TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/25 91/02/0053

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Veröffentlicht am 25.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §46;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Peter F in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. April 1991, Zl. MA 70-11/800/90/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am 14. Oktober 1989 um 11.35 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien ursächlich an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen und habe es unterlassen 1. sofort anzuhalten und 2. diesen Vorfall ohne unnötigen Aufschub der nächsten Polizeidienststelle zu melden. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu

2. nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unbegründet ist der Verjährungseinwand des Beschwerdeführer: Eine fristgerechte, verjährungsunterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG bestand darin, daß dem Beschwerdeführer am 1. März 1990 die Anzeige zur Kenntnis gebracht wurde, welche die der Bestrafung wegen der Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO zugrundeliegenden Sachverhaltselemente enthielt, worauf sich der Beschwerdeführer sogleich rechtfertigte. Hinsichtlich der Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO war eine taugliche Verfolgungshandlung in der Abfertigung des Ladungsbescheides vom 28. Dezember 1989 gelegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1991, Zl. 90/18/0259). Durch die Neufassung der Tatumschreibung ist es auch zu keiner unzulässigen Auswechslung der Tat gekommen.

Vor allem bestreitet der Beschwerdeführer, das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug zur Tatzeit und am Tatort gelenkt zu haben. Damit bekämpft er die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer eingeschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in der Richtung unterliegt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Unter diesem Gesichtspunkt hält der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit aber nicht stand:

Der Beschwerdeführer legte der Behörde einer Erklärung des in Ungarn wohnhaften P.P. vor, wonach dieser das Fahrzeug zur Tatzeit benutzt habe. Dieses Schreiben ist von P.P. sowie als Zeugen von R.T. unterfertigt. Die belangte Behörde hat diese Erklärung deswegen nicht als glaubhaften Nachweis dafür angesehen, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit nicht Lenker seines Fahrzeuges gewesen ist, weil die beiden Unterschriften nicht notariell beglaubigt waren.

Hiezu ist zunächst auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1991, Zl. 90/18/0091, hinzuweisen, wonach eine gesetzliche Grundlage dafür, die schriftliche Erklärung des im Ausland befindlichen Entlastungszeugen in gerichtlich oder notariell beglaubigter Form zu fordern, nicht besteht. Der bloße Hinweis auf die Nichteinhaltung einer solchen qualifizierten Form reicht daher nicht aus, um die erwähnte Erklärung des angeblichen Lenkers als unbeachtlich anzusehen. Daß die Behörde im Sinne des eben zitierten Erkenntnisses (erfolglos) versucht hätte, selbst mit dem vom Beschwerdeführer bezeichneten Lenker in Verbindung zu treten, wird zwar im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführt, ist aber nicht aktenkundig. Im Falle von Bedenken gegen die zeugenschaftliche Mitfertigung der Erklärung durch R.T. hätte die belangte Behörde schließlich versuchen müssen, diesen unter der vom Beschwerdevertreter über ihre Aufforderung in seinem Schriftsatz vom 12. September 1990 bekannt gegebenen Wiener Adresse zu laden und zu vernehmen.

Durch ihre rechtswidrige Beweiswürdigung hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden müßte.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Für die dritte, überzählige Beschwerdeausfertigung gebührt kein Stempelgebührenersatz.

Schlagworte

Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Beweismittel Zeugen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991020053.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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