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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §16 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Johann H in R, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. März 1991, Zl. I/7-St-H-90308, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Lkw-Zuges am 3. November 1989 gegen 7.15 Uhr an einem näher bezeichneten Ort 1. keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre; er habe bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 80 km/h nur einen Abstand von 1 bis 2 m zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten;
2. die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten; 70 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit; ca. 90 bis 100 km/h gefahrene Geschwindigkeit, als er den erwähnten Pkw überholt habe; 3. diesen Pkw auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, links überholt; 4. nach dem Überholmanöver den Lkw-Zug jäh und für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abgebremst, wodurch dieser gefährdet und behindert worden sei und es die Verkehrssicherheit nicht erfordert habe.
5. Durch sein überraschendes Bremsmanöver sei der Lenker des erwähnten Pkws gegen den Unterfahrerschutz des Anhängers gefahren, wodurch sein Fahrzeug beschädigt worden sei. Obwohl das Verhalten des Beschwerdeführers am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er es unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Unfall zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift mit dem Lenker des erwähnten Pkws nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu
1. nach § 18 Abs. 1, zu 2. nach § 52 Z. 10a, zu 3. nach § 16 Abs. 2 lit. a, zu 4. nach § 21 Abs. 1 und zu 5. nach § 4 Abs. 5 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, daß die belangte Behörde nicht seiner Darstellung, sondern der Zeugenaussage des Pkw-Lenkers gefolgt ist. Wären die von ihm beantragten Beweise aufgenommen worden, hätte sich herausgestellt, daß dessen Aussage weder technisch haltbar sei noch den Tatsachen entspreche.
Damit bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) aber nicht finden, daß die Beweiswürdigung rechtswidrig wäre:
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren damit argumentiert, daß er erst ab einer anderen Stelle, als vom Anzeiger angegeben, die B 3 befahren habe, weshalb er in der Folge die erforderliche Überholgeschwindigkeit gar nicht hätte erreichen können. Hiezu hatte er zunächst behauptet, er sei bei der Ausfahrt der Firma X auf die B 3 eingebogen; er habe bei diesem Unternehmen Waren abgeladen. Als die Erhebungen der Erstbehörde dies nicht bestätigen konnten, änderte er seine Darstellung dahin, er habe Transporte von einer bestimmten Baustelle der Firma Y durchgeführt und den ganzen Tag dieselbe, mit der Schilderung des Anzeigers nicht übereinstimmende Route befahren.
Schon angesichts der Unterschiedlichkeit dieser Versionen hält es der Gerichtshof nicht für unschlüssig, wenn die belangte Behörde der Verantwortung des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat. Zu weiteren Erhebungen bei vom Beschwerdeführer genannten Unternehmen war die Behörde nicht verpflichtet, zumal aus Buchhaltungsunterlagen keine zwingenden Schlüsse auf die Einhaltung einer bestimmten Fahrroute gezogen werden können. Was die vom Beschwerdeführer der Beschwerde beigelegten Urkunden anlangt, so handelt es sich hiebei um im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerungen, auf die der Gerichtshof nicht eingehen kann.
Der Beschwerdeführer rügt auch, daß keine Feinauswertung der Tachographenscheibe vorgenommen wurde. Hiezu ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am 8. Jänner 1990 ohnehin zugegeben hat, mit ca. 90 km/h gefahren zu sein, d.h. die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten zu haben. Was die Nachprüfbarkeit eines jähen Abbremsens mit Hilfe des Fahrtschreiberblattes anlangt, so hat der von der Behörde beigezogene Amtssachverständige ausgeführt, daß für eine Überprüfung des Ortes der in Rede stehenden Abbremsung die genaue Fahrtroute des Lkws, die seit ca. 7.00 Uhr zurückgelegt wurde, erforderlich wäre. Mangels eines gesicherten Beweisergebnisses für diesen Zeitraum war eine Feinauswertung des Fahrtschreiberblattes im Beschwerdefall entbehrlich.
Zur Einholung eines kfz-technischen Sachverständigengutachtens über die vom Beschwerdeführer erreichbare Geschwindigkeit war die Behörde nicht verpflichtet, weil sie - zu Recht - nicht von der vom Beschwerdeführer behaupteten Prämisse einer bestimmten Fahrstrecke ausgegangen ist. Im übrigen ist neuerlich auf das Teilgeständnis vom 8. Jänner 1990 hinzuweisen: Die zugegebene Fahrgeschwindigkeit von ca. 90 km/h stellte in bezug auf die vom Anzeiger angegebene niedrigere Fahrgeschwindigkeit seines Pkws eine taugliche Überholgeschwindigkeit dar.
Ohne jede Bedeutung ist die Beweisrüge des Beschwerdeführers schließlich für die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO, nachdem der Beschwerdeführer am 8. Jänner 1990 auch zugegeben hatte, zwar den Anstoß bemerkt zu haben, den sich aus der genannten Gesetzesstelle ergebenden Pflichten aber dennoch nicht nachgekommen zu sein.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991020057.X00Im RIS seit
12.06.2001