TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/25 91/16/0056

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Veröffentlicht am 25.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
FinStrG §138 Abs2;
FinStrG §161 Abs1;
FinStrG §19 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Günter B in F, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 14. März 1991, Zahl: 279/3-GA6-Zo/87, betreffend Strafe des Wertersatzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das die beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1988, Zl. 88/16/0011, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 1987, mit welchem im Instanzenzuge die für den Beschwerdeführer kraft Gesetzes entstandene Eingangsabgabenschuld hinsichtlich der streitverfangenen Rolex-Damenarmbanduhr bestätigt worden war, gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abgewiesen.

In dem anschließenden sachgleichen Finanzstrafverfahren wurde der Beschwerdeführer vom Hauptzollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz nach mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom 14. April 1987 des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er am 25. März 1986 anläßlich seiner Einreiseabfertigung beim Zollamt Walserberg-Autobahn die von ihm dabei mitgeführte streitverfangene Rolex-Damenarmbanduhr vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen habe. Wegen dieses Finanzvergehens wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 4 leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von 25.000,- S (Ersatzfreiheitsstrafe 13 Tage) verhängt und im Grund des § 19 Abs. 1 FinStrG für die streitverfangene Damenarmbanduhr statt auf Verfall auf Wertersatz in der Höhe von 125.111,- S (Ersatzfreiheitsstrafe 32 Tage) erkannt. Nach den diesbezüglichen Feststellungen der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe habe der Beschwerdeführer bei der H GmbH. & Co. in München, die Rolex-Damenarmbanduhr um 12.982,- DM gekauft, welche er am gleichen Tage ohne Stellung beim Zollamt Walserberg-Autobahn nach Österreich eingebracht habe. Da das Uhrband seiner Gattin nicht gefallen habe, habe er die Uhr in der Folge wieder zur Verkäuferfirma zurückgebracht. Die Ermittlungen bei der H GmbH. & Co. hätten ergeben, daß die Uhr im November 1986 abgeholt worden sei. Da der Beschwerdeführer zum Verbleib des Tatgegenstandes keine Angaben machen konnte, habe gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG statt auf Verfall auf Wertersatz erkannt werden müssen.

Die Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz wies mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. März 1991 die Berufung des Beschwerdeführers, in der er das Verfahren als mangelhaft rügte und die Einstellung desselben begehrte, weil er weder den ihm zur Last gelegten Sachverhalt erfüllt habe, noch ihn ein Verschulden treffe, als unbegründet ab.

Gegen diese Rechtsmittelentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und eine von der Finanzlandesdirektion für Salzburg erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht verletzt, zur Leistung der Strafe des Wertersatzes nicht herangezogen zu werden. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe die Verhängung einer Wertersatzstrafe damit begründet, daß er zum Verbleib des Tatgegenstandes keine Angaben hätte machen können. An anderer Stelle führe die Erstbehörde aus, daß nach den Ermittlungen bei der

H GmbH. & Co. in München die streitverfangene Damenarmbanduhr im November 1986 abgeholt worden sei. Diese erstinstanzliche Feststellung stelle sich für ihn als aktenwidrig dar, nachdem sich ein solches Ermittlungsergebnis aufgrund der ihm gewährten Akteneinsicht bis zum Schluß des Verfahrens erster Instanz nirgendwo ergeben habe. Vielmehr liege ein Schreiben der

H GmbH. & Co. vom 9. (richtig wohl: 23.) Oktober 1986 vor, demzufolge sich die Uhr noch bei ihr befinde. Es sei sohin davon auszugehen, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde erster Rechtsstufe die Voraussetzungen für den Verfall vorgelegen seien, sodaß sich die verhängte Strafe des Wertersatzes als rechtswidrig darstelle. Insoweit die belangte Behörde ohne nähere Begründung diese übernehme, stelle sich deren Bescheid ebenfalls als rechtswidrig dar.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Gemäß dem zur Rechtsgrundlage der auferlegten Strafe des Wertersatzes erhobenen § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG ist statt auf Verfall auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung feststeht, daß der Verfall unvollziehbar wäre.

Der dem Begriff des Wertersatzes zugrundeliegende Gedanke besteht darin, daß der Staat dafür entschädigt werden soll, daß die Konterbande, in Ansehung derer ein Finanzvergehen verübt worden ist und die dessentwegen dem Verfall iSd. § 17 FinStrG unterliegt, nach der Lage eines konkreten Falles nicht in natura sichergestellt und eingezogen werden kann. Der Wertersatz ist das Äquivalent für den nicht oder nicht gänzlich realisierbaren Verfall.

Der Gesetzgeber bedient sich in der zuletzt zitierten Bestimmung jener Rechtsetzungstechnik (arg.: ... "ist auf die Strafe des Wertersatzes zu erkennen, ..."), mit der in der Gesetzessprache typischerweise eine Behördenzuständigkeit zur Entscheidung im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit zum Ausdruck gebracht wird. Nach dem sohin jeden Zweifel ausschließenden Wortlaut dieser Gesetzesstelle muß, falls bei Fällung der Entscheidung erster Rechtsstufe feststeht, daß der Verfall (aus tatsächlichen oder rechtlichen) Gründen nicht vollziehbar ist, auf Wertersatz erkannt werden. Aus tatsächlichen Gründen ist der Verfall dann nicht möglich, wenn der Verfallsgegenstand, aus welchen Gründen immer, nicht oder nicht mehr greifbar ist.

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Beschwerdeführer in der am 23. Mai 1986 aufgenommenen Tatbeschreibung auf die Frage des ihn betretenden Organwalters des Zollamtes Walserberg-Autobahn, wo sich die Uhr befinde, geantwortet:

"Die Uhr ist jedoch nach wie vor im Besitz der Fa. H D-8000 München. Ich weiß jedoch noch nicht, ob ich mir die Uhr in 14 Tagen nun wirklich abhole, da mir dieses Mißgeschick passiert ist."

Am 23. Oktober 1986 wurde dem auf Grund des Rechts- und Amtshilfevertrages eingeschalteten Zollfahndungsamt München von der H GmbH. & Co. schriftlich mitgeteilt, daß sich die streitverfangene Rolex-Damenarmbanduhr noch in ihrem Haus befinde. In einem bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Aktenvermerk vom 10. Feber 1987 ist die fernmündliche Auskunft eines Vertreters der H GmbH & Co. festgehalten, wonach die Uhr im November oder Dezember 1986 abgeholt worden sei. In der Niederschrift über die am 19. Feber 1987 stattgefundene mündliche Verhandlung gab der Beschwerdeführer auf die Frage des Verhandlungsleiters, wo sich die Uhr jetzt befinde, zur Antwort:

"Meines Wissens müßte sich die Uhr in München befinden. Als ich die Schwierigkeiten mit dem Zoll hatte, übergab ich meinem Verwandten den Garantie- und den Reparaturschein und sagte ihm auch, daß ich alles auf meine Kappe genommen hätte. Ob dieser die Uhr bei der Firma H abgeholt hat oder nicht weiß ich nicht. Ich habe mit ihm darüber nicht mehr gesprochen."

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, daß es unglaubwürdig erscheine, daß sich der Beschwerdeführer eineinhalb Monate (von Anfang April bis zum 23. Mai 1986) nicht nach der Uhr erkundigt bzw. nicht darauf gedrängt habe, daß diese Uhr wieder in seinen Besitz gelange, sprach sich der anwesende Verteidiger des Beschwerdeführers gegen diese Frage aus, weil sie seiner Ansicht nach keine Bedeutung für den Sachverhalt habe. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß im Beschwerdefalle eine Aktenwidrigkeit vorliegt. Dies deshalb, weil die noch dazu vom Beschwerdeführer im gesamten Administrativverfahren nicht bekämpfte Feststellung, der Verfall sei aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, mit den oben wiedergegebenen Aussagen des Beschwerdeführers im Einklang steht.

Auch der unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit erhobene Einwand, der Spruch des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides, der sich in der Formulierung "Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen", erschöpfe, enthalte nicht den gesetzlichen "Mindestinhalt", kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat.

"Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne dieser Gesetzesstelle ist die Angelegenheit, die den Inhalt des erstinstanzlichen Spruches (vgl. § 138 Abs. 2 FinStrG) gebildet hat. Die Entscheidung der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz in der "Sache" ergeht daher entweder als Abweisung des Rechtsmittels oder als Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides. Schließt sich die Rechtsmittelbehörde aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens der Rechtsansicht der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe an, muß sie das Rechtsmittel als unbegründet abweisen und bestätigt damit die Entscheidung der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Formvorschriften der §§ 138, 139, 140 Abs. 5 und 162 FinStrG sind deshalb nicht verletzt worden, weil im oben wiedergegebenen Spruch des Straferkenntnisses der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat erforderlich sind, angeführt wurden. Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid ist sohin so zu werten, als ob die belangte Behörde einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle dieses Bescheides tritt und dessen Wirksamkeit völlig verdrängt.

Da die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gründe sich als nicht stichhältig erwiesen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991160056.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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