmerie von starken Schmerzen nach dem Unfall und Abschürfungen am Knie gesprochen hatte, entbehrlich. Die belangte Behörde mußte auch nicht erheben, ob die nächste Gendarmeriedienststelle am Abend des Unfallstages, als die Beschwerdeführerin vom Eintritt einer Bruchverletzung erfuhr, unbesetzt gewesen ist, da diese Dienststelle vom Unfall, der sich bereits am Vormittag ereignet hatte, sofort nach Kenntnisnahme von den Schmerzen der Radfahrerin zu verständigen gewesen wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das Wort "sofort" im zweiten Satz des § 4 Abs. 2 StVO nämlich im wörtlichen Sinne zu verstehen, sodaß die Verständigung so rasch wie möglich zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1990, Zl. 90/03/0121).

Die Beschwerdeführerin rügt, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse wären nicht erhoben worden. Der belangten Behörde kann zwar nicht darin beigepflichtet werden, es bestünde keine Ermittlungspflicht, wenn von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen ausgegangen werde; solches ist auch dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 26. April 1989, Zl. 88/03/0056, nicht zu entnehmen. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt aber nicht vor, weil die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde ihre finanziellen Verhältnisse nicht darstellt. Selbst bei Annahme eines unterdurchschnittlichen Einkommens kann der Verwaltungsgerichtshof im übrigen nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Ausmittlung der im untersten Bereich der Strafdrohung gelegenen Geldstrafe einen Ermessensfehler begangen hätte. Es kann keine Rede davon sein, daß das Verschulden der Beschwerdeführerin "äußerstenfalls minimal" wäre. Aus dem von der Beschwerdeführerin zitierten Aktenvermerk der Erstbehörde vom 11. Jänner 1990 ergibt sich schließlich, daß die Behörde die Strafe gerade nicht "an Hand eines Computerprogramms", sondern unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles mit besonderer Milde bemessen hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Meldepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991020071.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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