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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür keineLeitsatz
Verhängung einer Disziplinarstrafe wegen Disziplinarvergehen nach §95 Abs1 Z1 und Z2 ÄrzteG 1984; berufspflichtenverletzende Mitteilung von Befunden an Patienten, verbotene Werbung; keine WillkürSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer - Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten - vom 7. Juli 1986, Z Dk 76/83, wurde der praktische Arzt Medizinalrat Dr. E S in Klagenfurt nach mündlicher nichtöffentlicher Verhandlung eines Disziplinarvergehens nach §95 Abs1 Z1 und 2 ÄrzteG 1984, BGBl. 373/1984, schuldig erkannt und zu einer Strafe verurteilt.
Laut Spruch dieses Erkenntnisses hatte der Disziplinarbeschuldigte das Ansehen der Ärzteschaft dadurch beeinträchtigt und Berufspflichten verletzt, daß er in Klagenfurt
1)
der krebskranken G L im August 1983, ohne Befunde einzuholen, lediglich auf Grund der Untersuchung mit dem von ihm entwickelten Photonenrezeptor erklärte, daß Leber, Lunge und Knochen bereits vom Krebs erfaßt seien;
2)
der krebskranken I P in Gegenwart des Ehemannes
A P im Spätsommer 1985 wider besseres Wissen
persönlich erklärte, daß er sie mit großer Sicherheit heilen könne;
3)
der E K im Dezember 1983, ohne Einholung von Befunden, lediglich auf Grund der Untersuchung mit dem von ihm entwickelten Photonenrezeptor erklärte, daß sie im rechten Hüftgelenk Metastasen habe;
4)
dem G R im Oktober 1985 lediglich auf Grund des Studiums von Krankenhausbefunden und der Untersuchung von Lichtbildern (die den Patienten in jungen Jahren zeigten) mit dem Photonenrezeptor erklärte, daß er Krebs und Aids habe und er allein helfen könne;
5)
sich im Telefonbuch für das Bundesland Kärnten für 1983/84 entgegen der Vorschrift des §25 Abs1 ÄrzteG, wonach dem Arzt im Zusammenhang mit der Ausübung seines ärztlichen Berufes jede Art der Werbung, insbesondere auch für diagnostische und therapeutische Methoden verboten ist, wie folgt eintragen ließ:
"S E, Dr.med.univ., Med.Rat, Autor des Buches
'Die Demaskierung des Krebsproblems', Ordination . . . ".
1.1.2. Gegen dieses Erkenntnis brachte der Disziplinarbeschuldigte schriftlich das Rechtsmittel der Berufung ein.
1.1.3. Der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundeskanzleramt (Sektion VI (Volksgesundheit)) als Berufungsinstanz gab dieser Berufung mit Erkenntnis vom 4. Mai 1987, Z Ds 10/1986, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge. Zugleich wurde ausgesprochen, daß dem Disziplinarbeschuldigten gemäß §102 Abs1 ÄrzteG 1984 die mit 9.350 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zur Last fallen.
Begründend hieß es ua.:
" . . . Der Beschuldigte verkennt ersichtlich in allen seinen Ausführungen, daß er vom Disziplinarrat nicht wegen der Art der Diagnoseerstellung und auch nicht wegen seiner Behandlungsmethoden verurteilt worden ist, sondern ausschließlich wegen der Art und Weise, in der er seinen Patienten die von ihm ermittelten, schulmedizinisch noch nicht abgesicherten Befunde mitteilte . . . und eine schwersterkrankte, von anderen Ärzten bereits als hoffnungslos aufgegebene Patientin irreführend über die tatsächlich bestehenden Heilungschancen informierte, ohne den zur Zahlung der Behandlungskosten verpflichteten Ehegatten darüber persönlich entsprechend aufzuklären. . .
So besehen gehen alle Beweisanträge des Beschuldigten, die auf den Nachweis der Wissenschaftlichkeit seiner Untersuchungen und der Verläßlichkeit seiner Diagnoseerstellung bzw. auf die Erfolgsaussichten seiner Behandlung abzielen, von vornherein ins
Leere, sodaß mit . . . Abweisung vorzugehen war. Dies umso mehr,
als der Beschuldigte in seiner Berufung . . . und in der Berufungsverhandlung selbst Fehlermöglichkeiten bei der Handhabung des Photonenrezeptors (infolge des Einflusses einfallender kosmisch-atomarer Strahlung, Fading, Erkrankungen des Untersuchers usw.) einräumte und letztlich in der Berufungsverhandlung auch zugestand, daß sich der von ihm in allen Eingaben als absolut verläßlich (100%ig sicher) beschriebene 'Augenskizzentest' in der Praxis als fehlerhaft erwiesen habe, weshalb er nunmehr den sogenannten 'Ballungstest' anwende.
Davon ausgehend, daß für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes lediglich entscheidend ist, welche Erklärungen der Disziplinarbeschuldigte gegenüber den von ihm behandelten Patienten bzw. dem für die Behandlungskosten aufkommenden Ehegatten abgab, konnte auch die Vernehmung der Zeugen J M, I K und N S (der Ehegattin des Beschuldigten) darüber unterbleiben, daß er ihnen den wahren Gesundheitszustand der I P geoffenbart hat.
Denn auch eine dahingehende Aussage dieser Zeugen wäre nicht geeignet, die Angabe des Zeugen A P zu widerlegen, der Beschuldigte habe seiner Gattin I in seiner Gegenwart eine 95%ige Heilungschance
zugesagt . . . ; dies umso weniger, als der Beschuldigte in der Verhandlung als richtig zugegeben hatte . . . , daß er der Letztgenannten sichere Heilung versprach, obwohl die Aussicht darauf nach seiner Meinung - er selbst schätzte die realen Heilungsmöglichkeiten auf ca. 5-10% ein - geradezu verschwindend war. Dazu kommt, daß nicht einmal die Berufung behauptet, A P sei vom Beschuldigten anläßlich seiner Vorsprache in dessen Ordination unzweideutig darüber aufgeklärt worden, daß die doch sehr teure Behandlung nur eine Erfolgsaussicht von 5-10% hat.
Soweit sich das sonstige Berufungsvorbringen überhaupt auf
relevante Umstände bezieht, zeigt der Disziplinarbeschuldigte darin
keine zu einer Aufhebung oder Abänderung der erstinstanzlichen
Entscheidung Anlaß gebenden Mängel auf. Die maßgebliche
Feststellung zum Faktum L - wonach er der wegen Brustkrebs mehrfach
Operierten sofort nach dem Auspendeln mit dem Photonenrezeptor ohne
schulmedizinische Untersuchung schonungslos und in für sie
schockierender Form erklärte, daß sie (nunmehr auch) Leber-,
Lungen- und Knochenkrebs habe und nur mehr die Partien des
Unterleibes und der Augen in Ordnung seien, wobei er im Gespräch
überdies die Richtigkeit eines von der Patientin erwähnten
anderslautenden Szintigrammes in Frage stellte - wird von ihm in
der Berufung gar nicht bekämpft; desgleichen auch nicht die
Konstatierung der Behörde erster Instanz, er habe E K zunächst ohne
Einholung von Befunden lediglich auf Grund ihrer Mitteilung, sie
sei vor einigen Jahren an der rechten Brust operiert worden und sei
nunmehr besorgt, daß es 'auf der rechten Hüfte weitergehe', sowie
des Ergebnisses seiner Untersuchung mit dem Photonenrezeptor
erklärt, daß sie im rechten Hüftgelenk Metastasen habe, und dann,
als sich bald darauf die Unrichtigkeit dieser Diagnose auf Grund
eines nachträglich beigeschafften Röntgenbildes zeigte, von
Metastasen in der Schulter gesprochen, worauf K jegliches Vertrauen
zu ihm verlor. Diesbezüglich wendete er vielmehr erstmals im
Berufungsverfahren ein, daß er in allen Fällen, also auch gegenüber
K lediglich von einem Krebsverdacht gesprochen habe, den er durch
schulmedizinische Untersuchungen (Röntgen usw.) noch überprüfen
müsse. Diese Behauptung aber steht nicht nur in Widerspruch zu
seiner Verantwortung vor dem Disziplinarrat - vor dem er
unmißverständlich zum Ausdruck brachte, man müsse dem Patienten
schonungslos sagen, daß er Krebs habe . . . - , sondern ist auch
mit der Aussage des Zeugen R nicht zu vereinbaren, wonach ihm der
Beschuldigte schon nach dem Auspendeln von Bildern dezitiert
erklärt hatte, seine (des Beschuldigten) Vermutung habe sich
bestätigt, er (R) solle sich jetzt festhalten, damit er nicht auf
den Boden falle, er habe seit der Geburt Krebs und auch Aids, und
daß er (der Beschuldigte) dies lautstark und das Wort Aids
buchstabierend wiederholte, als er (R) an dieser Diagnose zweifelte
. . . Insoweit konnte also auch der Berufungssenat - wie der
Disziplinarrat, der den als glaubwürdig erachteten gegenteiligen
Angaben der Zeugin K folgte . . . - dem Disziplinarbeschuldigten
keinen Glauben schenken, weshalb er die Feststellungen des Disziplinarrates zu den Fakten L, K und R als unbedenklich zur Gänze übernimmt. Ergänzend und nur zur Abrundung sei noch vermerkt, daß der Beschuldigte die oben erwähnten Angaben des R ('Halten Sie sich an, meine Vermutung hat sich bestätigt, Sie haben Krebs') in der Verhandlung vom 7. Juli 1986 als zutreffend zugegeben hat. . .
Der Berufungssenat bezweifelt aber auch nicht die Richtigkeit jener Feststellungen, die der Disziplinarrat - gestützt auf die Angaben des Zeugen A P - zum Schuldspruchsfaktum I P getroffen hat.
Insoweit fällt zunächst ins Gewicht, daß sich der
Disziplinarbeschuldigte im Verfahren erster Instanz
widerspruchsvoll verantwortet hat. Hatte er doch anfänglich in der
Verhandlung vom 28. April 1986 strikte in Abrede gestellt, seiner
Patientin die Heilung des Krebses versprochen zu haben . . . und
erst nach Gegenüberstellung mit deren Gatten in der Verhandlung vom
7. Juli 1986 eingeräumt, daß er der Genannten die Heilung ihres
bereits im fortgeschrittenen Stadium befindlichen Krebsleidens doch
zugesagt hat. . . Dazu kommt noch, daß das vom Disziplinarrat im
Erkenntnis für die Annahme der Glaubwürdigkeit des Zeugen P
herangezogene Argument . . . durchaus einleuchtend ist, wogegen die
Gehässigkeit der Behauptung des Beschuldigten in der Berufung,
seine Verurteilung im Fall P sei 'durch eine Lüge des
zahlungspflichtigen Ehegatten' erfolgt, 'dem der Krankheitsfall
seiner Gattin von dem (diese früher) behandelnden Arzt als völlig
aussichtslos dargestellt wurde und der daher nicht bereit war, die
Kosten einer Behandlung zu übernehmen, für die die Krankenkasse
statutenmäßig nicht verpflichtet war' . . . und auch dessen
Eingeständnis, daß einerseits die Aussicht auf Behandlungserfolg im
Zeitpunkt der Übernahme der Patientin in Behandlung tatsächlich
minimal war . . . und er andererseits - was völlig unüblich ist -
den 'finanziellen Teil' (gemeint: die Höhe der nicht unbeachtlichen
Behandlungs- und Medikamentenkosten) nicht mit dem
Zahlungspflichtigen selbst, sondern mit einer 'von seiner Methode
positiv beeindruckten' anderen Patientin (I K) abgesprochen hat
. . . , gegen ihn und für die Glaubwürdigkeit des Zeugen P spricht,
der sich bei seiner Vernehmung zudem ersichtlich um Objektivität
bemühte . . . und im übrigen auch in der Verhandlung vom 7. Juli
1986 gar nicht die vom Beschuldigten in der Berufung . . . als
unrichtig reklamierten Angaben machte.
In Ansehung des Schuldspruches wegen verbotener Werbung (Punkt 5 des Erkenntnisses) bestreitet der Beschuldigte in seiner Berufung lediglich die Annahme des Disziplinarrates, daß er den werbenden Effekt des von ihm veranlaßten Zusatzes zur Eintragung im Telefonbuch ernstlich für möglich gehalten und sich mit diesem abgefunden habe (dolus eventualis). Daran zweifelt aber auch der Disziplinarsenat schon aus den von der Behörde erster Instanz hiefür angegebenen Gründen nicht, wozu noch kommt, daß sich der Beschuldigte in der Berufungsverhandlung selbst auf die Frage, wie er den zum Zustrom von Patienten führenden Bekanntheitsgrad erlangt habe, ganz unmißverständlich auf den von seinem Buch ausgehenden Werbeeffekt berufen hat.
In rechtlicher Hinsicht geht der Disziplinarsenat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. JBl. 1983, 373 ff) und der Lehre (siehe Fleisch, ÖJZ 1965, 421, insb. 431 und 433; Stellamor, Ärztliche Berufsordnung, 47; Steiner, JBl. 1982, 169) davon aus, daß sich der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht in erster Linie nach dem Wohl des Patienten und erst in zweiter Linie nach dessen Selbstbestimmungsrecht richtet. Deshalb wird ein Arzt bei der Bekanntgabe der von ihm erstellten Diagnose auf die Persönlichkeitsstruktur seines Patienten Rücksicht nehmen und unter anderem auch darauf achten müssen, daß der Kranke von ihm nicht durch die voreilige Mitteilung einer ungünstigen Diagnose psychischen Pressionen ausgesetzt wird (vgl. JBl. 1983, 375). Deshalb wird ein Arzt vor allem bei Personen, die durch frühere Krankheitsabläufe verängstigt und verunsichert sind, seine Aufklärung auf ein Minimum beschränken dürfen und auch müssen; dies insbesondere dann, wenn ein Krankheitsbild bei Anwendung schulmedizinischer Methoden nicht feststellbar ist und sich sein Befund ausschließlich oder überwiegend auf wissenschaftlich (noch) nicht anerkannte Untersuchungen gründet. Denn gerade bei überängstlichen Personen kann eine solche unfundierte 'Verdachtsdiagnose' zu panikartigen Reaktionen führen und solcherart die Bereitschaft des Patienten, sich behandeln zu lassen - etwa aus der Befürchtung, daß Hilfe ohnedies nicht mehr möglich sei -, in ihr Gegenteil verkehrt werden.
Vorliegend hat nun der Beschuldigte seinen Patientinnen G L und
E K, die nach Brustoperationen ohnedies schon verängstigt waren,
seine (ohne schulwissenschaftliche Untersuchung, bloß auf Grund des
Auspendelns) voreilig erstellten Diagnosen ohne Rücksichtnahme auf
ihren psychischen Zustand bekanntgegeben und die Genannten
solcherart durch ein völlig unsachgemäßes Vorgehen geschockt . . .
bzw. durch eine geradezu leichtfertige Korrektur seines ersten
Befundes nach Einholung eines Röntgenbildes verunsichert . . . und
dadurch das Vertrauen der Genannten verloren. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß er durch dieses Vorgehen die ihm gemäß §22 Abs1 ÄrzteG 1984 obliegende Pflicht, das Wohl der Kranken nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften zu wahren, gröblich verletzt und dadurch auch das Ansehen der Ärzteschaft in ebensolcher Weise beeinträchtigt hat.
Das gleiche trifft nach Ansicht des Senates auch für die fast schon sadistisch anmutende Vorgangsweise im Fall des R zu, dem er sich obendrein durch die Erklärung, er allein könne ihm helfen, in marktschreierischer Weise für sich werbend zur Weiterbehandlung empfohlen hat.
Wiewohl der Senat nach dem oben Gesagten - insbesondere bei den allgemein als Schreckgespenst empfundenen Krankheiten Aids und Krebs - von der Notwendigkeit einer vorsichtigen, auf das Wohl des Einzelnen bedachten und demnach vorsorglich auch allfällige psychische Folgen einkalkulierenden Aufklärung der Patienten über ihre Krankheit überzeugt ist und deswegen mit dem Beschuldigten auch darüber übereinstimmt, daß selbst einem hoffnungslos Erkrankten - von dessen ernsthaftem, ausdrücklich geäußerten Wunsch nach schonungsloser Aufklärung abgesehen - die Hoffnung auf Heilung oder zumindest Linderung der Schmerzen nicht gänzlich genommen werden darf, hält er doch dafür, daß es mit ärztlicher Pflichterfüllung unvereinbar ist, Patienten in Wahrheit gar nicht oder doch nur in minimalem Umfang gegebene Heilungschancen als gewiß vorzugaukeln und sie ohne entsprechende Aufklärung des Zahlungspflichtigen in eine kostenaufwendige Behandlung zu nehmen.
Gegen diesen Grundsatz hat der Beschuldigte im Fall der I P verstoßen, der er trotz verschwindend kleiner Heilungsaussichten einen höchstwahrscheinlich eintretenden Heilungserfolg angekündigt und ohne entsprechende persönliche Aufklärung des für die Zahlungen aufkommenden Ehegatten eine teure Behandlung angedeihen lassen hat.
Zum Faktum 5 (Werbung) ist lediglich zu sagen, daß einerseits der Hinweis des Beschuldigten im Telefonverzeichnis auf das von ihm veröffentlichte Krebsbuch unbestreitbar einen objektiven Werbeeffekt hat und daß andererseits eine solche Differenzierung zur Unterscheidung von seinem bloß den gleichen Familiennamen tragenden Arztkollegen gar nicht notwendig war. Denn bei letzterem handelt es sich um einen Chirurgen, während der Beschuldigte praktischer Arzt ist. Im übrigen hätte ein Zusatz, in dem die frühere Tätigkeit des Beschuldigten als Radiologe aufscheint, durchaus genügt. Da der Disziplinarrat zur subjektiven Tatseite die zur Annahme des dolus eventualis erforderlichen Tatsachenfeststellungen mit unbedenklicher Begründung getroffen hat, ist der Tatbestand der Berufspflichtenverletzung durch Werbung in diesem Fall objektiv und subjektiv gegeben (vgl. dazu Anw.Bl. 1987, 10). . . "
1.2.1. Gegen den Bescheid des Disziplinarsenats der Österreichischen Ärztekammer beim Bundeskanzleramt richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des Dr. E S an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, und zwar insbesondere auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf Freiheit der Wissenschaft (Art17 Abs1 StGG), geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
1.2.2. Der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundeskanzleramt als belangte Behörde erstattete - unter Vorlage der Administrativakten - eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Gemäß §98 Abs3 Satz 1 ÄrzteG 1984 erkennt der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundeskanzleramt in oberster Instanz; gegen seine Entscheidungen steht darum ein weiteres - administratives - Rechtsmittel nicht offen. Der Instanzenzug ist folglich ausgeschöpft (vgl. VfSlg. 9615/1983, 10.749/1986).
2.1.2. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zulässig.
2.2.1. Soweit die Beschwerde die Schuldspruchfakten 1) bis 4) betrifft, setzt sie sich über die im Spruch des - im administrativen Instanzenzug bestätigten - Erkenntnisses des Disziplinarrates klar und deutlich umschriebenen Schuldvorwürfe und damit zugleich auch über den Inhalt des Berufungsbescheides vollkommen hinweg, indem sie in weitwendigen Darlegungen aktenwidrig davon ausgeht, dem Beschwerdeführer seien nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft unzulängliche Diagnosen und Behandlungsmethoden zur Last gelegt worden. In Wahrheit wurde dem Beschwerdeführer aber (nur) die (berufspflichtenverletzende) Art und Weise vorgeworfen, in der er seinen Patienten die von ihm erhobenen Befunde - teils irreführend - eröffnete. Die auf verfehlten Prämissen beruhenden Beschwerdeausführungen (zu den Fakten 1) bis 4)) - die nach dem Gesagten jedwede substantielle Auseinandersetzung mit dem maßgebenden Bescheidinhalt vermissen lassen - gehen daher als rechtlich irrelevant ausnahmslos ins Leere und entziehen sich einer meritorischen Erörterung.
2.2.2. Zum Schuldspruchfaktum 5) (: verbotene Werbung) macht der Beschwerdeführer bloß geltend, er sei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt worden. Dem vermag der Verfassungsgerichtshof ebenfalls nicht zu folgen: Da es an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte - die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des bekämpften Verwaltungsaktes wurde gar nicht in Zweifel gezogen -, könnte Art7 Abs1 B-VG (Art2 StGG) nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 7466/1974, 8238/1978, 10.529/1985) nur dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre. Es finden sich jedoch keine wie immer beschaffenen Hinweise dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei.
Daher ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch Punkt 5) des bekämpften Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurde.
2.3. Angesichts des Umstandes, daß schließlich auch im Zuge einer vom Beschwerdevorbringen unabhängigen Prüfung der Administrativakten und des bekämpften Bescheides keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm hervorkam, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
Ärzte, Disziplinarrecht ÄrzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B121.1988Dokumentnummer
JFT_10109773_88B00121_00