TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/30 91/19/0230

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §32 Abs2;
VStG §9 Abs2 idF 1983/176;
VStG §9 Abs4 idF 1983/176;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Günter K in V, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. Juni 1991, Zl. VII/2a-V-1387/0/1-91, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 22. Mai 1990 war der nunmehrige Beschwerdeführer "als Verantwortlicher der Einzelfirma Günter H. K mit dem Standort in P", zweier Übertretungen - einerseits (a) nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 (ASchG), iVm § 71 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung, anderseits (b) nach § 31 Abs. 2 lit. p ASchG iVm § 4 Abs. 1 der Aufzugsverordnung und der ÖNORM B 2456, Punkt 11.3.- schuldig erkannt worden, weil er es zu verantworten habe, daß am 12. Juni 1989 auf der Baustelle in W, (a) der Fahrbahnzugang zum Bauaufzug, weder bei der unteren noch bei der oberen Ladestelle im Dachgeschoß durch Absperrung gesichert gewesen sei, und (b) weder bei der unteren noch bei der oberen Ladestelle Warntafeln angebracht gewesen seien. Über den Beschwerdeführer wurden deshalb gemäß § 31 Abs. 2 ASchG Geldstrafen in der Höhe von (zu a) S 4.000,-- und (zu b)

S 2.000,-- verhängt.

2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Niederösterreich (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 5. Juni 1991 gemäß § 51 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge und setzte die verhängten Strafen auf (zu a) S 3.000,-- und (zu b) S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage bzw. ein Tag) herab. Weiters sprach die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer die Taten als "Arbeitgeber (Einzelunternehmer)" zu verantworten habe und daß die Übertretungsnorm "a) iVm § 33/7 und § 33/1/a/12, b) iVm § 33/7 und § 33/2/9 AnSchG zu verstehen (ist)".

Begründend führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Belang - folgendes aus: Der Beschwerdeführer habe weder "das objektive Geschehen der Taten und deren Strafbarkeit" bestritten noch versucht, einen Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 VStG zu erbringen. Er habe einzig und allein eingewendet, daß Ing. Siegfried P als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 3 und 4 VStG für die Taten verantwortlich sei. Als einziger Beweis hiefür erliege im Akt eine von Ing. P. unterfertigte Erklärung vom 28. Februar 1990 (also nach dem Tatzeitpunkt), daß er im Tatzeitraum verantwortlicher Beauftragter gewesen sei. Wie die Erstbehörde dazu richtig ausgeführt habe, könne sich der Arbeitgeber als Beschuldigter nur dann mit Erfolg auf das Übergehen der Verantwortlichkeit auf einen verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn er spätestens im Laufe des Strafverfahrens einen aus der Zeit vor der Tat stammenden Zustimmungsnachweis zur Bestellung erbringe. Weder die genannte Urkunde noch eine noch einzuholende Zeugenaussage vermöchten diesem Erfordernis gerecht zu werden (Hinweis auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Die Schuldsprüche seien demnach zu Recht erfolgt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Dies zum einen deshalb, weil die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten erstmals im angefochtenen Bescheid "richtig inkriminiert wurden", und zwar

zu a) gemäß § 33 Abs. 7 und § 31 Abs. 1 lit. a Z. 12 ASchG und

zu b) gemäß § 33 Abs. 7 und § 33 Abs. 2 Z. 9 ASchG, während innerhalb der Verjährungsfrist als übertretene Verwaltungsvorschrift lediglich § 31 Abs. 2 lit. p leg. cit. bezeichnet worden sei; zum anderen im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist die Taten als "Verantwortlichem" und erstmals im bekämpften Bescheid als "Arbeitgeber (Einzelunternehmer)" angelastet worden seien.

1.2. Der Verjährungs-Einwand erweist sich in keiner der beiden Richtungen als berechtigt: Erstens verkennt der Beschwerdeführer, daß sich eine Verfolgungshandlung auf die Tat selbst, nicht auf deren rechtliche Wertung zu beziehen hat, somit eine Verfolgungshandlung - bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen - auch dann eine taugliche im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG ist, wenn allenfalls die darin vorgenommene rechtliche Qualifikation des angelasteten strafbaren Verhaltens nicht zutreffend sein sollte (vgl. etwa die hg. Entscheidungen vom 12. Dezember 1975, Zl. 399/75, vom 6. April 1979, Slg. Nr. 9816/A - nur Rechtssatz, und vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0172). Zweitens hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten, daß er "Arbeitgeber (Einzelunternehmer)" sei. Wenn die Erstinstanz den Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - als "Verantwortlichen" verfolgt hat, so hat sie ihn damit als Verantwortlichen seines Einzelunternehmens, m.a.W. als Einzelunternehmer verfolgt. Insofern stellt die im angefochtenen Bescheid erstmals vorgenommene ausdrückliche Bezeichnung des Beschwerdeführers als "Arbeitgeber (Einzelunternehmer)" lediglich eine - wünschenswerte - Präzisierung in der Bezeichnung der Person des Beschuldigten dar, was keineswegs eine Verjährung der vorgeworfenen Taten zur Folge hatte.

2.1. Einen wesentlichen Verfahrensmangel erblickt die Beschwerde darin, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugeneinvernahme des Ing. P., zum Nachweis dafür, daß dieser vom 23. September 1988 bis Frühjahr 1990 verantwortlicher Beauftragter gewesen sei, nicht durchgeführt und auch nicht begründet habe, weshalb sie diesen Beweisantrag abgelehnt habe.

2.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Vielmehr ist dazu auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, in der die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt hat, daß sich der Beschwerdeführer nur dann auf einen an seiner Stelle verwaltungstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten berufen könnte, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein aus der Zeit vor Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten stammender Zustimmungsnachweis zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten eingelangt wäre. Die belangte Behörde hat das Vorliegen dieser Voraussetzung sowohl in Ansehung der schriflichen Erklärung des Ing. P. vom 28. Februar 1990, er sei zur Tatzeit verantwortlicher Beauftragter gewesen, als auch unter dem Gesichtspunkt der vom Beschwerdeführer dazu beantragten Vernehmung des Ing. P. als Zeugen verneint. Dies zu Recht.

Daß die erwähnte schriftliche Erklärung vom 28. Februar 1990, da aus der Zeit nach der Begehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten stammend, keinen tauglichen Zustimmungsnachweis im Sinne des Vorgesagten darstellt, wird selbst in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Was aber die angenommene Untauglichkeit der vom Beschwerdeführer beantragten zeugenschaftlichen Vernehmung des Ing. P. zur Erbringung des erforderlichen Zustimmungsnachweises anlangt, so entspricht auch diese Auffassung der belangten Behörde der Rechtslage. Denn von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt es zur Erbringung des vom Gesetz geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht, wenn sich der - diesbezüglich beweispflichtige - Beschuldigte auf die erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 87/08/0306).

2.3. Nach dem Gesagten hat die belangte Behörde, ohne daß die Nichtaufnahme des beantragten Zeugenbeweises zu beanstanden wäre, zutreffend das Fehlen eines entsprechenden Zustimmungsnachweises und damit das Fehlen einer rechtswirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bejaht.

3. Da sohin die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190230.X00

Im RIS seit

30.09.1991

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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