TE Vfgh Erkenntnis 1988/12/15 G175/88, V152/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.1988
beobachten
merken

Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7050 Schischule

Norm

StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Verordnung der Sbg Landesregierung vom 14.03.77, mit der das Schischulgebiet Saalbach, politischer Bezirk Zell am See, zerlegt wird, LGBl für das Land Salzburg Nr 40/1977
Sbg SchischulG 1976 §3 Abs2
Sbg SchischulG 1976 §5, §7

Leitsatz

Sbg. SchischulG 1976; Beseitigung des wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit verfassungswidrigen Monopolsystems durch Aufhebung des Wortes "ausschließliche" im ersten Satz und des dritten Satzes des Abs2 des §3 sowie des §5 V mit der das Schischulgebiet Saalbach, politischer Bezirk Zell am See, zerlegt wird, LGBl. 40/1977, nicht gesetzwidrig

Spruch

I. 1. Das Wort "ausschließliche" im ersten Satz und der dritte Satz des Abs2 des §3 und der §5 des Gesetzes vom 19. Mai 1976 über die Errichtung und den Betrieb von Schischulen (Salzburger Schischulgesetz 1976), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 58/1976, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Salzburg ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

2. Abs1 und 2 des §7 des Gesetzes vom 19. Mai 1976 über die Errichtung und den Betrieb von Schischulen (Salzburger Schischulgesetz 1976), LGBl. für das Land Salzburg Nr. 58/1976, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

II. gemäß Art139 B-VG zu Recht erkannt:

II. Die V der Salzburger Landesregierung vom 14. März 1977, mit der das Schischulgebiet Saalbach, politischer Bezirk Zell am See, zerlegt wird, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 40/1977, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit (Ersatz-)Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 10. November 1986, Z12/04-2370/94-1986, wurde die Bewilligung zur Führung der Schischule Saalbach-Hinterglemm - das Gebiet dieser Schischule ist in der V der Salzburger Landesregierung vom 14. März 1977, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 40/1977, festgelegt - gemäß §§3, 4 und 5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 58/1976, für die Dauer von drei Jahren dem B G erteilt. Zugleich wurde der Antrag des Bewerbers Th W abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B1258/86 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Th W, in der die Verletzung von Rechten des Bf. infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzwidrigen V geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Bei der Beratung über die Beschwerde sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Wort "ausschließliche" im ersten Satz und gegen den dritten Satz des Abs2 des §3, ferner gegen §5 und gegen die Abs1 und 2 des §7 Salzburger Schischulgesetz 1976 und gegen die bereits zitierte V vom 14. März 1977 entstanden. Der VfGH hat daher am 14. Juni 1988 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 und Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bzw. der Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmungen einzuleiten.

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des zweiten Abschnittes des Salzburger Schischulgesetzes 1976, der die Bewilligung und den Betrieb von Schischulen betrifft, - die in Prüfung gezogenen Stellen sind hervorgehoben - lauten:

"Schischulbewilligung

§3

(1) Die Führung einer Schischule im Lande Salzburg bedarf der Bewilligung der Landesregierung (Schischulbewilligung). Die Schischulbewilligung ist auf Antrag zu erteilen, wenn die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sind.

(2) Durch die Bewilligung der Schischule wird nach Maßgabe dieses Gesetzes das ausschließliche Recht erworben und die Pflicht begründet, in dem Gebiet, auf das sich die Bewilligung erstreckt (Schischulgebiet), Schiunterricht zu erteilen. Inhaber der Schischulbewilligung ist der Leiter der Schischule (Schischulleiter). In jedem Schischulgebiet darf nur eine Schischule bestehen.

(3) Die Bewilligung gilt zunächst für drei Jahre. Sie ist durch Bescheid der Landesregierung auf rechtzeitigen Antrag des Schischulleiters in eine unbefristete Bewilligung umzuwandeln, wenn sich der Bewerber als Schischulleiter in den drei Jahren bewährt hat und weiterhin die persönlichen Voraussetzungen der Bewilligung gegeben sind. Der Antrag ist bei sonstiger Verspätung vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung zu stellen.

Persönliche Voraussetzungen der Bewilligung

§4

(1) Eine Schischulbewilligung darf nur einer natürlichen Person erteilt werden, die ...

Sachliche Voraussetzungen der Bewilligung

§5

Die Erteilung der Schischulbewilligung hat zur Voraussetzung, daß für das betreffende Schischulgebiet keine Schischulbewilligung aufrecht besteht.

Bewilligungsverfahren

§6

. . .

Schischulgebiet

§7

(1) Grundsätzlich bildet jede Gemeinde ein eigenes Schischulgebiet.

(2) Die Landesregierung kann durch V nach Anhörung der betroffenen Gemeinden das Gebiet einer Gemeinde in zwei oder mehrere Schischulgebiete zerlegen oder die Gebiete (Teilgebiete) mehrerer Gemeinden zu einem Schischulgebiet zusammenfassen, wenn hiedurch eine bessere schischulische Betreuung erwartet werden kann. Zerlegungen können zu diesem Zweck in Gemeinden mit großer Ausdehnung oder mit weit auseinanderliegenden Beherbergungsbetrieben oder auf Grund anderer wintersportlicher oder fremdenverkehrsmäßiger Gegebenheiten erfolgen.

(3) Besteht in einem Schischulgebiet ohne Schischule Bedarf nach einer solchen, so kann der Schischulleiter einer benachbarten Schischule mit seinem Einverständnis beauftragt werden, dieses Schischulgebiet bis zur Erteilung einer Schischulbewilligung zu betreuen. Die ordnungsgemäße Leitung seiner Schischule darf hiedurch nicht gefährdet werden."

3.1.2. Die in Prüfung gezogene V der Salzburger Landesregierung vom 14. März 1977, mit der das Schischulgebiet Saalbach, politischer Bezirk Zell am See, zerlegt wird, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 40/1977, hat folgenden Wortlaut:

"Auf Grund des §7 Abs2 des Salzburger

Schischulgesetzes 1976, LGBl. Nr. 58, wird verordnet:

§1

Das Gemeindegebiet Saalbach, politischer Bezirk Zell am See, wird in die Schischulgebiete Saalbach-Ort, Saalbach-Hinterglemm und Saalbach-Mitterlengau zerlegt.

§2

Die Grenze zwischen den Schischulgebieten Saalbach-Ort und Saalbach-Hinterglemm verläuft beginnend von der Gemeindegrenze am Hochkogel (2249 m) entlang des Bergrückens zum Schattberg-Westgipfel (2095 m), von dort in einer geraden Linie zur Einmündung des Krummfeichtbaches in die Saalach und den Krummfeichtbach entlang bis zur Gemeindegrenze bei Kote 1662 zwischen Reiterkogel und Bernkogel. Das östlich dieser Grenze gelegene Gemeindegebiet bildet das Schischulgebiet Saalbach-Ort.

§3

Die Grenze zwischen den Schischulgebieten SaalbachHinterglemm und Saalbach-Mitterlengau verläuft beginnend an der Gemeindegrenze am Manlitzkogel (2247 m) entlang des Bergrückens über die Hohe Penhab (2112 m) zum Zwölferkogel (1984 m) und von dort in einer geraden Linie zur Hochalmspitze (1921 m). Das westlich dieser Grenze liegende Gemeindegebiet bildet das Schischulgebiet Saalbach-Mitterlengau."

3.2. Der VfGH ging im Einleitungsbeschluß davon aus, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei der Erlassung des bei ihm bekämpften Bescheides entweder ausdrücklich oder doch der Sache nach angewendet wurden und von ihm bei der Beurteilung der an ihn gerichteten Beschwerde anzuwenden sein würden, sodaß die Präjudizialität aller in Prüfung gezogenen Bestimmungen zu bejahen sei. Der VfGH nahm an, daß auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen für das beschlossene Gesetzes-(Verordnungs-)Prüfungsverfahren vorliegen.

3.3. Der VfGH verwies im Einleitungsbeschluß darauf, daß gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im wesentlichen die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wie sie zur Prüfung und Aufhebung von Bestimmungen des Tiroler Schischulgesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 3/1981 (künftig: TSchG), mit Erkenntnis vom 12. März 1988 G154/87 ua. führten und legte sie folgendermaßen dar:

"... Der VfGH meint vorläufig, daß öffentliche Interessen es wohl rechtfertigen, zur sinnvollen Ordnung des Schischulwesens gesetzliche Regelungen zu erlassen, daß jedoch der Salzburger Landesgesetzgeber durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen eine Regelung getroffen hat, die in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung in unverhältnismäßiger Weise eingreift und einer sachlichen Rechtfertigung nicht zugänglich ist. Das gewählte Ordnungssystem dürfte - in ähnlicher Weise wie dies bei den mit dem bereits zitierten Erkenntnis des VfGH aufgehobenen Gesetzesstellen des Tiroler Schischulgesetzes der Fall war - die Erwerbsausübungsfreiheit übermäßig beschränken, da hiedurch die Erteilung mehrerer Bewilligungen zum Betrieb von Schischulen für ein Schischulgebiet selbst dann untersagt ist, wenn dieses Gebiet derart viele Möglichkeiten zum Schilauf bietet und derart viele Interessenten zum Schiunterricht vorhanden sind, daß auch bei Erteilung mehrerer Bewilligungen nicht zu erwarten ist, daß negative Folgen eintreten, denen in anderer Weise nicht begegnet werden könnte; ebenso scheint die derzeitige Regelung ohne Notwendigkeit die Bewilligung von speziellen, selbständigen Schischulen hinsichtlich einzelner Fertigkeiten, zu deren Unterweisung Schischulen gemäß §1 Salzburger Schischulgesetz 1976 berufen sind (zB Anfängerunterricht, Rennläuferunterricht), oder hinsichtlich bestimmter Interessengruppen (zB Kinder oder Behinderte) zu untersagen. Dem VfGH scheint die in Prüfung gezogene Regelung für den einzelnen auch rechtliche Möglichkeiten auszuschließen, eine grundrechtskonforme Zuordnung des für den Schilauf geeigneten Geländes zu Schischulgebieten zu erwirken bzw. eine Gliederung zu bekämpfen, die die Schischulgebiete in einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit den Anforderungen der Erwerbsausübungsfreiheit nicht entsprechenden Weise festlegt.

Der VfGH hegt damit zusammenfassend das Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen gesetzlichen Regelungen mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung im Widerspruch stehen.

Die in Prüfung gezogene V findet ihre gesetzliche Deckung in §7 Abs2 Salzburger Schischulgesetz 1976; sollte diese Gesetzesstelle aufgehoben werden, scheint die V jede gesetzliche Deckung zu verlieren."

4. Die Salzburger Landesregierung hat die Zulässigkeit der Normenprüfungsverfahren nicht bestritten. Sie verteidigt jedoch die Verfassungskonformität der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen und die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung gezogenen V; im wesentlichen führt sie hiezu aus:

"2.1 ... Das Salzburger Schischulgesetz 1976 kennt wohl den Grundsatz pro Gemeinde grundsätzlich ein Schischulgebiet (§7 Abs1 leg.cit.), gleichzeitig wird jedoch der Landesregierung mit V die Möglichkeit eingeräumt, das Gemeindegebiet in mehrere Schischulgebiete aufzuteilen oder umgekehrt, mehrere Gemeindegebiete zu einem einheitlichen Schischulgebiet zusammenzufassen, wenn dadurch eine bessere schischulische Betreuung erwartet werden kann (§7 Abs2 leg.cit.).

2.2 Gerade im vorliegenden Anlaßfall wurde auf diese Aspekte Bedacht genommen und die Gemeinde Saalbach mit V LGBl. Nr. 40/1977 in drei Schischulgebiete untergliedert. Die in Prüfung gezogene landesgesetzliche Regelung kennt daher sehr wohl eine differenzierte Betrachtungsweise der Festlegung von Schischulgebieten. Es wird allerdings nicht der vom VfGH als gangbar angedeutete Weg beschritten, in einem Schischulgebiet mehrere Bewilligungen zu erteilen, sondern umgekehrt, ein großes Schischulgebiet in mehrere kleinere so zu zerlegen, daß Raum für mehrere Schischulbewilligungen geschaffen wird, die jeweils für sich gerade noch über ein Schulgebiet verfügen, welches den sachlichen Notwendigkeiten entspricht. Der eine wie der andere Weg führt nach Auffassung der Salzburger Landesregierung im Endeffekt zum selben Ergebnis, nämlich zu Schischulbewilligungen, die den sachlich notwendigen Zusammenhang mit den geographischen und infrastrukturellen Gegebenheiten besitzen. Die 'Faustregel', daß pro Gemeinde grundsätzlich ein Schischulgebiet anzunehmen ist, dient lediglich der Verwaltungsvereinfachung und der Erkenntnis, daß in den kleinen Wintersportorten Salzburgs häufig nur Raum für eine Schischule gegeben erscheint. Andererseits muß jedoch eindringlich darauf hingewiesen werden, daß bislang in zwölf Fällen von den Möglichkeiten des §7 Abs2 leg.cit. Gebrauch gemacht wurde ...

2.3 Abschließend muß zu dieser Frage bemerkt werden, daß der Weg, auf Grund der Überprüfung sachlicher Gegebenheiten die Anzahl der Schischulgebiete in einer Gemeinde festzusetzen, verwaltungsökonomisch wesentlich praktikabler erscheint, als aus Anlaß einzelner Bewilligungsansuchen zu prüfen, wie viele Bewilligungen in einem Gebiet denn noch erteilt werden könnten, ohne daß es zu im Gesetz abstrakt umschriebenen nachteiligen Auswirkungen kommt. Der erstgenannte Weg ist nach Auffassung der Salzburger Landesregierung zweckmäßiger administrierbar.

3.1 Der VfGH bemängelt ferner, daß die derzeitige Regelung ohne Notwendigkeit die Bewilligung von speziellen, selbständigen Schischulen ... zu untersagen scheine.

3.2 Dazu ist festzustellen, daß im §2 Abs2 litg leg.cit. der Schiunterricht im Langlauf und Schiwandern vom Erfordernis einer bewilligten Schischule ausdrücklich befreit ist. Das Schibobfahren ist vom Anwendungsbereich des Gesetzes ebenfalls nicht erfaßt ...

3.3 Im übrigen ergibt sich vor allem aus §1 Abs1 in Verbindung mit §3 Abs2 und §4 Abs6 leg.cit. die Pflicht der örtlichen Schischule, die Unterweisung im Schilauf vom Anfängerunterricht bis zum Rennlauf entsprechend den örtlichen Gegebenheiten abzudecken.

...

Für die Erteilung von zusätzlichen Bewilligungen spezieller Schischulen für Personen unterschiedlichen Fahrkönnens bzw. verschiedene Interessensgruppen ist aus der Sicht des Landessportbüros keine Notwendigkeit gegeben ...

3.4 In diesem Zusammenhang ist ... das Argument der besseren Koordination des Schischulbetriebes durch eine einzige Schischule und die damit verbundene größere Sicherheit der Kursteilnehmer sowie der übrigen Pistenbenützer verstärkt gültig. Einer universellen Schischule ist es außerdem auf Grund des vielseitigen Kursangebotes ohne weiteres möglich, saisonal bedingte Schwankungen bzw. Änderungen in der Gästestruktur auszugleichen ...

3.5 Sollten die örtlichen Gegebenheiten eines Gebietes derart viele Möglichkeiten zum Schilauf bieten und derart viele Interessenten für den Schiunterricht vorhanden sein, daß durch die Schischule nicht mehr alle Bereiche des Schiunterrichtes optimal angeboten bzw. vermittelt werden können, ist nach §7 Abs2 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 das Instrument der Zerlegung eines Schischulgebietes vorgesehen, wenn hiedurch eine bessere schischulische Betreuung erwartet werden kann.

4. Zur Frage der Möglichkeit des Einzelnen, vermeintlich grundrechtswidrige Gliederungen in Schischulgebiete zu bekämpfen, wird die Ansicht vertreten, daß die Möglichkeit, einen ablehnenden Bescheid auf Grund eines Bewilligungsansuchens zu erwirken, ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet. Letztlich erscheint dies auch durch den vorliegenden Anlaßfall belegt.

5.1 ...

Daß der Fremdenverkehr in Österreich und hier vor allem der Winterfremdenverkehr in den westlichen Bundesländern in ganz besonderem Maße auch im öffentlichen Interesse liegt, liegt auf der Hand. Der Winterfremdenverkehr in den gebirgigen Teilen Österreichs beruht nicht zuletzt auf der weltweit anerkannten Qualität österreichischer Schischulen und österreichischer Schiprodukte. ... Die vom Landesgesetzgeber vorgesehene Einteilung in Schischulgebiete mit je einer Schischule garantiert einerseits eine ausreichende behördliche Kontrollmöglichkeit über die Qualität der schipädagogischen Tätigkeit dieser Schulen und ermöglicht es auf der anderen Seite den Schischulen, über eine ausreichende Kapazität an einschlägiger Infrastruktur wie vor allem Liftanlagen zu verfügen. Der durch die in Prüfung gezogene Regelung bewirkte Gebietsschutz für die einzelnen Schischulen ermöglicht diesen erst einen geordneten Schulbetrieb. Jede Schischule benötigt im Hinblick auf unterschiedliche Leistungsgruppen eine größere Anzahl qualifizierter Schilehrer, deren leistungsgerechte Besoldung eine Mindestanzahl an Schülern voraussetzt. Es sind schlimmste Auswüchse zu befürchten, wenn sich in einem Schigebiet mit begrenzter Infrastruktur zahllose Schischulen gegenseitig konkurrenzieren. Ein geordneter Pistenbetrieb ist undenkbar, wenn sich Schischulen in unbeschränkter Anzahl um die vorhandene Liftkapazität, die potentiellen Schüler und den zur Verfügung stehenden Pistenraum bemühen; ganz zu schweigen von den dabei unter Umständen in der Öffentlichkeit zu Tage tretenden Rivalitäten zwischen den Mitarbeitern der verschiedenen Unternehmen. Beispiele für derartige unliebsame Vorfälle sind aus Salzburg bekannt. ...

5.2 Aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung eines hohen Niveaus der österreichischen Schischulen folgt gleichzeitig die sachliche Rechtfertigung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen.

Nur die grundsätzliche Regelung, daß pro Schischulgebiet nur eine Schischule bestehen darf, gewährleistet das Vorhandensein einer möglichst guten Infrastruktur für den Gast im Rahmen des Schischulbetriebes. Da der finanzielle Investitionsaufwand immer im Verhältnis zur tatsächlichen Auslastung und zu den Verdienstmöglichkeiten eines Betriebes steht, würde bei einer Aufhebung dieser Regelung durch den VfGH in Zukunft kaum mehr gewährleistet sein, daß jede Schischule über ein entsprechend eingerichtetes Schischulbüro, eine optimale Geräteausstattung für z.B. Schifilmvorführungen oder Videoaufnahmen, einen Märchenwald für Kinderschikurse sowie über eine ausreichende Anzahl von Schilehrern mit guten Fremdsprachenkenntnissen verfügen könnte. Insgesamt wäre auf jeden Fall in vielen Schischulen eine Qualitätsverminderung in der Betreuung der Kursteilnehmer zu gewärtigen. Auch ist mit Sicherheit anzunehmen, daß auf Grund der beschränkten Anzahl ausgebildeter und geprüfter Schilehrer und auch aus Kostengründen bei einer Vermehrung der Schischulen häufig ungeprüfte Hilfskräfte herangezogen würden. Auch dadurch würde auf jeden Fall ein Qualitätsverlust in der schischulischen Ausbildung eintreten.

Durch den derzeit weltweit anerkannt guten Ruf der österreichischen Schiausbildung wird ein Anreiz für Ausländer gegeben, nach Österreich auf Schiurlaub zu fahren, ein Anreiz, der auch in der Werbung vermarktet wird. Mehrere Schischulen in einem Wintersportort sind bei weitem nicht so repräsentativ wie eine große Schischule. Vor allem der Bekanntheitsgrad im Ausland hängt mit einer gewissen Größenordnung der Schischule zusammen. Der Wintersportort wird zum Markenzeichen der Schischule und umgekehrt. Man denke nur an die Werbewirkung so weltberühmter Schischulen wie der Schischule St. Anton am Arlberg. ...

5.3 Die Ausübung des alpinen Schisports ist zweifellos auch mit Gefahren für die körperliche Sicherheit der Beteiligten verbunden. ... Bei einer Vielzahl von Schischulen am selben Ort würde naturgemäß jeder Schischulinhaber bemüht sein, die für die beabsichtigten Übungen günstigste Piste (im Hinblick auf Schneequalität, Sonnenlage u.dgl.) zu wählen. Es sind daher gegenseitige Störungen und erhöhte Kollisionsgefahren zu befürchten, wenn mehrere Schischulen mit ihren Kursgruppen auf ein- und derselben Piste üben und abfahren. Die derzeitige Struktur mit nur einer Schischule am Ort ermöglicht eine koordinierte Planung und Durchführung des Schischulbetriebes, welche bei völliger Erwerbsausübungsfreiheit so nicht erreichbar sein wird.

Eine weitere Gefahr besteht darin, daß mehrere Schischulunternehmen am selben Ort im Zuge des Konkurrenzkampfes ihren Kunden mehr bieten wollen als die anderen und auf diese Weise 'reizvollere' und damit riskantere Schiabfahrten außerhalb der Schipisten anbieten. Das damit verbundene erhöhte Sicherheitsrisiko ist evident. ...

Viele und damit kleinere Schischulen wären voraussichtlich kaum in der Lage, die Schikurse in den verschiedenen Leistungsklassen, die heute im anerkannten österreichischen Schilehrplan vorgesehen sind, durchzuführen. Das bedeutet, daß ein oder zwei Schilehrer Schüler mit stark unterschiedlichem Fahrkönnen in einer Gruppe unterrichten müssen. Das birgt nicht nur pädagogische, sondern auch Sicherheitsprobleme in sich. Bei der Zusammenfassung von schlechten und guten Schifahrern in einer Kursgruppe besteht immer die Gefahr, daß die schwächeren Teilnehmer überfordert werden und damit einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die bisher effektive Aufsichts- und Kontrolltätigkeit der Behörde über die Schischulen nur bei einer beschränkten Anzahl dieser Einrichtungen durchführbar ist.

5.4 Nicht zuletzt darf auf Erfahrungen in der Schweiz verwiesen werden, die die angeführten Bedenken bestätigen. Wie der Direktor des 'Schweizerischen Schischulverbandes' ... mitteilt, sind die Schweizer Schischulen im schweizerischen Schischulverband, einem Verein, organisiert. Der schweizerische Schischulverband anerkennt grundsätzlich nur eine offizielle Schweizer Schischule pro Gemeinde. Der Name 'Schweizer Schischule' sei durch das schweizerische Handelsregister geschützt. Als Gründe dafür, daß der schweizerische Schischulverband mehrere Schischulen am selben Ort ablehnt, wird angeführt, daß sich der Konkurrenzgeist zwischen den Schischulen in der Regel auch auf die Einwohner, die Hotelinhaber, sogar auf die Gäste übertrage und so zur Verunsicherung bis hin zur Spaltung im Ort führe. Auch die Einhaltung eines Sicherheitskonzeptes (Einteilung des Übungsgeländes, Benützung der Transportanlagen und Schipisten) werde durch eine Schischule unter einer verantwortlichen Leitung besser gewährleistet. ...

6. Art6 StGG hat nicht die Bedeutung, daß der Staat oder seine Verwaltungsbehörden verpflichtet wären, jedem Staatsbürger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von ihm gewählten Berufes oder Erwerbszweiges zu schaffen. Nur rechtliche Hindernisse dürfen nach dieser Verfassungsbestimmung der freien Erwerbstätigkeit nicht in den Weg gelegt werden, wenn sie nicht in einem Gesetz vorgesehen sind. Auch die freie Marktwirtschaft ist nach der bisherigen Rechtsprechung des VfGH kein Grundsatz der österreichischen Verfassungsordnung. Der ursprüngliche Sinngehalt des Rechtes auf Erwerbsausübungsfreiheit, welcher auch eine gesetzliche Bedarfsregelung nicht ausschloß, sollte nicht völlig verändert und so extrem eingeschränkt werden, wie dies im gegenständlichen Prüfungsbeschluß des VfGH zum Ausdruck kommt."

5. Auch der Bf. des Anlaßverfahrens hat als Beteiligter eine Äußerung erstattet, in der er den im Einleitungsbeschluß dargelegten Bedenken beitritt.

6. Der VfGH hat erwogen:

6.1. Der Zulässigkeit des Gesetzes-(Verordnungs-) Prüfungsverfahrens wurde von keiner Seite entgegengetreten. Es ist auch nichts hervorgekommen, das gegen die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen oder sonst gegen die Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß die Prüfungsverfahren zulässig sind, sprechen würde. Es erübrigen sich hiezu somit weitere Ausführungen.

6.2.1. Die im Einleitungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken treffen nur hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Stellen des Abs2 des §3 und des §5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 zu.

Den in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Salzburger Schischulgesetzes 1976 liegt wohl inhaltlich ebenso ein Monopolsystem zugrunde, wie den mit Erkenntnis des VfGH vom 12. März 1988 G154/87 ua. aufgehobenen Bestimmungen des TSchG. Der VfGH hat daher im Einleitungsbeschluß darauf verwiesen, daß gegen das Salzburger Schischulgesetz 1976 die gleichen Bedenken vorliegen, wie sie zur Aufhebung von Bestimmungen des TSchG führten. Im Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit der mit dem eben zitierten Erkenntnis aufgehobenen Bestimmungen des TSchG hatte die Salzburger Landesregierung - ebenso wie eine Reihe anderer Landesregierungen - bereits eine Äußerung abgegeben, in der die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des TSchG mit ähnlichen Argumenten verteidigt wurde, wie sie nunmehr im vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren vorgetragen werden. Es ist daher auf die eingehende Begründung des Erkenntnisses des VfGH vom 12. März 1988 G154/87 ua. zu verweisen, aus der sich bereits ergibt, daß auch die in Prüfung stehenden Bestimmungen des Salzburger Schischulgesetzes 1976, soweit durch sie ein Schischulmonopol bewirkt wird, verfassungswidrig sind. Bei dieser Judikatur ist der Gerichtshof auch in weiterer Folge geblieben (vgl. VfGH 30.11.1988 G173/88, Steiermärkisches Schischulgesetz und VfGH 30.11.1988 G184/88, Kärntner Schischulgesetz). Sie trifft auch für das Wort "ausschließliche" im ersten Satz und für den dritten Satz des Abs2 des §3 und für §5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 zu.

Die verfassungswidrige Monopolregelung wird im Salzburger Schischulgesetz 1976 - anders als im TSchG - jedoch nicht durch das Zusammenwirken aller in Prüfung gezogenen Bestimmungen bewirkt, sondern expressis verbis durch den Abs2 des §3 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 - nämlich durch das Wort "ausschließliche" im ersten Satz und durch den dritten Satz - sowie durch §5 leg.cit. festgelegt. Aufgrund der zum TSchG unterschiedlichen Gesetzestechnik des Salzburger Schischulgesetzes kann das verfassungswidrige Monopolsystem schon durch Aufhebung des Wortes "ausschließliche" im ersten Satz des §3 Abs2, des dritten Satzes des §3 Abs2 und des §5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 beseitigt werden. Das im Einleitungsbeschluß gegen die ersten beiden Absätze des §7 leg.cit. geäußerte Bedenken, die Monopolregelung scheine für den Einzelnen rechtliche Möglichkeiten auszuschließen, eine grundrechtsrechtskonforme Gliederung des für den Schilauf geeigneten Schigeländes in Schischulgebiete zu erwirken, trifft mit der Aufhebung des Wortes "ausschließliche" im ersten Satz und des dritten Satzes des §3 Abs2 sowie des §5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 nicht mehr zu.

6.2.2. Bei diesem Ergebnis waren das Wort "ausschließliche" im ersten Satz und der dritte Satz des §3 Abs2 sowie der §5 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 als verfassungswidrig aufzuheben und es war auszusprechen, daß die ersten beiden Absätze des §7 leg.cit. nicht als

verfassungswidrig aufgehoben werden.

6.2.3. Der Ausspruch - soweit er die Aufhebung von Bestimmungen des Salzburger Schischulgesetzes 1976 betrifft gründet sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.

6.3. Aus dem Vorausgehenden ergibt sich, daß das einzige im Einleitungsbeschluß gegen die in Prüfung gezogene V geäußerte Bedenken, durch die Aufhebung der ersten beiden Absätze des §7 des Salzburger Schischulgesetzes 1976 werde die V der Salzburger Landesregierung vom 14. März 1977 ihre gesetzliche Grundlage verlieren, wegfällt. Damit war auszusprechen, daß die in Rede stehende V nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird.

6.4. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Schischulen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:G175.1988

Dokumentnummer

JFT_10118785_88G00175_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten