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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch objektive Willkür bei der Besetzung einer Direktorenstelle an einer Höheren Bundeslehranstalt; keine ausreichende BescheidbegründungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.520,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist am Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium 5400 Hallein, Schützengasse 3, als Professor tätig. Der Beschwerdeführer bewarb sich - mit weiteren Personen - fristgerecht um die im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 5. April 2002 ausgeschriebene Stelle eines Direktors an der genannten Schule.
Im Verfahren zur Besetzung dieser Stelle erstattete das Kollegium des Landesschulrates für Salzburg der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur einen Besetzungsvorschlag, in dem der Beschwerdeführer an zweiter und der in der Folge ernannte Mitbewerber an erster Stelle gereiht war.
In weiterer Folge wurde dieser Mitbewerber auf Vorschlag der genannten Bundesministerin mit Entschließung des Bundespräsidenten zum Direktor der genannten Schule ernannt, wovon der erfolgreiche Bewerber mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Kenntnis gesetzt wurde.
Mit einem weiteren Bescheid der genannten Bundesministerin wurde die Bewerbung des Beschwerdeführers um die genannte Direktorenstelle abgewiesen.
2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerden (die zu B1029/06, hinsichtlich des erstgenannten Intimationsbescheides, und zu B1041/06, hinsichtlich des zweitgenannten Bescheides, protokolliert sind), in denen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt wird.
Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur als belangte Behörde erstattete in beiden Bescheidprüfungsverfahren jeweils - unter Vorlage der Verwaltungsakten - eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt und auf die der Beschwerdeführer replizierte.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen (vgl. VfSlg. 15.696/1999) - Beschwerden erwogen:
1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und da kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte. In Fällen wie dem hier vorliegenden ist der Behörde ein willkürliches Verhalten u.a. dann vorzuwerfen, wenn sie es unterlassen hat, in einem für die zu treffende Auswahl unter den vorgeschlagenen Bewerbern entscheidenden Punkt Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen (vgl. zB VfSlg. 12.477/1990, 15.114/1998, 15.696/1999 mwN). Dies gilt auch dann, wenn der Bescheid in einem spezifischen Zusammenwirken (Vorschläge, Entscheidung, Intimation) verschiedener oberster Organe der Bundesverwaltung zustande kommt (vgl. VfSlg. 15.826/2000).
Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, ob die von der belangten Behörde getroffene Auswahl in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, wohl aber, ob die Behörde bei dieser Auswahl von sachlichen Erwägungen geleitet war. Im Hinblick darauf müssen aber die für die getroffene und beim Verfassungsgerichtshof bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen aus der Begründung des Bescheides hervorgehen. Nur auf diese Weise ist nämlich die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle solcher Bescheide durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts möglich.
2. Die Begründung des im Verfahren zu B1041/06 angefochtenen Bescheides (der im Verfahren zu B1029/06 bekämpfte Intimationsbescheid ist nicht begründet) erschöpft sich im Wesentlichen in der Aufzählung von beim Beschwerdeführer und beim letztlich ernannten Mitbewerber vorliegenden Qualifikationen, welche die belangte Behörde nicht bewertet; sodann wird ausgeführt:
"Die Bewerberinnen und Bewerber haben an der vom Kollegium des Landesschulrates für Salzburg vorgesehenen, einen direkten Vergleich ermöglichenden Anhörung teilgenommen. In diesem Verfahren hat sich Prof. Mag. K S als überlegen erwiesen (einstimmiges Gesamtkalkül der Kommission: 'sehr geeignet'). Sie haben in diesem Anhörungsverfahren das Gesamtkalkül 'geeignet' erzielt.
Der Schulgemeinschaftsausschuss und der Dienststellenausschuss haben in ihren gemäß §207e BDG 1979 abgegebenen Stellungnahmen eine eindeutige Präferenz für Prof. Mag. K S zum Ausdruck gebracht."
Auf Grund welcher objektiv nachvollziehbarer Überlegungen die Anhörungskommission bzw. der Schulgemeinschaftsausschuss und der Dienststellenausschuss - und diesen folgend der Landesschulrat sowie in weiterer Folge die zuständige Bundesministerin - im Einzelnen gerade zu diesem Ergebnis gelangten, geht aus dem Bescheid aber nicht hervor.
Eine derart krasse Mangelhaftigkeit der Bescheidbegründung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch nicht etwa dadurch behoben werden, dass die belangte Behörde ihre Motivation in der Gegenschrift darlegt (vgl. zB VfSlg. 10.997/1986, 12.141/1989, 13.166/1992).
Damit hat es die belangte Behörde aber verabsäumt, bei der von ihr zu treffenden (Auswahl-)Entscheidung die (dafür) maßgeblichen - für und gegen den Beschwerdeführer und den zum Zug gekommenen Mitbewerber sprechenden - Kriterien einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen und derart das Übergehen des Beschwerdeführers zu begründen. Lediglich die Aufzählung der Fähigkeiten des Beschwerdeführers und jener des ernannten Mitbewerbers genügen den oben genannten - aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden - Anforderungen an die Begründung eines derartigen Bescheides nicht. Der belangten Behörde ist mithin - gemessen an der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 12.477/1990, 15.114/1998, 15.696/1999) - der Vorwurf der - objektiven - Willkür zu machen.
3. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtenen Bescheide der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie zwei Eingabengebühren jeweils in der Höhe von € 180,-- enthalten. Es war nur ein Pauschalsatz zu gewähren, weil es der Partei sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre, gegen die - vom Sachverhalt und von der rechtlichen Beurteilung her - gleichgelagerten Bescheide eine gemeinsame Beschwerde einzubringen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Bescheidbegründung, Dienstrecht, Gleichbehandlung, Lehrer, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B1029.2006Dokumentnummer
JFT_09938872_06B01029_00