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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AMFG §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des Franz W in G, vertreten durch Dr. H Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 28. März 1991, Zl. IIIe 6702 B-Su/Re, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte der Beschwerdeführer am 17. Dezember 1990 für den jugoslawischen Staatsangehörigen Hamdi Z eine Beschäftigungsbewilligung als "Gästebetreuer" mit Fremdsprachenkenntnissen und Ausbildung im Gastgewerbe. Der formularmäßige Antrag war durch ein mit 12. Dezember 1990 datiertes Schreiben des Beschwerdeführers ergänzt, in dem dieser die besonderen Anforderungen an diesen Arbeitsplatz im Hinblick auf sein Gewerbe ("Kfz-Notdienst") darlegte. Weiters befindet sich bei den Akten eine Übersetzung eines Diplomes des beantragten Ausländers über seine Ausbildung im Gastgewerbe.
Mit Schreiben der Behörde I. Instanz vom 18. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert anzugeben "unter welchem Gewerbe dieser Antrag eingereicht wurde".
Der Beschwerdeführer teilte daraufhin mit Schreiben vom 21. Dezember 1990 mit, daß es sich bei seinem Betrieb um einen internationalen Pannendienst handle, der sich nicht nur um das Auto, sondern damit in Verbindung auch um die Menschen kümmere. Dies sei der Arbeitmarktverwaltung bekannt und könne auch dem beigelegten Prospektmaterial entnommen werden. Weiters lud der Beschwerdeführer zu einer Besichtigung seines Betriebes ein und verwies auf die Dringlichkeit einer Erledigung.
Mit Bescheid vom 8. Jänner 1991 lehnte die Behörde erster Instanz den Antrag des Beschwerdeführers ohne weitere Erhebungen gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 4b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ab. Die Begründung dieses Bescheides besteht außer der Wiedergabe der Rechtslage lediglich in der Behauptung, daß eine "Ersatzstellung aus dem im Sinne der gesetzlichen Reihenfolge vorzuziehenden Arbeitskräftepotential" möglich sei und es am Beschwerdeführer liege, dem Arbeitsamt einen entsprechenden Vermittlungsauftrag zu erteilen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Jänner 1991 Berufung, in der er neuerlich die Besonderheit seines international tätigen Betriebes, der darauf spezialisiert sei, den mit Auto reisenden Menschen in mit dem Auto im Zusammenhang stehenden Notfällen zu helfen, hervorhob. Leider sei es dem Beschwerdeführer in den letzten Jahren auch mit Hilfe der Arbeitsmarktverwaltung nicht gelungen, geeignete Kräfte für den Pannendienst zu finden. Im Rahmen seines Betreuungsteams benötige er besonders für die durchreisenden Jugoslawen einen "Gästebetreuer", der insbesondere als "Ansprechstelle" notwendig sei. Als Voraussetzung für die Besetzung dieses Arbeitsplatzes brachte der Beschwerdeführer vor:
1. Die Arbeitskraft müsse im Betriebsgelände wohnen, um gegebenenfalls jederzeit zur Verfügung zu stehen.
2. Der neuen Arbeitskraft stünde ein eigenes Zimmer im Wohnungsverband eines anderen Mitarbeiters zur Verfügung.
3. Die neue Arbeitskraft müsse unbescholten und vertrauenswürdig sein.
4. Sprachkenntnisse und Umgangsformen seien unbedingt erforderlich (der beantragte Ausländer spreche Deutsch, Albanisch, Slowenisch und Serbokroatisch und verstehe Polnisch und Tschechisch).
5. Familiäre Unabhängigkeit wäre wichtig wegen der Notwendigkeit vieler Bereitschaftsdienste.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31. Jänner 1991 wurde das Anforderungsprofil im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer zwischenzeitlich am 15. Jänner 1991 erteilten Vermittlungsauftrag noch wie folgt erweitert:
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Abgeschlossene Berufsausbildung,
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Kenntnisse im Zoll- und Versicherungswesen,
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Ortskenntnisse in Jugoslawien.
Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, für den beantragten Ausländer diese Qualifikationen nachzuweisen.
In einem umfangreichen Schreiben vom 12. März 1991 versuchte der Beschwerdeführer die von ihm gewünschten Voraussetzungen neuerlich zu rechtfertigen und behauptete deren Vorliegen beim beantragten Ausländer.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 4b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Zur Begründung führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, dem Arbeitsmarkt stünden im Raum Graz eine große Zahl von Fachkräften aus der Gastgewerbebranche zur Verfügung, sodaß allein die Lage des Arbeitsmarktes die Beschäftigung von neu eingereisten Kellnern nicht zulasse. Der beantragte Ausländer sei trotz der geänderten Berufsbezeichnung von "Gästebetreuer" auf "Kundenbetreuer mit Anbieten persönlicher Dienste" lediglich als gelernter Kellner mit Fremdsprachenkenntnissen anzusehen. Darüber hinaus gehende Qualifikationen hätten trotz Aufforderung nicht nachgewiesen werden können. Die vom Beschwerdeführer am 12. März 1991 erstellte ausführliche Beschreibung des Aufgabengebietes zeige, daß der benötigte Kundenbetreuer hauptsächlich Hilfs- und Anlerntätigkeiten zu verrichten habe. Die subjektive Festlegung auf eine bestimmte Arbeitskraft, für die keine objektive Notwendigkeit bestehe, könne keinen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach sich ziehen, zumal der beantragte Ausländer außer seinem Lehrabschluß als Kellner bzw. seiner Fremdsprachenkenntnisse lediglich positive Charaktereigenschaften und Arbeitsbereitschaft vorzuweisen habe.
Weiters stünden wichtige öffentliche bzw. gesamtwirtschaftliche Interessen der Beschäftigung von neu eingereisten Ausländern, die nicht zum bevorzugten Personenkreis des § 4b AuslBG gehörten, entgegen. Grund hiefür sei, daß angesichts des hohen Ausschöpfungsgrades der Bundeshöchstzahl (§ 12a AuslBG) von bereits 98 %, Beschäftigungsmöglichkeiten für integrierte Ausländer und auch für Asylwerber gewahrt werden müßten. Der beantragte Ausländer verfüge jedoch als "Neueinreise" nicht über einen derartigen Status. Gerade durch den hohen Ausschöpfungsgrad der Bundeshöchstzahl könne nicht allein der bei einem Arbeitgeber auftretende individuelle Arbeitskräftebedarf maßgeblich sein. Dieser werde vielmehr erst dann vertretbar, wenn er im Einklang mit § 4a AuslBG stehe. Es wäre nicht verantwortlich, wenn die Bundeshöchstzahl durch neue Ausländer belastet, eventuell sogar ausgeschöpft werde. Dies würde nämlich bedeuten, daß Ausländer, an deren Beschäftigung ein höchstes arbeitsmarktpolitisches Interesse bestehe, abgelehnt werden müßten, weil die Bundeshöchstzahl durch Ausländer, die diese Priorität nicht besitzen würden, bereits ausgeschöpft sei. Vom Standpunkt des einzelnen Dienstgebers sei es verständlich, in gewissen Fällen einem neu eingereisten Ausländer den Vorzug zu geben, entsprechend dem öffentlichen bzw. gesamtwirtschaftlichen Interesse müsse jedoch die Dringlichkeit am gesamten Arbeitsmarkt im Verhältnis zum Ausschöpfungsgrad der Bundeshöchstzahl zur Entscheidung herangezogen werden. Diese Dringlichkeit sei jedoch bei Betrachtung des Arbeitsmarktes keineswegs gegeben. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage seien die Einwände des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen, eine andere Entscheidung herbeizuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Im Beschwerdefall stützt die belangte Behörde ihre ablehnende Entscheidung ausdrücklich und genauso wie die Behörde erster Instanz auf die §§ 4 Abs. 1 und 4b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, die letztgenannte Bestimmung in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990.
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn
a) die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und
b) wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des genannten § 4 Abs. 1 AuslBG ist im § 4b AuslBG festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer, mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Ausländer, bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen ...) in der mit der Aufzählung angegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG, die im gegenständlichen Zusammenhang nur im Hinblick auf die mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgte Einfügung des § 4b hinsichtlich der bevorzugt zu vermittelnden Personen zu modifizieren ist, muß auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt sein, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde, ob das geltend gemachte Anforderungsprofil in den Notwendigkeiten des Betriebes objektiv gerechtfertigt ist und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der im § 4b AuslBG enthaltenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen konkret auszuüben.
Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die nach den vorstehenden Rechtsausführungen bei einer Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zugrundezulegen sind.
Mit Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 91/09/0009, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß es zusätzlich zum Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eines "aktuellen Vermittlungsauftrages" nicht bedarf.
Gemäß § 58 Abs. 2 des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 30 EGVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Den dargelegten Anforderungen entspricht weder das von der belangten Behörde abgeführte Verfahren, noch die Begründung des angefochtenen Bescheides.
Ausgehend von den vorstehenden Darlegungen hat im Beschwerdefall die Behörde erster Instanz ohne entsprechende Feststellungen bzw. Begründung die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung insbesondere deshalb verweigert, weil kein aktueller Vermittlungsauftrag vorgelegen sei. Diesem Aspekt kommt aber - wie unter Zitierung der Rechtsprechung dargelegt - keine entscheidende rechtliche Bedeutung zu.
Seitens der belangten Behörde werden - trotz des zwischenzeitlich erteilten Vermittlungsauftrages - keine Angaben darüber gemacht, ob bzw. welche konkreten Vermittlungsversuche durchgeführt worden sind bzw. aus welchen Gründen solche allfälligen Vermittlungsversuche nicht zum Erfolg geführt haben. In der entscheidungswesentlichen Frage der Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung beschränkt sich die belangte Behörde auf allgemeine Ausführungen, ohne - im Sinne der vorher genannten Rechtsprechung - durch entsprechend konkrete Sachverhaltsfeststellungen und Erörterungen dem Verwaltungsgerichtshof eine nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit in dieser Hinsicht zu ermöglichen.
Weiters bleibt offen, von welchem Anforderungsprofil an die zu besetzende Stelle die Behörde tatsächlich ausgegangen ist.
In der Gegenschrift räumt die belangte Behörde ein, daß der Ablehnungsgrund im Beschwerdefall "hauptsächlich im Ausschöpfungsgrad der Bundeshöchstzahl" gelegen gewesen sei.
Auch diesbezüglich mangelt es aber dem angefochtenen Bescheid an der Angabe der Rechtsgrundlage hiefür sowie an entsprechenden Feststellungen bzw. Darlegungen in der Begründung. Selbst wenn die in der Gegenschrift erfolgte Spezifizierung hinlänglich wäre, kann ein wesentlicher Begründungsmangel durch Ausführungen in der Gegenschrift keinesfalls ersetzt werden (vgl. ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise Erkenntnis vom 6. Juli 1984, Zl. 83/02/0500, Slg. NF Nr. 11496/A - nur Rechtssatz).
Da solcherart der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage war, den angefochtenen Bescheid auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes zu überprüfen, mußte dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Dies konnte - sowohl im Hinblick auf die Einfachheit der zu beurteilenden verfahrensrechtlichen Rechtsfrage als auch im Hinblick auf die unwesentlichen schon durch die bisherige Rechtsprechung erfolgte Klarstellung - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erfolgen.
Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991090090.X00Im RIS seit
26.09.1991