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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Thomas M in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 31. Jänner 1991, Zl. MA 70-11/1036/90/Str, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 31. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer der Übertretungen nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 (zu 1.) und nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 (zu 2.) schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 7. Februar 1990 um 2.20 Uhr in Wien 21, Arbeiterstrandbadstraße 67, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und dabei 1. den Gehsteig vorschriftswidrig benützt habe, indem er ihn in Längsrichtung befahren habe, sowie 2. sich geweigert habe, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich beim Lenken des Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß in der schriftlichen Anzeige vom 7. Februar 1990 nicht nur der im Spruch (einheitlich) angeführte Tatort, sondern als solcher auch "1210 Wien, Sandrockgasse 14" angegeben sei, und die belangte Behörde daher den Tatort "nicht in eindeutig unterscheidbarer und dem Geschehensablauf entsprechender Weise konkret angegeben" habe. Dieser Einwand ist jedoch unberechtigt (und beinahe mutwillig erhoben), geht doch aus der Anzeige (in Übereinstimmung mit dem übrigen Akteninhalt) eindeutig hervor, daß beide gegenständliche dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen in Wien 21, Arbeiterstrandbadgasse 67, begangen wurden und der weitere "Tatort" sich darauf bezog, daß der Beschwerdeführer anschließend die Flucht ergriff und sich dort einer Festnahme widersetzte.
Was die im Spruch angeführte Tatzeit anlangt, so macht der Beschwerdeführer sinngemäß der belangten Behörde auch diesbezüglich einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 44a lit. a VStG zum Vorwurf, weil demnach "beide Verwaltungsübertretungen zur gleichen Zeit stattgefunden hätten", "dann" aber, wenn "ein Befahren des Gehweges um 02.20 Uhr festgestellt worden ist, die behauptete Weigerung zur Vornahme des Alkotests nach 02.20 Uhr stattgefunden hat". Dem ist zu erwidern, daß es wohl richtig ist, daß die Begehung beider strafbarer Handlungen zum selben Zeitpunkt denkunmöglich ist und daher ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen beiden gelegen sein muß, dieser aber nach der Aktenlage im Zuge eines fortlaufenden Geschehensablaufes so kurz war, daß beide Straftaten jedenfalls unverwechselbar feststanden, weshalb der Beschwerdeführer dadurch - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend bemerkt - weder in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt war (vgl. dazu insbesondere die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11894/A).
Wenn der Beschwerdeführer rügt, daß "die Meldungsleger" (offenbar gemeint: der Meldungsleger und der weitere Polizeibeamte, der bei den gegenständlichen Vorfällen zugegen war) nicht als Zeugen befragt worden seien, obwohl er in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis "die Begehung der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ausdrücklich bestritten" habe, so ist ihm - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. Nr. 9602/A - entgegenzuhalten, daß eine derartige Verpflichtung nur dann besteht, wenn sowohl die Meldung eines Sicherheitswachebeamten als auch die Verantwortung des Beschuldigten - die einander widersprechen - jede in sich schlüssig und in sich widerspruchsfrei ist. Der Beschwerdeführer hat sich diesbezüglich in der Berufung mit dem Satz begnügt, daß "nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nach den Angaben des Meldungslegers in seiner Anzeige die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung weder gegeben noch schlüssig feststellbar" sei, und auch sonst im Verwaltungsstrafverfahren keine dem Inhalt der Anzeige widersprechende, konkrete Sachverhaltsdarstellung gegeben, außer bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 7. Februar 1990 hinsichtlich seiner Lenkereigenschaft, die er aber nach Vorhalt der Zeugenaussage seiner Beifahrerin noch am selben Tag zugestanden hat. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, noch ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen, und es wurde der Beschwerdeführer durch diese Vorgangsweise nicht in seinen Rechten verletzt.
Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch darin, daß er auf das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG "niemals verzichtet" habe, er "nunmehr nach Zustellung" des angefochtenen Bescheides feststellen müsse, "daß ein Akteninhalt der Verwaltungsbehörde vorlag, welcher offenbar zum rechtlichen Nachteil des Bf gereicht", und er "daher nicht ausschließen" könne, "daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wenn ihm der Akteninhalt vor Bescheiderlassung nachweislich zur Kenntnis gebracht worden wäre". Es wäre aber an ihm gelegen gewesen, im Verwaltungsstrafverfahren Akteneinsicht zu begehren, und er behauptet nicht, daß ihm trotz eines darauf gerichteten Verlangens die Möglichkeit hiezu verwehrt worden sei. Im übrigen hat er nicht die Wesentlichkeit eines solchen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG dargetan, weil er nicht aufgezeigt hat, was er im Falle der Gewährung der Akteneinsicht - über die ausreichende Gewährung des Parteiengehörs hinaus - zu seiner Entlastung vorgebracht hätte.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Anzeige sei nicht zu entnehmen, daß er "aufgefordert worden wäre, einen Alkotest an sich vornehmen zu lassen", ist insofern aktenwidrig, als es darin ausdrücklich heißt, daß der Beschwerdeführer auf Grund der bei ihm festgestellten Alkoholisierungssymptome aufgefordert wurde, "sich einem Alkotest zu unterziehen". Bei dieser Aufforderung war es für deren Rechtmäßigkeit - entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers - nicht erforderlich, daß ihm "gesagt worden wäre, daß auf Grund behaupteten Vorliegens von Alkoholisierungssymptomen ein Alkotest vorzunehmen ist", sondern genügte hiefür vielmehr die Vermutung des betreffenden Polizeibeamten im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960, daß sich der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, zumal eine dem Gesetz entsprechende Aufforderung eine solche Vermutung voraussetzt und daher nicht noch eigens hätte geäußert werden müssen. Dem Beschwerdeführer hätte als Inhaber einer Lenkerberechtigung die Rechtslage und demnach auch der Umstand, daß die "Weigerung unter Strafsanktion steht", bekannt sein müssen. Seine Rechtsansicht, daß er "dann", wenn er "nicht ausdrücklich unter Hinweis auf die Rechtsfolgen zur Vornahme eines Alkotests aufgefordert worden" sei, "diese zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen" habe, ist verfehlt. Desgleichen unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum, wenn er die Auffassung vertritt, daß "von einer Weigerung zur Vornahme des Alkotests" auch deshalb "nicht gesprochen werden" könne, weil es der belangten Behörde nicht "unmöglich oder unzumutbar gewsesen wäre", auf Grund seines sich aus der Anzeige ergebenden Verlangens "tatsächlich einen Amtsarzt zum behaupteten Tatort hinzubestellen, damit am Bf der Alkotest durch den Amtsarzt vorgenommen werden kann". Die zu einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 aufgeforderte Person kann weder den Ort noch den Zeitpunkt der Untersuchung bestimmen, und das Gesetz räumt ihr keineswegs die Möglichkeit ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen sie bereit wäre, sich untersuchen zu lassen, weshalb die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen sind und es daher dann, wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen, bedeutet (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1989, Zl. 89/02/0130, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
AkteneinsichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991020034.X00Im RIS seit
25.09.1991