TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/30 91/19/0231

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §5 Abs3;
FrPolG 1954 §10a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 29. April 1991, Zl. FrA 823/1991, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1991 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10a Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (BGBl. Nr. 75/1954, in der Fassung der Novellen BGBl. Nr. 190/1990 und 451/1990, im Folgenden: FPG) aus Österreich ausgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der mit der Überschrift "Ausweisung" versehene § 10a FPG lautet:

"(1) Fremde, die unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und nicht zurückgeschoben werden dürfen, können innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten nach der Einreise mit Bescheid ausgewiesen werden.

(2) Fremde, denen die Einreise bloß deshalb erlaubt wurde, weil die Republik Österreich auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarung oder internationaler Gepflogenheit eine Rücknahmeverpflichtung traf, und die nicht zurückgeschoben werden dürfen, sind mit Bescheid auszuweisen.

(3) Fremde, die im Bundesgebiet keinen Wohnsitz haben, können innerhalb eines Zeitraumes von einem Monat nach der Einreise mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie

1. von einem Strafgericht wegen einer während dieses Zeitraumes begangenen Vorsatztat, wenn auch nicht rechtskräftig, verurteilt wurden oder

2. während dieser Zeit bei der Begehung einer Vorsatztat auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung der Vorsatztat glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt wurden, wenn überdies die strafbare Handlung mit beträchtlicher Strafe bedroht ist und eine Erklärung des zuständigen Staatsanwaltes vorliegt, dem Bundesminister für Justiz gemäß § 74 Abs. 2 ARHG berichten zu wollen.

(4) Der Berufung gegen eine gemäß Abs. 1 und 2 verfügte Ausweisung kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.

(5) Fremde, deren Ausweisung verfügt worden ist, haben das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen.

(6) Fremde, die gemäß Abs. 3 ausgewiesen worden sind, dürfen das Bundesgebiet zwei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides nur für Zwecke des gerichtlichen Strafverfahrens ohne Bewilligung wieder betreten. Wer innerhalb dieser Frist unerlaubt einreisen will ist an der Bundesgrenze zurückzuweisen oder im Fall der erfolgten Einreise abzuschieben. Die Ausweisung ist aufzuheben, wenn innerhalb dieser Frist das Verfahren rechtskräftig ohne Verurteilung des Betroffenen beendet worden ist."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die Voraussetzungen des § 10a (näherhin des Abs. 1) FPG an sich auf ihn zutreffen. Er bringt allerdings vor, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil er gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes (BGBl. Nr. 126/1968) bis zur rechtskräftigen Erledigung des Feststellungsverfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und die Ausnahmen von dieser Regelung normierende Bestimmung des § 5 Abs. 3 leg. cit. auf ihn nicht anwendbar sei.

Entgegen dieser Ansicht des Beschwerdeführers hat allerdings die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht darauf verwiesen, daß dem Beschwerdeführer die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Abs. 1 Asylgesetz im Grunde des § 5 Abs. 3 leg.cit. nicht zukommt: Nach dieser letztangeführten Bestimmung besteht nämlich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für einen Asylwerber unter anderem dann nicht, wenn er bereits "in einem anderen Staat ... anderwertig Schutz vor Verfolgung gefunden hat". Zu diesem Begriff hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl./84/01/0094, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22. Mai 1985, Slg. Nr. 11.773/A, die Rechtsansicht vertreten, daß davon dann gesprochen werden könne, wenn zum einen der Asylwerber bei der Rückkehr in diesen Staat nicht Gefahr läuft, in seinen Heimatstaat (oder - sofern er staatenlos ist - in den Staat, in dem er seinen ordentlichen Wohnsitz gehabt hat) abgeschoben zu werden, und zum anderen feststeht, daß der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von diesen geduldet wurde. Folglich wurde vom Gerichtshof mit Erkenntnis vom 16. März 1988, Zl. 86/01/0249, die Beschwerde einer rumänischen Staatsangehörigen, die sich aufgrund eines gültigen Sichtvermerkes in der Bundesrepublik Deutschland aufhielt und von dort nach Österreich einreiste, gegen einen Bescheid, mit dem ausgesprochen wurde, daß ihr eine Aufenthaltsberechtigung aus diesem Grund nicht zukomme, als unbegründet abgewiesen, zumal es dieser Beschwerdeführerin freigestanden wäre, während ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland bei den zuständigen Behörden einen Asylantrag zu stellen.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger - im Besitz eines für die Bundesrepublik Deutschland bis zum 1. Oktober 1990 gültigen Sichtvermerkes war, sich dort weiter bis zum 2. Februar 1991 aufhielt und in der Folge (unter Umgehung der Grenzkontrolle) nach Österreich einreiste. Im Lichte der oben dargestellten Rechtsprechung ist daher die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer bereits "in einem anderen Staat anderweitig Schutz vor Verfolgung gefunden hat", zumal der Beschwerdeführer nicht behauptet, er hätte entsprechend den zur Zeit seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Umständen (noch) keine Veranlassung gehabt, dort einen Antrag auf Asylgewährung zu stellen.

Die sohin unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190231.X00

Im RIS seit

30.09.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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